Geschichtsrückblick mit humoriger Note
Das ETA Hoffmann Theater Bamberg bringt das Auftragswerk „Die Eingeborenen von Trizonesien“ zur Uraufführung
veröffentlicht am 05.01.2025 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Elke Walter

Das ETA Hoffman Theater Bamberg bringt das Schauspiel „Die Eingeborenen von Trizonesien“ auf die Bühne, Foto © ETA Hoffmann Theater
„Ein Stück zum Grundgesetz, für ein Ensemble mit drei bis vier Personen“, das war die Vorgabe für ein weiteres Auftragswerk der aktuellen Spielzeit am ETA Hoffmann Theater in Bamberg. Sie steht unter dem Motto „Resonanzen“. Autor Björn SC Deigner ist in Bamberg kein Unbekannter und schon zum vierten Mal mit einem Auftragswerk am Bamberger Theater bedacht worden. Er hat die Idee zum neuen Stück konkretisiert. Mit seinem Werk „Die Eingeborenen von Trizonesien“, nimmt er Bezug auf einen rheinischen Karnevalstitel aus dem Jahr 1948, der das Leben im Drei-Zonen-Gebiet der Nachkriegszeit humoristisch aufgriff. So heißt es im Text von Karl Berbuer: „Mein lieber Freund, mein lieber Freund, die alten Zeiten sind vorbei, ob man da lacht, ob man da weint, die Welt geht weiter, eins, zwei, drei. Ein kleines Häuflein Diplomaten, macht heut die große Politik, sie schaffen Zonen, ändern Staaten. Und was ist hier mit uns im Augenblick? Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien …“ Der Song wurde schnell zum Hit, avancierte als Gassenhauer auch zur heimlichen Nationalhymne der Bevölkerung, von den Alliierten versehentlich oft für die Nationalhymne der drei West-Sektoren gehalten. So nebenbei bemerkt das Lied mit humorvollem Unterton auch, dass etwa Johann Wolfgang von Goethe genau genommen auch aus Trizonesien stamme.
„Ein Blick zurück in die Geschichte, in die Zeit der ersten Schritte zur Gründung der BRD und darüber hinaus soll das werden“, sagt Intendantin und Regisseurin Sibylle Broll-Pape, „eine Art Volksbeschau auf ein Völkchen mit besonderen Eigenheiten.“ Die Theaterchefin verspricht eine „Hanswurstiade“ mit vielen komischen Momenten. Als roter Faden zieht sich im Hintergrund aber auch die Frage „Was macht uns Deutsche aus?“ durch die revueartig konzipierte Produktion. Sie spannt einen Bogen vom Kriegsende, der Entstehung des Grundgesetzes, der Gründung der BRD, dem Fall der Mauer bis in die Jetztzeit. „Es soll aber keine dokumentarische Abhandlung der Geschichte sein“, betont Broll-Pape, „sondern die Jahre aus unterschiedlichen Blickwinkeln im Nachhinein unterhaltsam Revue passieren lassen.“ Paragraphen und Gesetzestexte gelten ja allgemein als trocken und unverständlich. Wer soll hier geschützt werden, der Grund und falls ja, welcher, oder der Mensch selbst? Und wäre die Würde des Menschen unantastbar, dann müsste sie der Staat doch nicht gesondert schützen … Gedanken, die mit einfließen.
Das sei eine besondere Zeit gewesen, ergänzt sie. Sie verspricht einen „schrägen, musikalisch komischen Abend zur Geschichte des Landes.“ Im Hintergrund, so die Regisseurin, gehe es aber auch darum, die braune Vergangenheit unmittelbar nach dem Krieg durchschimmern zu lassen, gleichzeitig auch darum, dass vergleichbare Strömungen bis heute aktiv waren und sind, sich aktuell wieder mehr „heraustrauen“. Das sei untrennbar mit der Geschichte Deutschlands verbunden.
Hört man „Trizonesien“, denkt man vielleicht erst an ein weit entferntes Land, an vermeintliche „Eingeborene“ auf einer Insel. Als eine Art Insel könne man das Zonengebiet der Westalliierten schon auch sehen. Fleiß und eine hohe Arbeitsmoral prägten das Leben der Menschen in den ersten Nachkriegsjahren ganz besonders. Es ging darum, den Aufbau der Wirtschaft sowie die Verbesserung der Lebensbedingungen hinzubekommen. Die Fünfziger Jahre standen im Kontext des Wirtschaftsaufschwungs. Mit dem Mauerfall sei die Kraft der Wirtschaft dann wieder gesunken. Der deutschen Nachkriegs-Einigung war also zunächst die Bildung eines Wirtschaftsgebietes vorausgegangen.
Spannend bei der Zusammenarbeit mit dem Autor des Stückes findet Intendantin Broll-Pape, dass jedes seiner Stücke immer was völlig Neues bietet, ganz anders als die vorausgegangenen Auftragswerke ist. Björn SC Deigner, 1983 in Heidelberg geboren, arbeitet als Dramatiker, Hörspielmacher und Musiker und komponiert auch für Theater und Hörspiele. 2020 hatte der Autor neben anderem den Deutschen Hörbuchpreis erhalten und ist als Theaterautor und Komponist ein gefragter Kollege. Mit seiner aktuellen Arbeit für das Bamberger Theater möchte der Autor „eine deutsche Geschichte erzählen, die mit den Mitteln des Sprachspielerischen und des Absurden ein wildes Schlaglicht auf uns wirft“, heißt es dazu in der Ankündigung des Theaters.
„Das ETA Hoffmann Theater legt“, so beschreibt die Intendantin die Bedeutung von Auftragsstücken, „großen Wert darauf, bei solchen Produktionen mit zeitgenössischem Blick unsere Geschichte und gesellschaftsrelevante Themen zu verhandeln. Die Eingeborenen von Trizonesien“ passen wunderbar in dieses Konzept.“ Darüber freut sich Intendantin Broll-Pape, Regisseurin des aktuellen Stückes, besonders.
Premiere ist am 15. Januar 2025 im Studio-Theater. Weitere Information zum Stück oder auch Terminen gibt es unter www.bamberg-theater.de.