Sinfonische Metamorphosen und Mannheimer Raketen
Die fränkischen Symphonieorchester demonstrieren zum Saisonende einmal mehr Vielfalt und Originalität
veröffentlicht am 31.05.2025 | Lesezeit: ca. 9 Min. | von Martin Köhl
Die Bamberger Symphoniker beginnen Ende Mai ihre Asientournee, die sie nach Japan, Südkorea und Taiwan führen wird. Konzerte finden u.a. in der Tokyo Suntory Hall, im Seoul Arts Center und in der Concert Hall Taipeh statt. Zurück in Franken, stehen zwischen 18. und 21. Juni Gastauftritte anlässlich des Würzburger Mozartfestes im Kaisersaal der dortigen Residenz, im Bayreuther Markgräflichen Opernhaus und im Fürther Stadttheater auf dem Plan. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Werken Mozarts und Beethovens, aber im Angebot ist ebenso ein Violakonzert von Antonio Rosetti, das von Nils Mönkemeyer ausgegraben wurde und auch von ihm interpretiert werden wird. Bernard Labadie dirigiert diese Konzerte, William Youn steuert in Würzburg sein pianistisches Können in Beethovens erstem Klavierkonzert bei.
Am 25. Juni findet in der Bamberger Konzerthalle ein Sonderkonzert statt, das sich unter dem Titel „Video Games in Concert“ an Jugendliche ab 12 Jahren und jung gebliebene Erwachsene richtet. Aisling McGlynn wird ihre schöne Sopranstimme der Musik aus bekannten Videospielen wie „Assassin‘s Creed“, „Call of Duty“ und „Unchartered“ leihen, Eímear Noone wird das Konzert dirigieren und darüber hinaus die Moderation in englischer Sprache übernehmen. Ein Extrakonzert wurde noch für den 4. Juli nachgereicht: Tabita Bergl (Dirigat) und Fabian Müller (Klavier) treten mit Werken Mozarts, Tschaikowskis und Prokofjews auf. Saisonschluss für das Orchester ist am 19./20. Juli mit Konzerten in Bad Kissingen (anlässlich des „Kissinger Sommers“) und in der Basilika Ottobeuren.
Das Philharmonische Orchester des Landestheaters Coburg tritt am 7./8. Juni zu seinem 6. und vorletzten Sinfoniekonzert an, das dem Thema „Metamorphosen“ gewidmet ist. In einem Konzert mit solcher Thematik können Paul Hindemiths „Sinfonische Metamorphosen von Themen Carl Maria von Webers“ nicht fehlen. Außerdem erklingen von Hindemith ein wohltemperierter Ragtime und das Cellokonzert e-moll von Edward Elgar. Interpret ist Woongwhee Moon. Eine Besonderheit dieses Konzertes ist die „Sonate pour un Baptême“ von Yvonne Desportes, die als COburger COmponistin vorgestellt wird.
Ebenfalls im mittlerweile bestens eingeführten Coburger Globe findet das 7. und letzte Sinfoniekonzert statt, das „Neue Welten“ verspricht. Angesichts dieses Mottos kann Antonín Dvořáks 9. Symphonie e-moll mit dem Beinamen „Aus der Neuen Welt“ natürlich nicht fern sein. GMD Daniel Carter wird sie effektvoll in Szene setzen. Zudem erklingen „Four Dance Episodes from ‘Rodeo‘“ von Aaron Copland und „Folk Songs“ von Luciano Berio. Als Solistin wirkt Jessica Aszodi (Mezzosopran) mit. Zum Saisonabschluss kommen noch einmal die Kinder dran, und zwar am 17. Juli mit Sergei Prokofiews Evergreen „Peter und der Wolf“.
Symphonisch ging es beim gVe in Erlangen mit dem Auftritt von Joana Mallwitz und ihrem Berliner Konzerthausorchester am 26. Mai zu Ende, über die neue Saison berichten wir in der nächsten Ausgabe.
