Grenzgänge, Roadtrips und indische Tempeltänze
Die fränkischen Gastspieltheater haben sich für den Saisonabschluss originelle Programme ausgedacht
veröffentlicht am 01.06.2025 | Lesezeit: ca. 6 Min. | von Martin Köhl

Die bremer shakespeare company zeigt „Viel Lärm um nichts“ am Theater Aschaffenburg, Foto © Marianne Menke
Am Theater Ansbach, das nur gelegentlich Gastspiele präsentiert, gibt es weitere Termine für die beiden im Mai vorgestellten Eigenproduktionen. Am 27. Juni noch einmal „Muttersprache Mameloschn“ von Sasha Marianna Salzmann, das 2012 in Berlin uraufgeführt wurde und seither ein gewichtiger Beitrag zum Thema der Identifikation mit der eigenen Kultur und Heimat ist. Robert Arnold führt die Regie.
„Family Affairs“, die absurd tragische Komödie von Ingrun Aran, kommt im Juni und Juli noch mehrfach auf die Bühne. Darin geht es um die Gespenster der Vergangenheit, die garantiert wieder auftauchen, wenn eine Familie sich zu alten Zielen aufmacht, dann aber von einem Geheimnis aus der Vergangenheit eingeholt wird. Ein Roadtrip mit dem Auto in die Münstereifel gerät zu einer toxischen Familienaufstellung, inklusive eines komischen Offenbarungseides. Frank Siebenschuh inszeniert.
Am 28. Juni steht die Premiere von Roland Schimmelpfennigs „100 Songs“ auf dem Plan des Theaters hinterm Eisernen. Es geht darin um einen tragischen Zufall, der in einer Katastrophe endet und Fragen nach den Lebensgeschichten anderer Menschen aufwirft. Auch der Juli wartet noch mit einer Premiere auf, die allerdings nur eine Viertelstunde dauert. Die Eigenproduktion „ottos mops“ der Ansbacher Puppenspiele, frei nach Ernst Jandl, erinnert mit dem berühmten Gedicht an die Frage, ob Menschen ihren Hunden nicht auf Dauer immer ähnlicher werden. Es ergeht also die Einladung an alle Ansbacher Hundebesitzer und -besitzerinnen (davon gibt es bekanntlich besonders viele …), am 5. Juli zu einem Spaziergang mit Hund vor die Gumbertuskirche zu kommen. Als walking act wird „ottos mops“ immer mal wieder in der Stadt zu sehen sein. Ein origineller Einfall! Saisonausklang ist Mitte Juli mit Stefan Vögels „Chaim und Adolf“.
Das Stadttheater Aschaffenburg holt sich am 4./5. Juni die Inszenierung der bremer shakespeare company von William Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ auf die Bühne 1 des Hauses. Tanztheater gibt es am 25. Juni zu bestaunen, wenn die Orissa Dance Academy einen „Indian Swan Lake“ vorstellt. Tschaikowskis Meisterwerk „Schwanensee“ wird in einen Dialog eintreten mit dem jahrtausendealten „Odissi Dance“, der sicher schönsten Form des indischen Tempeltanzes. Das Saarländische Staatsorchester Saarbrücken tritt am 28. Juni mit „Percussion under Construction“ auf, einen Tag später folgt „Die Schlagzeugmafia“ mit Backstreet Noise im Format „Grenzgänge“.
Am Stadttheater Amberg ist Ende Mai fürs Erste der Vorhang gefallen. Los geht's wieder im Herbst!
Beim Stadttheater Fürth steht am 18. Juni der Besuch des Staatstheaters Meiningen an, das die Opera buffa „Una Cosa Rara“ von Vicente Martín y Soler vorstellt. Hierfür hat Markus Lüpertz ein weiteres Mal das Bühnenbild entworfen, unterstützt von Ruth Groß und Andreas Baesler, der die Inszenierung verantwortet. Chin-Chao Lin dirigiert diese Aufführung, die von Lorenzo Da Pontes spritzigem Libretto lebt. Eine kurzweilige Musikkomödie!
