Ausstellungen

Skulpturenmeile im historischen Dialog

Dietrich Klinge zeigt Bronzefiguren in der Dinkelsbühler Altstadt

veröffentlicht am 09.07.2025 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Elke Walter

„Gordian V“ vor der Schranne in Dinkelsbühl

„Gordian V“ vor der Schranne in Dinkelsbühl, Foto © Elke Walter

Bis 19. Oktober 2025 wird das Zentrum der mittelfränkischen Stadt Dinkelsbühl zur Kunstmeile. Zwanzig Skulpturen des Bildhauers und Grafikers Dietrich Klinge bevölkern die Altstadt an unterschiedlichen, vom Künstler ganz bewusst ausgewählten, Orten. Zeitgenössische Kunst steht so während der nächsten Wochen im Dialog mit der historischen Kulisse.

Skultpturen aus Holz und Bronze

Dass die Arbeiten von Dietrich Klinge, die bereits in Italien, Spanien, Frankreich, den USA, Russland, der Schweiz, Luxemburg, den Niederlanden oder auch Südkorea zu sehen waren, nun erstmals in Dinkelsbühl ausgestellt werden, darf man als Besonderheit werten. Der Künstler wurde vor allem bekannt durch seine Skulpturen aus Holz und Bronze. Verwendete Materialien für die ursprünglichen Modelle der Bronzegüsse sind unter anderem Äste, Stämme oder Wurzeln. Die Oberflächenstruktur der natürlichen Ausgangsmaterialien wird in der Oberfläche des Bronzegusses täuschend echt wiedergegeben, was immer wieder auch den Eindruck erweckt, es handle sich um Skulpturen aus Holz. Der Künstler verstärkt diesen Effekt zudem, wenn er den Objekten eine im Nachhinein aufgetragene Patina verleiht. Es lohnt sich, die Skulpturen auch aus direkter Nähe oder ebenso aus unterschiedlicher Perspektive zu betrachten. Dem ersten Anschein nach wirken die großen Skulpturen eher grob gearbeitet, strahlen aber gleichzeitig eine große Erhabenheit und Ruhe aus. Beachtenswert bei den einzelnen Arbeiten ist auch die Gestaltung der Hände.

Kunstspaziergang durch Dinkelsbühl

Wo man den Rundgang zu den einzelnen Plastiken startet, kann sehr individuell gewählt werden. Eine festgelegte Reihenfolge scheint es nicht zu geben. Ein erster Ort könnte die Skulptur beim Münster St. Georg am Marktplatz sein. Auf den ersten Blick mag man an ein Kreuz denken. Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine Art Pfeiler, auf dem ein Querbalken ruht, der einen nach vorne geneigten Männerkopf trägt. Die Assoziation an ein Kruzifix legt zudem der Standort beim Münster nahe, der Künstler lässt das aber bewusst offen. Nur wenige Meter entfernt, auf der anderen Straßenseite, steht vor der Schranne eine weitere Figur mit der Bezeichnung „Gordian V“, Teil einer mehrteiligen Gordian-Serie. Weitere Arbeiten stehen etwa am Platz vor dem Deutschordenschloss oder auch dem Schweinemarkt. „Nightheart II“ nennt der Künstler hier seine Figur, die scheinbar nachdenkend mitten auf dem Platz hockt. In sich versunken, unbekannten Gedanken nachsinnend.

Einige der Bronzen stehen für sich allein, andere dagegen in Gruppen. Auf so eine Gruppe trifft man etwa im Spitalhof: Dort stehen drei große Skulpturen; eine sehr kleine Arbeit verziert die Wand des Spitals. Der Blick fällt schnell auf eine am Boden sitzende Figur, deren Arme eng zu einem Knoten verschlungen scheinen – „Gordian X“ ihr Titel. Sieht man sich genauer um, entdeckt man an einer Wand der Heilig-Geist-Kirche innerhalb des Spitalhofs eine verhältnismäßig kleine Arbeit. „Die Idee“, so nennt Klinge die filigrane Arbeit, nur knapp 45 cm groß. Eine Hand, die eine überaus zart erscheinende Figur mit ausgestreckten Armen schützend aufzunehmen scheint. Kraftvoll und intensiv in der Ausstrahlung.

Auf eine andere Gruppe trifft man bei der Bleiche inmitten einer Streuobstwiese außerhalb der Stadtmauer. Drei mächtige Bronzefiguren stehen ganz selbstverständlich neben den Obstbäumen, fügen sich in das natürliche Umfeld stimmig ein. Wie Zwiebelgewächse sitzen sie am Boden, eng mit der Natur verbunden. Oberkörper und Gliedmaßen drängen energisch und dem Leben zugewandt nach oben. Spannend wäre es, die Figuren, die einerseits mit dem natürlichen Grün sowie der Stadtmauer, aber auch untereinander im Dialog zu stehen scheinen, im Verlauf der Jahreszeiten und zu unterschiedlichen Lichtverhältnissen wahrzunehmen. Das hätte etwas Poetisches.

Folgt man den einzelnen Standorten, kommt man direkt auch in den Genuss eines Stadtrundgangs, der zur Kapuzinerkirche oder auch der Dreikönigskapelle führt. Klinges Figuren entwickeln in den beiden Gebäuden eine ganz eigene Wirkung. Vor allem in der Kapuzinerkirche korrespondieren die beiden Skulpturen mit dem religiös geprägten Innenraum. „Die Wunde“, heißt eine der beiden Arbeiten, lässt Assoziationen an den gekreuzigten Christus aufflackern. Im Kontext des geschlossenen Raumes entwickeln die Skulpturen eine zusätzliche Kraft.

In Abstimmung mit der Stadt Dinkelsbühl sowie der Galerie Bode aus Nürnberg, mit der der Künstler seit vielen Jahren zusammenarbeitet, war die Ausstellung mit den passenden Standorten konzipiert worden. Erweitert wird die Skulpturenmeile durch ein umfassendes Rahmenprogramm sowie geführte Ausstellungsrundgänge oder auch dem Angebot zum Besuch des Kunst-Ortes Porta, nahe der Wirkungsstätte des Künstlers. Ein Ausstellungskatalog fasst die Kunstmeile zusammen.

Information zum Skulpturen-Rundgang, den ausgestellten Arbeiten sowie dem Rahmenprogramm gibt es unter www.tourismus-dinkelsbuehl.de oder auch www.bode-galerie.de.

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