Vorhang auf!

Der Schwan geht ins Schwimmbad

Bambergs Theater im Gärtnerviertel bringt Jan Demuths „Mein lieber Schwan" auf die Freiluftbühne des WSV Neptun Bamberg e.V.

veröffentlicht am 01.06.2025 | Lesezeit: ca. 7 Min. | von Martin Köhl

„Mein lieber Schwan“ zeigt das Theater im Gärtnerviertel

„Mein lieber Schwan“ zeigt das Theater im Gärtnerviertel, Foto © Guido Apel

„Mein lieber Schwan“ ist eine so gängige Redewendung, dass darauf wohl kaum irgendwelche Rechte geltend gemacht werden können. In Dortmund trägt eine festliche Operngala diesen Titel ebenso wie die musikalische Komödie von Jan Demuth, die 2011 aus der Taufe gehoben wurde und seitdem mit viel Erfolg durch die Lande tourt.

Wem etwas schwant, der hat irgendeine Ahnung oder Vermutung. Wer schon beim „Schwanengesang“ angekommen ist, wird künstlerisch anschließend wohl nichts mehr zustande bringen. Tja, der Schwan ist ein ziemlich polyvalentes Tier, und das nicht erst in der Wagnerwelt, wo er mal das Boot des Helden Lohengrin zieht, mal einen schmachvollen Tod durch dessen Vater Parsifal erlebt oder in der „Götterdämmerung“ als Outfit für die Nornen herhalten muss.

Schon in der Antike ist er omnipräsent, vorzugsweise als Göttervater Zeus, der Leda in Schwanengestalt vergewaltigt (das übliche Gerede von der „Verführung“ wollen wir hier mal weglassen) und daraus eine gewisse Helena entsprießt. Die Schwanerei setzt sich über Jahrhunderte fort und gelangt über den „Schwanensee“ und eine Oper Siegfried Wagners mit dem Titel „Schwarzschwanenreich“ irgendwann auch zu Demuths Schwanenstück – womit wir wieder beim Anfang wären.

Das TiG Bamberg wird „Mein lieber Schwan“ ab 6. Juni beim WSV Neptun Bamberg e.V. in Bug präsentieren. Es spielen Ursula Gumbsch und Martin Habermeyer, die Inszenierung realisiert Heidi Lehnert. Franz Tröger und Hermann Kübler sorgen für Live-Musik, Nikola Voit und Benjamin Bochmann für die Ausstattung und das Lichtdesign. Die Produktionsleitung obliegt Aline Joers.

Der Plot spielt in den unheilvollen dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts und handelt von einem irrtümlichen Theaterengagement, daraus resultierenden falschen Publikumserwartungen und den verzweifelten Bemühungen zweier Schauspielenden, irgendwie aus dieser verzwickten Lage herauszukommen.

Die Pseudodiva Adele Würmeling und der Hinterhoftenor Herwarth Moksch tingeln eigentlich immer in ihrem eher seichten Genre umher, doch eine Fehlbuchung konfrontiert sie mit einem Publikum, das sich auf Richard Wagners Tetralogie freut. Das Repertoire von Adele und Herwarth ist alles andere als große Oper; von Wagner haben sie null Ahnung und hoffen, dass im Publikum auch nicht gerade die großen Wagnerkenner sitzen. Eine Absage kommt nicht infrage, denn die beiden brauchen die Kohle, also müssen sie sich irgendwie durchwurschteln.

Das Resultat ist die respektlos komische Aufführung eines Nibelungenringes, theatralische Gestik inklusive. Aber wer sitzt Mitte der dreißiger Jahre wohl in der ersten Reihe? Sollte man da nicht vorsichtig sein? Das ist ein Problem für Herwarth, dem es schwerfällt, seinen Mund zu halten.

Wir stellten Produktionsleiterin Aline Joers Fragen zum Stück und über den Umgang des TiG damit.


Frau Joers, Jan Demuths „Mein lieber Schwan“ wird landläufig als „musikalische Komödie“ mit Liedern von Hollaender, Benatzky und Straus angekündigt, ist also Sprechtheater mit Musik. Ähnelt das einem Vaudeville oder muss man dafür eine andere Genrebezeichnung finden?

Der Vergleich mit Vaudeville ist durchaus angebracht. In Heidi Lehnerts Inszenierung lässt sich das Stück im besten Sinne als unterhaltsames Sommertheater bezeichnen, in der die Lieder ein wesentlicher Bestandteil sind. Neben aller Leichtigkeit und Situationskomik gibt es eine Ebene der ernsten Töne. Sowohl in der Musik als auch in der Handlung.

Das TiG ist ja mit jeder Produktion an einem anderen Ort zu Gast und dieses Mal freuen wir uns an einem unglaublich idyllischen Ort spielen zu dürfen: unter einer Trauerweide direkt am Fluss.

Zusätzlich feiert der WSV Neptun Bamberg e.V. heuer 100-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass gab es den Wunsch, dass wir ein Stück bei ihnen auf die Bühne bringen. Mit „Mein lieber Schwan“, einer Geschichte, die vor knapp 100 Jahren spielt, haben wir genau das richtige Werk für diesen Ort gefunden.

Lässt sich da eine kurze Inhaltsangabe machen, oder ist das zwecklos?

Ganz kurz zusammengefasst: Eine Möchtegern-Diva und ein Hinterhof-Tenor erzählen auf der Bühne des Wippelsdorfer Gasthofs gezwungenermaßen ihre ganz eigene Version von Wagners „Ring des Nibelungen“ und behelfen sich dabei, mangels Kenntnis des wagnerianischen Monuments, mit ihrem Improvisationstalent und vielen bekannten Schlagern der 20/30er Jahre. Das Publikum wird mit Ohrwürmern wie „Ich bin die fesche Lola“ oder „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ aus der Vorstellung gehen. Außerdem können sie bei nächster Gelegenheit ihr neu erworbenes Wissen über die Nibelungen zum Besten geben.

Eine Komödie sollte in der Regel witzig sein. Bezieht das Stück seinen Witz eher aus dem Text oder auch aus der Situationskomik, für die Sie ja sorgen müssen?

Definitiv aus beidem. Die zwei Protagonisten befinden sich ja in einer recht absurden Situation, die natürlich an sich schon für Komik sorgt. Und mit welchem feinen Sprachwitz sie mit ihrer Situation umgehen, ist eine absolute Freude. Bei unserer ersten Leseprobe haben wir schon sehr viel gelacht. Ursula Gumbsch und Martin Habermeyer sind die perfekte Besetzung für die beiden Figuren und spielen mit unglaublich viel Freude und Leidenschaft.

Da es nur zwei Hauptfiguren auf der Bühne gibt, müssen diese umso kompletter sein. Fühlen sich Ursula Gumbsch und Martin Habermeyer stimmlich bei Richard Wagner wohl oder doch eher bei Benatzky & Co.? Und was ist musikalisch überhaupt zu erwarten?

Die beiden musikalischen Welten zusammenzubringen, ist für alle Beteiligten sehr reizvoll. Neben den Schauspielenden haben wir auch noch zwei Live-Musiker auf der Bühne, einer davon ist Berganza-Preisträger Franz Tröger. Sie werden mit diversen Instrumenten sowohl Wagner als auch Hollaender, Benatzky und Co. erklingen lassen. Gumbsch und Habermeyer dürfen sich vor allem bei Zweiterem so richtig austoben.

Die Lieder liegen beiden sehr und die Musiker freuen sich schon arg auf Wagner.

Der Titel des Stücks lässt ja auf Ahnungen schließen. Belassen Sie die Ahnungen und Befürchtungen in der Zeit vor neunzig Jahren oder transponieren Sie das auch in die aktuelle Situation?

Leider ähnelt die aktuelle politische Situation ja nur allzu sehr der bedrohlichen Lage damals. Womöglich wird sich der Zuschauer schon fragen: Spielt das Stück jetzt eigentlich damals oder spielt es heute? Diese Frage lassen wir bewusst offen.

Die vermeintliche zeitliche Distanz zum Bühnengeschehen und die künstlerische Überhöhung ermöglichen es dem Publikum, Parallelen zwischen damals und heute klarer zu erkennen.

Last not least: wo bleibt bei Ihnen der Schwan, und wofür steht er?

Der Schwan ist Symbol für Reinheit, Eleganz und Würde. Gleichzeitig wird er oft mit dem Tod assoziiert. Auch im Stück schwebt der Tod über allem. Unsere Ausstatterin Nikola Voit wird gemeinsam mit Bühnenbildassistent Benjamin Bochmann einen Wippelsdorfer Schwan auf die Bühne zaubern und wer weiß, vielleicht schwimmt ja sogar mal ein echter Schwan hinter der Bühne auf Regnitz vorbei.

Vielen Dank, Frau Joers!

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