In der Schauspielsparte setzt das Erfolgsstück „Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams am 3./4. Juli den Schlusspunkt. Es geht darin um ein Geschwisterpaar aus einfachen Verhältnissen, das von einem Leben außerhalb der grauen Realität träumt. Das Deutsche Theater Berlin setzt dieses großartige psychologische Kammerspiel in der Inszenierung von Stephan Kimmig als eine Art Farce in Szene.
Die Nürnberger Tafelhalle ist ein Ort für die freie Kulturszene nicht nur lokaler oder regionaler Provenienz, sondern für Akteure aus aller Welt. Am 4. Juni sorgt „Sparks of Metropolmusik“ für Unwucht, will heißen, dass die beiden Duos „re:cord“ und „Unwucht“ sich zu einem Quartett vereinen, das Stilgrenzen neu auslotet. Anderntags geht's ins Blaue mit der Musik-Tanz-Theater-Sneak. Das ist dann so ähnlich wie im Kino, nur in der Tafelhalle! Beim Namen Max Morlock schlagen Nürnberger Herzen höher, zumindest die Älteren, denn der Fußballstar der Nachkriegszeit ist unvergessen. Am 6. Juni ist jedenfalls Matchday mit „Tell me Morlock about me“.
Die Preview einer „prozesshaften Eröffnung“, nämlich der Mutterschaft, wartet am 14. Juni auf ihr Publikum. Katharina Simons hat für und mit „Cutty Shells“ diese Performance-Collage konzipiert. Das ensemble Kontraste lädt am Vormittag des 22. Juni zu „Freundschaft. Liebe. Welt. Zukunft!“ ein. Es folgt nach einer mehrwöchigen Pause am 19. Juli ein Konzert zum 100. Geburtstag von Mikis Theodorakis unter dem Motto „Ein Leben für die Freiheit“. Die „nicht ganz korrekte“ Aufklärungsshow „Berührt euch!“ in der Regie von Manuela Neudegger lädt vom 22. bis 24. Juli dazu ein, unverkrampft über das Thema Sex nachzudenken.
Das Theater Schweinfurt präsentiert am 1. Juni Emmerich Kálmáns „Die Csárdásfürstin“ in einer Interpretation der Neuen Operette Wien. Dann darf man sich wieder wundern über Texte wie „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“! Am 3. Juni geht es im Theater im Gemeindehaus mit Nils Holgersson auf eine „Reise durch Europa“. Das Bayerische Kammerorchester gastiert ebendort am 5. Juni. Für Musiktheater müssen die Schweinfurter nach Meiningen fahren. Dort gibt es am 7. Juni einen kapitalen „Don Giovanni“ von Mozart zu erleben.
Das Rock-Musical „Hedwig and the Angry Inch“ ist am 25. Juni angesagt, also das preisgekrönte (Drag-)Rock-Musical von Stephen Trask und John Cameron Mitchell mit Kultstatus. Das Theater Hof bringt die Glamrock- und Dragqueen Hedwig nach Schweinfurt! Das Schauspiel „Nipple Jesus“ von Nick Hornby, am 26. Juni ebenfalls vom Theater Hof aufgeführt, zeigt scheinbar anstößige Kunst und stellt einmal mehr die seit der legendären Fettecke von Joseph Beuys aufgeworfene Frage „Ist das Kunst oder kann das weg?“. Das facettenreiche Meisterwerk der Gruppe „Queen“ steht am 27./28. Juni im Fokus der Hommage „50 Jahre ‘A Night at the Opera‘“.
Im Rosenthal Theater Selb gastiert das Theater Hof am 5. Juni mit Ray Cooneys Komödie „Alle meine Männer“. Darin offenbart sich, wie kompliziert es sein kann, mit zwei Männern gleichzeitig verheiratet zu sein. Am 26. Juni folgt das 3. Symphoniekonzert der Hofer Symphoniker in Selb mit Werken von Bach und Brahms.