Vorhang auf!

Opernklassiker aus heutiger Sicht

Till Kleine-Möller inszeniert Georges Bizets „Carmen“ für das Mainfrankentheater Würzburg

veröffentlicht am 30.05.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Elke Walter

„Carmen“ am Mainfrankentheater Würzburg

„Carmen“ am Mainfrankentheater Würzburg, Foto © Nik Schölzel

Mit Georges Bizets „Carmen“, bringt das Mainfranken Theater ab 1. Juni eine der bekanntesten und meistgespielten Opern auf die Bühne. Seit der Uraufführung vor 150 Jahren dominiert das Werk die Opernbühnen weltweit. Carmen verdingt ihr Leben als Arbeiterin in einer Fabrik, ist Roma und präsentiert sich als starke, auf ihre Selbstbestimmung beharrende Frau. Gesellschaftlich einengende Normen, besonders in Bezug auf die Rollenerwartungen, lehnt sie ab. Das, ihre Nähe zur Schmugglerbande und ihre Freizügigkeit schaffen Reibeflächen, üben aber gleichzeitig auch einen Reiz aus. Der Soldat José verfällt ihr zunächst und wird am Ende zu ihrem Mörder.

„Allerdings“, so Regisseur Till Kleine-Möller, „stellt sich mir die Frage, weshalb in vielen der großen Opern Frauen als Opfer enden müssen, es im Kern also um das nach wie vor aktuelle Thema Femizid geht.“ Sie werden entweder von einem Mann getötet oder entziehen sich durch Selbstmord der patriarchalen Unterdrückung. Das schicksalhafte Ende, von Bizet auch musikalisch bereits in der Ouvertüre angedeutet, scheint vorbestimmt zu sein. Als tugendhaft, rollenkonformes Gegenüber kommt Micaëla mit ins Spiel, José als Ehefrau zugesagt. Ausreichend Stoff für eine dramatisch berührende Geschichte, in Verbindung mit der großartigen Musik, welche Assoziationen zum Musical zulässt – ein Erfolgsgarant.

„Oberflächlich gesehen“, so der Regisseur, „zeigt die Oper einen sehr hohen Unterhaltungswert. Das reicht heute aber allein nicht mehr aus.“ Kleine-Möller möchte „Oper neu denken, tiefer in die Strukturen der Handlung eindringen“. Für die Inszenierung bedeutet das, einen gesellschaftskritischen Blick einzubeziehen. So bekommt Carmen eine zusätzliche Figur an die Seite, die ihr Inneres spiegeln oder auch ihr Handeln reflektieren soll, die in den wesentlichen Momenten anwesend ist.

Verortung und Kostüme sollen eher offen, aber durchaus mit aktuellen Assoziationen wirken, etwa die Verlegung der Handlung von der Zigarettenherstellung in eine Fabrik, in der die Frauen Bomben zusammenbauen. Gewalt, repräsentiert unter anderem durch das Kriegsthema und den Stierkampf, Korruption, Kriminalität, Erotik oder auch Macht sind Eckpunkte der Handlung. Videoprojektionen und eine Live-Kamera eröffnen neue Einblicke. Till Kleine-Möller möchte mit seiner Inszenierung eine Geschichte erzählen, sie trotz aller Tragik unterhaltsam, mit viel Musik präsentieren.

Informationen zu Stück und Terminen finden Interessierte unter www.mainfrankentheater.de.

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