Vorhang auf!

Ein denkwürdiger Abend trotz düsterer Thematik

Am Landestheater Coburg kommen die drei Einakter des "Il trittico" von Giacomo Puccini zu einer beeindruckenden Darstellung

veröffentlicht am 30.12.2024 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Martin Köhl

Il trittico am Landestheater Coburg

Il trittico am Landestheater Coburg, Foto © Marco Sommer

Giacomo Puccinis letztes vollendetes Werk, das Operntryptichon "Il trittico" aus dem Jahre 1918 (Uraufführung in New York), wurde bislang nur selten komplett aufgeführt. Vielmehr fanden sich häufig einzelne der drei Operneinakter kombiniert mit weiteren Werken anderer Komponisten, die alleine nicht abendfüllend sind. In letzter Zeit hat sich jedoch eine Gesamtaufführung mehr und mehr durchgesetzt, so auch jetzt am Coburger Landestheater anlässlich des Puccini-Jubiläums.
Das ist nicht zuletzt im Sinne des Komponisten, der es so gewollt hat, denn die Abfolge der drei Kurzopern besitzt eine eigene und stimmige Dramaturgie. Im Coburger Globe wird dies einerseits durch das Bühnenbild Manfred Rainers betont, das von einer architektonischen Gemeinsamkeit durchzogen wird, andererseits von der inszenatorischen Maßnahme, das Thema Kind in den Mittelpunkt zu stellen.

Regisseur und Intendant Neil Barry Moss hat das – eigentlich abwesende, nur gedachte – Kind als Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verstanden. In "Il tabarro" (Der Mantel) ist ein ertrunkenes Kind nur noch Erinnerung, in "Suor Angelica" (Schwester Angelika) steht ein Kind für die mütterliche Qual der Ungewissheit, und in "Gianni Schicchi" ist es eine Projektion auf die Zukunft.

Beim ersten Blick auf das Bühnenbild ist man zunächst befremdet von den Türmchen und kleinen Häusern, die sich dort tummeln, denn eigentlich erwartet man in "Il tabarro" eine Szene auf der Seine in Paris. In "Suor Angelica" wird die Außenwelt vom klösterlichen Leben abgeschirmt durch Tücher, doch sie bleibt im Hintergrund sichtbar. "Gianni Schicchi", eine komplizierte Erbgeschichte, ist mitten in der Stadtgesellschaft des 13. Jahrhunderts situiert, wo Immobilien und deren Erbe schon damals keine unwichtige Rolle spielten.

Der Coburger Regie-Konzeption gelingt es nachvollziehbar, diese so disparaten Stücke – der Programmtext kennzeichnet sie als "Schauerdrama, Rührstück und Burleske" – sinnstiftend zu koppeln. Freilich liegt das auch daran, dass in allen drei Einaktern elementare menschliche Affekte und Befindlichkeiten wie Liebe, Freude, Leid und Schmerz vorkommen, vom Tod einmal ganz abgesehen.

Der fast vierstündige Abend ist trotz düsterer Thematik vor allem ein Fest für die Sinne, denn GMD Daniel Carter beweist mit seiner suggestiven musikalischen Leitung sein tiefes Verständnis für die Klangwelt Puccinis. Die sängerischen Potenzen des Coburger Landestheaters waren schon immer ein großer Pluspunkt für das Haus, doch diesmal schien man sich selbst noch übertreffen zu wollen.

Allen voran Hlengiwe Precious Mkhwanazi, die schon im "Tabarro" eine der zwei "Amanti" spielte, dann in der "Suor Angelica" die Hauptrolle zu einem darstellerisch und sängerisch bewegenden Ereignis machte und in "Gianni Schicchi" für die Lauretta mit Maritina Tampakopoulos alterniert. Letztere imponierte schon eingangs als Giorgetta mit ihrer famosen Stimmgewalt. Michele und Gianni Schicchi sind mit Lars Fosser und Daniel Carison ebenfalls vortrefflich besetzt.

Fazit: Inszenatorisch und musikalisch ist dieser "Trittico" so folgerichtig und überzeugend angelegt, dass man getrost von einer Großtat für Coburg reden kann. Besuch dringend empfohlen, Termine gibt es noch bis zum April 2025.

Schlagworte:

Weitere Artikel: