Viel Posaune und ein Abschied
Der Jazzclub Bamberg präsentiert im Mai ein tolles Programm
veröffentlicht am 22.04.2025 | Lesezeit: ca. 6 Min. | von Ludwig Märthesheimer
Nach einem herausragenden April-Programm geht es beim Jazzclub Bamberg im Mai nahtlos weiter.
Abseits gängiger Big Band-Klischees präsentiert sich am 3. Mai (Samstag) die Big Wabbit Band als ein musikalisches Überraschungspaket mit außergewöhnlichen Kompositionen und Arrangements. Das in Nürnberg beheimatete Ensemble hat sich ganz der modernen Big Band-Literatur verschrieben. Die Playlist beinhaltet hauptsächlich Stücke von Gordon Goodwin – ungewöhnlich, mal funky, mal von Zirkusmusik inspiriert –, ergänzt mit musikalischen Leckereien von Pat Metheny (Arr. Bob Curnow), Bob Mintzer, Chris Walden, Bill Holman etc.
Vor allem die Kompositionen von Gordon Goodwin treiben die Musiker immer wieder zu Höchstleistungen an und bescheren dem Publikum ein ungeahntes Hörerlebnis. Genüsslich kosten diese Jazz-Maniacs den vollen Ton- und Dynamikumfang ihrer Instrumente aus. Bandleader Matthias Zippel überträgt seine Begeisterung auf jeden Instrumentensatz, auf jeden einzelnen Musiker – allesamt entweder Profis oder ambitionierte Amateure. Wo gerade noch ein arrangierter Satz den Ton angab, präsentieren sich im nächsten Moment virtuos mehrere Solisten. Die Big Wabbit Band steht für alles, was gut ist an Big Band Jazz: Gemeinschaft und Individualität, verbunden mit Energie und Spielfreude (www.bigwabbitband.de).
Bei der Jazzclub Session am 7. Mai (Mittwoch) haben einmal mehr Nachwuchsmusiker die Gelegenheit im Jazzkeller auf der Bühne zu stehen. Ein Format, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut.
Nur zwei Tage später, am 9. Mai (Freitag) steht sozusagen eine deutsch-schweizerische Koproduktion im Bamberger Jazzclub auf der Bühne. Das Vertigo Trombone Quartet vereinigt vier der kreativsten Posaunisten der deutschen und schweizerischen Szene: Nils Wogram, Andreas Tschopp, Bernhard Bamert und Jan Schreiner. Musikalisch auf höchstem Niveau spielend, räumt das Ensemble mit dem Klischee der Schwerfälligkeit der Posaune auf. Es gleicht eher einem leichtfüßigen Streichquartett, das alle Besonderheiten dieses vielseitigen Blechblasinstrumentes mit einfließen lässt. Zeitgenössische Melodiebildung, rhythmische Präzision und die Tiefe des Blues oder einer brucknerartigen Motette werden zu einem organischen Hörerlebnis verschmolzen. Im September 2024 ist das dritte Album des Vertigo Trombone Quartet mit dem Titel „Openness“ erschienen. Die vier Posaunisten treten dabei nicht nur als ausführende Musiker mit all ihrer technischen Brillanz in Aktion, sondern übernehmen auch gemeinsam Verantwortung für die Kompositionen. Die individuellen Handschriften bleiben erkennbar und sorgen für unterhaltsame Abwechslung im Programm. Als Thema und Inspiration für „Openness“ hat sich das Quartett das menschliche Zusammenleben und gesellschaftliche Modelle vorgenommen. Dies wird in einem Mix aus Komposition und Improvisation erforscht und in der musikalischen Interaktion umgesetzt (www.vertigotrombonequartet.ch).