Bei den Hofer Symphonikern gibt es noch einen schönen sommerlichen Saisonzuschlag, angefangen mit dem 10. Symphoniekonzert im Festsaal der Freiheitshalle Hof, das am 6. Juni stattfindet. „Sommerreigen“ ist er überschrieben und präsentiert ein recht ausgefallenes, aber umso interessanteres Programm, das vor allem von Tanzsätzen geprägt ist und von Komponisten aus dem Norden Europas. So erklingen u.a. Edvard Griegs „Norwegische Tänze“ und die „Nocturnal Dances“ von Aulis Sallinen. Letztere sind eigentlich ein Violoncellokonzert und werden gespielt von Wolfgang Emanuel Schmidt, der zugleich auch der Dirigent des Abends ist.
Das elfte und letzte Symphoniekonzert am 11. Juli wird unter dem gewichtigen Titel „Opus Magnum“ angekündigt und sieht die Aufführung der erhabenen Messe in h-moll von J.S. Bach in der Hofer Michaeliskirche vor. Die Besetzung ist prominent: der Münchner Bachchor, die örtliche Michaeliskantorei und der Kammerchor der Hochschule für ev. Kirchenmusik Bayreuth sorgen für exzellenten Chorklang, die Solostimmen sind mit Carolina Ullrich (Sopran), Corinna Scheurle (Alt), Matthew Swensen (Tenor) und Uwe Schenker-Primus ebenfalls ausgezeichnet besetzt. Die Gesamtleitung hat Chefdirigent Martijn Dendievel.
Exkursionen führen die Hofer Symphoniker am 26. Juni nach Selb ins Rosenthal-Theater, wo sie ein Bach/Brahms-Programm präsentieren, und Ende Juli nach Regensburg, wo sie im Rahmen der Thurn und Taxis Schlossfestspiele gastieren. Den definitiven Schlusspunkt der Saison setzt das Open-Air-Konzert in Schwarzenbach an der Saale am 31. Juli, das von Michael Falk dirigiert wird. „Klassik an der Saale“ lautet das Motto im dortigen Rathaushof.
Die Nürnberger Symphoniker beginnen im Juni unter dem Titel „Musiksommer im Serenadenhof“ ihre beliebte Serenadensaison im Serenadenhof Nürnberg. Das Programm stellen wir in einem separaten Artikel vor. Ebenso das beliebte „Klassik Open Air“ im Luitpoldhain am 9. August.
Die Philharmonischen Konzerte des Staatstheaters Nürnberg sind am Ende ihres Saisonprogramms angekommen, aber jetzt geht es weiter mit anderen Formaten, so mit Jugendkonzerten unter dem Titel „Ganz schön gruselig“ am 5. Juni, öffentlichen Proben (19. und 22. Juni) und den Kinderkonzerten, die ab 2. Juli den „Bildern einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky gewidmet sind. Das alles unter der Überschrift „Konzert, Plus“.
Etwas Besonderes erwartet das Nürnberger Publikum am 12. Juli mit dem als „Dreiklang in der Konzerthalle“ angekündigten Auftritt der Staatsphilharmonie auf dem Gelände der ehemaligen „Reichsparteitage“. Generalmusikdirektor Roland Böer lädt damit in die zukünftige Destination des Staatstheaters ein, die dortige Kongresshalle. Das Programm des Abends widmet sich Komponisten, deren Musik während der NS-Zeit als „entartet“ abgestempelt wurde und die in der Folge in die äußere oder innere Emigration gehen mussten.
Am 27. Juli wird mit dem zweifachen „Klassik Open Air“ im Luitpoldhain das definitive Saisonende sommerlich begangen, morgens als Familienkonzert, abends als musikalische Exkursion in die „Goldene Stadt“ Prag, die Partnerstadt Nürnbergs.
