Dich, teure Halle, grüß ich
Das Staatstheater Meiningen gastiert im Mai wieder auf der Wartburg für die Aufführung von Richard Wagners „Tannhäuser“
veröffentlicht am 25.04.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Martin Köhl
Es gibt große Momente in der Kulturszene, auf die man eigentlich kaum noch aufmerksam zu machen braucht, weil sie großen Erfolg haben und deshalb auch kaum noch Werbung benötigen. Aber die seit 20 Jahren gepflegte Tradition, Richard Wagners Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“ an einem (pseudo-) originalen, aber authentischen Ort aufzuführen, ist von solch großem kulturhistorischen Interesse, dass auch in Nordbayern davon die Rede sein muss, um so mehr, als Franken ja auch zum größeren Wirkungskreis des Meininger Staatstheaters gehört. Es sind nämlich die Meininger, die seit 2010 alljährlich jene Rolle einnehmen, die zunächst das Eisenacher Theater innehatte – bis zur Auflösung von dessen Opernsparte.
Nicht erst seit der viel beachteten Bayreuther Inszenierung von Richard Wagners „Tannhäuser“, in der Regisseur Tobias Kratzer während der langen Ouvertüre das Protagonistenpaar Venus und Tannhäuser mittels einer ausführlichen Video-Flugreise von der Wartburg bis zum Bayreuther Festspielhügel gelangen lässt, ist der originale Schauplatz der mittelalterlichen Sage um die Minnesänger auf der Wartburg des Landgrafen Hermann von Thüringen wieder ins Gedächtnis gerückt. In dieser Sage gibt es beim Wettsingen einen Außenseiter, der das obligatorische Lob auf den Landgrafen verweigert und stattdessen den Herzog von Österreich preist: Heinrich von Ofterdingen alias Tannhäuser. Zur Strafe muss er ins Exil nach Ungarn.
Bei Richard Wagner wird aus dem magyarischen Exil der „Hörseelenberg“, eine Wetterscheide zwischen Gotha und Eisenach, wo der Tannhäuser bei der Göttin Venus Unterschlupf inklusive erotischer Genüsse gefunden hat. Womit wir wieder bei der Wartburg angelangt wären, wo Wagner 1842 auf der Rückreise von Paris vorbeikam und die Anregungen zu der Idee fand, eine Oper zu schreiben, in der die in ihm widerstreitenden Elemente des Verlangens, der Kunst und der phantastischen Ausschweifungen des Lebens ihren Ausdruck fänden.
Es ist freilich eine eher imaginäre Originalität des Schauplatzes, die heute auf die Besucherschaft der Wartburg wartet, aber sie regt atmosphärisch und von ihrem Ambiente her durchaus dazu an, Assoziationen an die mittelalterliche Minnesänger-Welt und an den Wagner-Kosmos zu erwecken. „Dich, teure Halle, grüß ich“, heißt es bei Wagner, und das kann man gut nachvollziehen, wenn man sich im Fest- oder Bankettsaal des Palas der Wartburg befindet, der im 19. Jahrhundert im Sinne der historisierenden und teils auch romantisierenden Denkmalpflege errichtet bzw. gestaltet wurde.
Er ist schon seit Jahrzehnten der Ort der Wartburgkonzerte, doch die Möglichkeiten für voll szenisches Musiktheater sind begrenzt. Folglich können Opernaufführungen nur halbszenisch realisiert werden. Heuer werden die Aufführungen im Mai und Oktober stattfinden, doch aufgrund der begrenzten Anzahl von Terminen sind die Chancen, dafür einen Platz zu ergattern, ziemlich schlecht. Um so wichtiger ist es, an dieser Stelle schon auf die nächstjährigen Aufführungen hinzuweisen, denn nur wer sich frühzeitig kümmert, darf sich Hoffnungen machen, eines Tages in den Genuss dieses einmaligen Erlebnisses zu kommen.