Am 15. Mai (Donnerstag) heißt es dann Abschied nehmen. Wo Bebop, Klezmer und Freejazz sich die Hände reichen, ist Jilman Zilman zu Hause. Das Quartett um den Augsburger Schlagzeuger Tilman Herpichböhm beeindruckt nicht nur durch seine außergewöhnliche Besetzung mit zwei Altsaxophonen, Kontrabass und Schlagzeug, sondern vor allem durch virtuos vorgetragene kompositorische Einfachheit. Die Nürnberger Saxophonisten Julian Bossert und Johannes Ludwig sowie Peter Christof aus Luzern verleihen Herpichböhms Stücken die passenden Klänge, um mal friedlich und verspielt, mal wild und aufbrausend die Zuhörer auf besondere Art herauszufordern. Tilman Herpichböhm bezieht seine Inspiration mitunter aus Alltäglichem. So stammt die Idee zu „Wiegenlied“ aus einer missratenen Spieluhr, die seine erste Tochter von einer Bank geschenkt bekommen hatte. Das 2010 gegründete Quartett geht ein letztes Mal auf Tour! Besonderen Grund zur Freude gibt es, weil ihr Lieblingsgastmusiker Simon Nabatov dabei ist, mit dem 2017 auch eine CD veröffentlicht wurde. Mit seinem beeindruckenden Klavierspiel bewegt sich der legendäre Pianist zwischen moderner improvisierter Musik und Tradition, glänzt ebenso einfühlsam wie impulsiv und bringt die Musik des Quartetts damit auf ein neues Level (https://tilmantilman.de).
Am 17. Mai (Samstag) präsentieren Henning Sieverts Symmethreee mit „Blues! Nothing but the blues!” ihr aktuelles Album. Seit 2011 und auf bisher drei Alben beschäftigt sich das Virtuosen-Triumvirat mit den schillernden Schönheiten der Symmetrie. Diesmal, bei Album Nummer vier, dreht sich alles um die Kraft der drei Akkorde und zwölf Takte. Aber was heißt drei und zwölf? Oft sind es mehr oder auch mal weniger Akkorde bzw. Takte. Symmethree präsentiert metrische, melodische und harmonische Spielereien, die den vertrauten Blues-Klängen neue, aparte Schönheiten abgewinnen – ohne dass die archaische Kraft des Blues je verloren geht. So zugänglich klang die Band dabei noch nie. Henning Sieverts gehört zu den gefragtesten Bassisten und Cellisten Europas. Er gewann u.a. den ECHO Jazz, den ersten Preis der „International Society of Bassists“ und – zweimal - den „Neuen Deutschen Jazzpreis“. Nils Wogram zählt zu den weltbesten Posaunisten und ist – wie Sieverts – vielfach preisgekrönt, u.a. mit dem Deutschen Jazzpreis und Albert-Mangelsdorff-Preis. Ronny Graupes, Dritter im Bund und ebenfalls Träger des Deutschen Jazzpreis, pflegt ein meisterhaftunkonventionelles Spiel auf der 7-seitigen Gitarre (www.henningsieverts.de).
Der Monatsabschluss bilden am, 24. Mai (Samstag) Karin Hammar Fab4. Die schwedische Posaunistin gilt mittlerweile als eine der Besten ihres Fachs in Europa. Spätestens seit Nils Landgren sie als musikalische Entdeckung feierte, manifestierte sich ihr Eintrag in der Liste der außergewöhnlichen Talente. Heute, nach vier Studioalben als Solokünstlerin, vielfältigen Zusammenarbeiten, u.a. mit Gary Burton, Bob Brookmeyer, Maria Schneider und Carla Bley, sowie zig Auszeichnungen, beispielsweise den Stockholmer Kulturpreis oder den Komponistenpreis der Schwedischen Gesellschaft für Popularmusik-Komponisten, gehört sie fest zur europäischen Jazzlandschaft. Hammars Formation Fab 4 besteht aus einigen der besten schwedischen Jazzmusiker: Andreas Hourdakis an der Gitarre, Pär-Ola Landin am Bass und Fredrik Rundqvist am Schlagzeug.
Alle Programme beginnen um 20 Uhr. Weitere Informationen gibt es im Netz unter www.jcbamberg.de