Das Kreuz mit den Namen
Martins Sprachecke
veröffentlicht am 28.11.2024 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Martin Köhl
Was haben die Namen Theophilus, Gottlieb und Amadeus gemein? Ganz einfach: es ist ein und dasselbe, nur halt in griechischer, deutscher und lateinischer Sprache. Wer einen weltläufigen Eindruck machen will, entflieht gerne der bieder klingenden Muttersprache und schmückt sich mit etwas Fremdländischem. Wolfgang Gottlieb Mozart ist zwar das Original, klingt aber etwas provinziell. Da nimmt sich die Latinisierung in ’Amadeus’ erheblich vornehmer aus. Mozart fügte seinem Namen einen französischen Touch hinzu und unterschrieb mit ’Amadé’. Das wirkt noch eine Spur distinguierter.
Neuerdings gibt es eine Art Gegenbewegung, nämlich ein Zurück zu den Wurzeln, zumindest zu den vermeintlichen Wurzeln. Schrieben wir noch jüngst die famose Tondichung „Moldau“ einem gewissen Friedrich Smetana zu, so ist neuerdings grundsätzlich von Bedřich Smetana die Rede. Das ist auch sinnvoll, war der Komponist doch – trotz seines deutschsprachigen Umfelds – ein stolzer Tscheche und wählte selbst diese Namensvariante. Ganz anders ist das bei Franz Liszt, dem man jetzt gerne den Vornamen „Ferenč“ verpasst. Er wurde zwar in Ungarn geboren, doch zu Hause sprach man deutsch.
Erheblich heikler wird der Umgang mit Ortsnamen, für die es eine einheimische und eine „ausländische“ Bezeichnung gibt. Neuerdings wagt man kaum noch den angestammten Namen Lemberg für die Stadt in Ostgalizien zu verwenden. Jetzt muss es ’Lwiw’ heißen, was sich ziemlich umständlich anfühlt, aber vielleicht mehr Respekt vor den Ukrainerinnen und Ukrainern ausdrückt. Dabei war die Stadt bis 1918 österreichisch.
Dort, wo sich das territoriale Geschichtsverständnis zweier Länder überlappt, wird es besonders schwierig. Breslau beispielsweise liegt auf urpolnischem Territorium, war aber über Jahrhunderte hinweg deutsch. Müssen wir jetzt Wroclaw sagen und schreiben? Ob sich für Kiew auf Dauer die neuere Schreibweise Kyjiev wird durchsetzen lassen, wage ich ebenfalls zu bezweifeln.
Einfacher ist es bei den alten Städten des römischen Reiches. Kein Mensch aus Regensburg wird beleidigt sein, wenn eine Französin sich in der Donaustadt in „Ratisbonne“ wähnt. Im Gegenteil, denn diese französische Version lässt noch die lateinische Bezeichnung ahnen. Ähnliches gilt für andere Städte römischen Ursprungs wie Mayence oder Cologne. Ein Sonderfall ist München, wo einst der „Monaco-Franze“ sein sympathisches Unwesen trieb und uns auf den Ursprung des Stadtnamens hinwies.
Wer am Hbf Mailand den Zug nach München sucht, sollte genau hinschauen, will er nicht versehentlich im Fürstentum Monaco landen. „Monaco di Bav.“ heißt die Destination nach München, „Monaco di Lev.“ geht an die Côte d’Azur. Die Kürzel für „di Baviera“ und „di Levante“ sind sehr klein geschrieben, also aufgepasst! Ein sehr spezielles Problem bei Ortsnamen haben übrigens fränkische Landsleute, denen der Unterschied zwischen b und p nicht über die Lippen kommt. Unvergessen ist das Missgeschick einer Fränkin, die einen Flug nach Porto gebucht hatte – und in Bordeaux landete.