Mixtur

100 Jahre Karl-May-Verlag

1913-2013 in Bamberg

veröffentlicht am 04.04.2013 | Lesezeit: ca. 7 Min.

Karl May war ein bedeutender deutscher Schriftsteller und ist der meistgelesene deutschsprachige Autor weltweit. Bekannt wurde er vor allem durch seine Abenteuerromane und Reiseerzählungen, die vorwiegend im Orient, in den Vereinigten Staaten und im Mexiko des 19. Jahrhunderts angesiedelt sind.

Besondere Berühmtheit erlangten die in drei Bänden zusammengefassten Geschichten um den Indianer Winnetou. Viele seiner Werke wurden verfilmt, für die Bühne adaptiert, zu Hörspielen verarbeitet oder als Comics umgesetzt. Sehr eng mit dem Werk von Karl May verknüpft ist der Karl-May-Verlag in Bamberg, der 2013 seinen 100. Geburtstag feiert. Grund genug für ART.5/III im Gespräch mit Verleger Bernhard Schmid einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Interview:

ART.5/III:

Der Karl-May-Verlag Bamberg feiert 2013 seinen 100. Geburtstag. Wie ist der Verlag denn heute in Bamberg personell strukturiert?

Bernhard Schmid:

Das Themenspektrum des Karl-May-Verlags umfasst mittlerweile für jeden Geschmack etwas, u.a. Grossbände, Karl May für Junge Leser, Hörbücher, Fremdsprachige Ausgaben, Reprints, einen Versandhandel usw. – Sie können sich also vorstellen, dass ich diese ganze Arbeit nur in einem Team von sechs Mitarbeitern bewältigen kann, dazu kommen noch freie Mitarbeiter und Praktikanten. Was früher drei Brüder, dann mein Vater und ich gemacht als Verleger gemacht haben, versuche ich heute alleine zu bewältigen.

ART.5/III:

Wann sind Sie mit Karl May und seinem Werk in Berührung gekommen und wie hat es Ihren beruflichen Werdegang geprägt?

Bernhard Schmid:

Mein Großvater hat den Verlag mitbegründet, mein Vater den Verlag weitergeführt. Ich bin also durch die Familie hineingewachsen und habe über Filme und das Museum viel über Karl May gelernt. Später habe ich dann aus Interesse alle Gesammelten Werke gelesen. Nachdem ich studiert hatte und mein Vater den Verlag alleine führte, stiess ich am 1.1.1993 zum Verlagsgeschäft dazu, dem ich bis heute treu geblieben bin.

ART.5/III:

Wann wurde Bamberg der Stammsitz des Verlags und warum? Welche Verbindungen pflegen Sie zu Radebeul, dem Ort wo Karl May verstarb und der heute auch das Karl-May-Museum beherbergt?

Bernhard Schmid:

Mein Vater lebte seit dem Ende des 2. Weltkriegs in Bamberg, (wo mein Großvater bereits aufgewachsen war, der aber 1951 in der DDR verstarb) und da in der damaligen DDR kein Interesse an Karl May, der Stiftung und dem Verlag bestand, übersiedelte man nach erfolgreichen Verhandlungen 1960 komplett nach Bamberg. Die gesamte Verlagsgeschichte kann man übrigens auf unserer Webseite sehr ausführlich nachlesen.

ART.5/III:

Ältere Bamberger haben mir von einem Karl May-Museum in Bamberg berichtet. Heute befindet es sich ja in der Villa Shatterhand in Radebeul, oder?

Bernhard Schmid:

Ja, das ist richtig. Und das Museum (www.karl-may-museum.de) mit seinem gesamten Interieur ist absolut sehenswert. Die Sammlung, die Anfang der 60er Jahre nach Bamberg kam und dann an verschiedenen Orten im Hain ausgestellt war, kam dann schlussendlich 1994 wieder zurück nach Radebeul. Das Museum hat Bamberg zwar bereichert, war aber auch immer ein Draufzahlgeschäft.

ART.5/III:

Das Spektrum des Verlags ist heute sehr vielfältig, worauf liegt aktuell der Schwerpunkt des Programms?

Bernhard Schmid:

Eindeutig auf den berühmten grünen Bänden, den Gesammelten Werken. Diese Reihe wird ja immer noch fortgesetzt, Band 90 und 94 werden 2013/2014 folgen. Zur Lebzeit Karl Mays waren es nur 33 Bände, der Verlag hat die Reihe dann beständig ausgebaut.

ART.5/III:

Wie begeistert man heute junge Leser für Karl May und seine Werk, in einer Welt wo bereits Kinder mit Internet, Computer und Handy aufwachsen?