Im Stadttheater Fürth endet die symphonische Saison mit dem Auftritt der Bayerischen Staatsphilharmonie am 21. Juni. Bernard Labadie, einer der führenden Interpreten des barocken und klassischen Repertoires, wird dieses Konzert dirigieren, in dem Werke von Wolfgang A. Mozart und Antonio Rosetti auf dem Programm stehen. Solist ist mit Nils Mönkemeyer einer der erfolgreichsten Bratschisten unserer Zeit.
Beim Stadttheater Schweinfurt ist am 5. Juni das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau zu Gast. Es wird im Theater im Gemeindehaus einen Konzertabend mit dem Fagottisten Theo Plath präsentieren. Werke von Luigi Boccherini, Antonio Rosetti, Carl Maria von Weber und Wolfgang Amadeus Mozart stehen auf dem Programm. Zwei der Werke sind Fagottkonzerte. Es dirigiert Johannes Moesus.
Das Philharmonische Orchester Regensburg wartet am 2. Juni unter dem Motto „Extreme“ mit seinem 7. Philharmonischen Konzert auf. Peter Sculthorpe fasst mit seiner „Sun Music III“ die Kraft der Sonne in Töne, anschließend geht es in die Kälte mit Werken von Jean Sibelius. Das 8. und letzte Konzert lockt am 14. Juli mit „Unendlichen Weiten“ und dem Pianisten Markus Groh ins Audimax. Kein Wunder, dass an diesem Abend Gustav Holsts „Planeten“ geboten werden, die von John Coriglianos „Mannheim Rocket“ sinnig ergänzt werden. Waren es doch die „Mannheimer Raketen“, die der Frühklassik den Weg bereiteten!
Die TauberPhilharmonie in Weikersheim feiert ihr Saisonfinale zwar nicht klassisch-symphonisch, aber das Prague Syncopated Orchestra, eines der besten Originalklang-Ensembles für die „Roaring Twenties“, lässt am 12. Juli mit Sousaphon, Nadelstreifen und Schellack-Sound die Puppen tanzen. Charleston, Black Bottom und Foxtrott: willkommen in den Goldenen Zwanzigern, willkommen beim Tanz auf dem Vulkan!
Das Philharmonische Orchester Würzburg widmet sich am 5./6. Juli nochmals den Familien. Dann wird mit „Naftule und die Reise nach Jerusalem“ eine sinfonische Geschichte für Klezmerklarinette, Erzähler und Orchester geboten.
Die Würth Philharmoniker schlagen für ihr Saisonfinale das vor, was an einem 22. Juni naheliegend ist, nämlich ein „Sommerkonzert“. Bei diesem sommerlichen Ereignis entführt das Orchester das Publikum in die rhythmische Klangwelt des Tangos und weiterer Tänze aus dem spanischen und südamerikanischen Kulturraum. Da können Emmanuel Chabrier mit „España“, Astor Piazzolla mit seinem „Libertango“ und Leonard Bernstein mit den Tänzen aus „West Side Story“ nicht fehlen. Und der Ausklang mit Maurice Ravels „Bolero“ ist fast schon ein Muss. Auch das Bandoneon ist als Soloinstrument unverzichtbar. Das Dirigat obliegt Claudio Vandelli.
Ein kurzer Blick hinüber nach Thüringen
Das Theater Erfurt hat mit seinem 10. Sinfoniekonzert die Konzertreihe seines Philharmonischen Orchesters am 22./23. Mai beendet. Ab jetzt gilt das Augenmerk den kommenden Domstufen-Festspielen, die im Sommer Giacomo Puccinis „La Bohème“ auf die prestigeträchtige Bühne stellen.
Die Staatskapelle Weimar steuert am 7. Juni ein Konzert zur Liszt-Biennale bei. Am 29. Juni dirigiert Ivan Repušić die Nummer 10 der Sinfoniekonzerte und versichert sich für Gustav Mahlers „Auferstehungssinfonie“ der Sekundanz des MDR-Rundfunkchors und der fabelhaften Sopranistinnen Evelin Novak und Annika Schlicht.