Ausstellungen

Erste Bilderlese - Meisterwerke auf Papier

Das Museum Georg Schäfer feiert sein 25-jähriges Bestehen und ermöglicht neue Perspektiven auf die Zeichenkunst

veröffentlicht am 31.03.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Rudolf von Alt, Am Hafen von Santa Lucia in Neapel, um 1867

Rudolf von Alt, Am Hafen von Santa Lucia in Neapel, um 1867, Foto © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt feiert sein 25-jähriges Bestehen mit einer eindrucksvollen Ausstellung, die den Blick auf eine oft unterschätzte Kunstform lenkt: die Zeichnung. Unter dem Titel „Bilderlesen“ werden erstmals ausgewählte Meisterwerke aus der hauseigenen, bislang weitgehend unbekannten Graphischen Sammlung gezeigt. Mit über 5.000 Werken auf Papier zählt diese zu den bedeutendsten Beständen im deutschsprachigen Raum.

Die Ausstellung gliedert sich in zwei aufeinanderfolgende Teile und präsentiert insgesamt 300 Zeichnungen, Aquarelle und Skizzenbücher, ergänzt durch einige Druckgrafiken. Der kuratorische Ansatz überrascht: Statt klassischer chronologischer oder stilistischer Anordnung werden die Werke nach inhaltlichen Themen geordnet. „Arbeit und Beruf“, „Landschaft, Umwelt, Naturmonument“ – diese Kategorien erlauben einen neuen Blick auf das 19. Jahrhundert und seine künstlerische wie gesellschaftliche Bedeutung.

Die Ausstellung zeichnet ein Panorama der Zeichenkunst vom 18. Jahrhundert bis in den Spätimpressionismus der 1930er Jahre. Sie verdeutlicht nicht nur die stilistischen Wandlungen dieser Zeit, sondern betont auch die Rolle der Zeichnung als eigenständiges Medium. Besonders die Werke von Illustrator:innen, oft als Gebrauchskunst abgetan, werden in einen kunsthistorischen Kontext gerückt. Zeitschriften wie der „Simplicissimus“ waren nicht nur Satire, sondern auch Orte radikaler künstlerischer Innovation.

Ein besonderes Highlight ist der unerwartete Brückenschlag in die Moderne: Hauptwerke der ZERO-Künstler aus den 1960er bis 1980er Jahren unterbrechen bewusst die thematischen Reihen. Diese Werke erinnern an Dr. Hans Burchard von Harling, den Großneffen des Museumsgründers, und thematisieren den Bildträger als elementares Ausdrucksmittel.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein neuer Bestandskatalog mit über 200 Zeichnungen. In ihm fließen nicht nur aktuelle Provenienzforschungen ein, sondern auch größere Abbildungen und Analysen zur stilistischen Entwicklung. Die Bedeutung der Sammlung wird durch Vorträge und ein umfangreiches Vermittlungsprogramm vertieft, gefördert von der Sammlung-Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung.

Die Werke namhafter Künstler wie Caspar David Friedrich, Lovis Corinth, Adolph von Menzel und Max Liebermann sind Teil dieser außergewöhnlichen Schau. Ihre Zeichnungen zeigen, dass das vermeintlich Unvollendete oft die größte Ausdruckskraft besitzt – eine Einladung, sich auf die Sprache der Linien und Schraffuren einzulassen und die Kunst des Bilderlesens neu zu entdecken.

Erste Bilderlese vom 30. März bis zum 6. Juli 2025 im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt (www.museumgeorgschaefer.de).

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