Bernhard Schmid:

Die Bände 35 bis 41 hat Karl May ausdrücklich für die Jugend geschrieben. Davon kann ich als Einstieg besonders „Unter Geiern“ und „Der Schatz Im Silbersee“ empfehlen. Dann gibt es die Reihe ´Karl May Für Die Jüngsten´, zum Vorlesen und Selberlesen, daneben Bastelvorlagen und Comics. Und letztes Jahr haben wir auf der Leipziger Buchmesse den Schreibwettbewerb „Eine Feder Für Winnetou“ erfolgreich abgeschlossen. Wir hatten von jungen Lesern zwischen 10 und 15 Jahren 550 Einsendungen, deren beste Geschichten im gleichnamigen Buch versammelt wurden. Fazit: Karl May hat nach wie vor gute Chancen auch in Zukunft die Jugend zu erreichen.

ART.5/III

2012 war bereits ein Jubiläumsjahr, der 170. Geburtstag (geb. 25.02.1842 in Hohenstein-Ernstthal) und der 100. Todestag (gest. 30.03.1912 in Radebeul) von Karl May. Welche der zahlreichen Veranstaltungen dazu hat für Sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen?

Bernhard Schmid:

Nicht ganz einfach zu sagen, da ich an ziemlich vielen der rund 400 deutschen Festveranstaltungen beteiligt war, bzw. teilgenommen habe. Aber die Feier anlässlich seines Todestags in Radebeul war sicherlich sehr bewegend, ebenso wie das riesige Presseecho, dass mir zeigt, welchen Stellenwert Karl May noch immer besitzt.

ART.5/III:

Im Zusammenhang mit dem 100. Geburtstag des Verlags präsentiert die Stadtgalerie Bamberg-Villa Dessauer die wirklich sehenswerte Ausstellung –„Karl May-Traumwelten“. Viele der Ausstellungsstücke stammen aus Ihrem Besitz. Wie lange hat die Vorbereitung dieser Ausstellung gedauert, wie viel Zeit in Anspruch genommen? Welchen Stellenwert hat diese Ausstellung für den Verlag?

Bernhard Schmid:

Es gibt ja dort fantastische Illustrationen und Grafiken verschiedener nationaler und internationaler Künstler zu Karl Mays Werken zu sehen. Der Reiz der Ausstellung liegt in sehr verschiedenen Stilen, mit denen 20 Künstler in über 100 Jahren das Universum Karl May auf ihre Art und Weise illustrierten. Als Leihgeber sind ja auch Privatpersonen und das Museum in Radebeul mit dabei. Ich freue mich, dass die Ausstellung in Bamberg zu sehen ist, in der Villa Dessauer, aber leider nicht ganz zu unserem Wunschtermin im Sommer zu den Jubiläumsfeierlichkeiten, da sie bereits am 12. Mai endet. Dann reist die Ausstellung nach Hannover weiter, zuvor war sie ja bereits schon an drei anderen Orten zu sehen.

ART.5/III:

Welche Höhepunkte werden die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Verlags 2013 begleiten? Wird es erneut ein Karl-May-Fest in Bamberg wie zum 90. Jubiläum 2003 geben?

Bernhard Schmid:

Das E.T.A.-Hoffmann-Theater nimmt unser Jubiläum zum Anlass, in der Alten Hofhaltung im Rahmen der Calderón-Festspiele als Freilichtstück zwei Karl-May-Geschichten zu präsentieren. Dazu finden unsere Jubiläumsfeierlichkeiten als Festakt für geladene Gäste statt. Und ähnlich wie im Jahr 2003 werden wir noch eine überarbeitete Festschrift präsentieren.

ART.5/III:

Welche Karl May-Werke gehören abschließend in Ihre ganz persönliche Top Drei-Auflistung. Und welche Charaktere? Bei mir ist es z.B. die „Winnetou“-Comic-Adaption (Comicplus) von Helmut Nickel.

Bernhard Schmid:

Das ist äußerst schwer zu sagen. Top I sind die sechs Bände des Orient-Zyklus angefangen mit „Durch Die Wüste“. Und „Winnetou“ ist natürlich die Gestalt schlechthin, aber ich liebe natürlich auch Hadschi Halef Omar sehr. Dann der Band „Weihnacht“, das „Buschgespenst“, ein Krimi aus dem Erzgebirge, „Ardistan“ aus dem Spätwerk usw., bei Karl May gibt es einfach jede Menge Gutes zu entdecken.

ART.5/III:

Recht herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und Alles Gute für die nächsten 100 Jahre!

Info:

Weiterführende Links:

www.karl-may.de

www.museum.bamberg.de

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