Klassiker

Entfesselte Kräfte, Rausch der Illusionen und „wunderschönster Kitsch“

Ein Blick auf die symphonischen Programme in der neuen Saison

veröffentlicht am 11.08.2025 | Lesezeit: ca. 11 Min. | von Martin Köhl

Symphonisches Orchester

Symphonisches Orchester, Foto © pixabay.com

Das Theater Altenburg Gera plant für sein Philharmonisches Orchester neun Sinfoniekonzerte an den beiden Aufführungsorten, dem Altenburger Theaterzelt und dem Geraer Konzertsaal. Die meisten Konzerte werden von GMD Ruben Gazarian geleitet. Auftakt ist am 17. September in Altenburg mit großer spätromantischer Symphonik. Eine europäische Erstaufführung steht am 18. März mit Alexis Arandas Hornkonzert an. Sogar eine Uraufführung ist am 22. April zu erwarten, wenn Aziza Sadikovas Konzert für zwei Kontrabässe und Kammerorchester auf dem Programm steht – eine sehr ungewöhnliche Besetzung!

Die Bamberger Symphoniker haben sich das Motto „Spielfreude“ für die neue Saison ausgedacht. Die braucht man auch, wenn ein solch ambitioniertes Programm bewältigt werden soll, wie es jetzt vorgestellt wurde. Zur Saisoneröffnung am 3. Oktober wird Ehrendirigent Manfred Honeck Operettenweisen in den Äther des Keilberthsaales zaubern und damit dem Wunsch des Chefdirigenten Jakub Hruša folgen, der sich mehr Opernmusik im Programm wünscht. Es wird weiterhin fünf symphonische Abonnementreihen geben plus Sonderkonzerte, Kammer- und Orgelkonzerte. Die Liste der Solistinnen liest sich prominent, erwähnen wir nur die Streicherinnen Sol Gabetta und Julia Fischer. Unter den Solisten fallen solch renommierte Namen wie Augustin Hadelich (Violine), François Leleux (Oboe) und Truls Mørk (Violoncello) auf.

Am Dirigentenpult stehen neben den verlässlichen Stammgästen wie Ehrendirigent Herbert Blomstedt oder Ex-Chefdirigent Jonathan Nott viele neue Namen, unter denen wir die besonders bekannten wie Philippe Jordan und Pablo Heras-Casado hervorheben wollen. Ende Juni steht die nächste Ausgabe des weltweit beachteten Dirigentenwettbewerbs „The Mahler Competition“ an, anschließend gibt es ein Sonderkonzert zum 99. Geburtstag (!) von Herbert Blomstedt. Ende Juli wird Bambergs Hainpark zur Bühne für ein Klassik-Plein-Air. Auch da ist Spielfreude angesagt.

Das Philharmonische Orchester des Landestheaters Coburg bietet wieder ein symphonisches Saisonprogramm mit sechs Konzerten an, dem sich am Ende ein siebtes zugesellt, das „Oper konzertant“ (mit Kurzopern von Leoš Janáček und Giacomo Puccini). Wie immer stehen die Konzerte unter je einer charakteristischen Devise. Die Saison beginnt unter dem Motto „Zueignung“ und sieht für ein Konzert mit dem scheidenden GMD Daniel Carter u.a. ein Werk des Coburger Komponisten Felix Draeseke vor. Weiter geht es mit einer Weihnachtsmusik, die ein weiteres Werk aus einer Coburger Feder präsentiert, nämlich von Marcus Maria Reißenberger. Motto: „Gnade und Erlösung“.

Das dritte Sinfoniekonzert trägt den zurzeit etwas problematisch klingenden Titel „I like to be in America“ und wartet mit George Gershwins, Duke Ellingtons und Leonard Bernsteins Werken auf. Die Nummer vier verspricht Beethovens 7. Symphonie; das fünfte Konzert lockt unter dem zunächst noch rätselhaften Titel „Drama Baby“ mit tragisch konnotierten Werken von Franz Schubert und Johannes Brahms ins Globe.

Das sechste Konzert verspricht „Symphonische Affären“ und bittet mit Bernd Glemser einen der besten deutschen Pianisten an die Tasten, um Sergej Rachmaninows 1. Klavierkonzert fis-moll zu interpretieren. Ergänzend wird es wieder Sonderkonzerte geben, so das Neujahrskonzert, ein Schüler- und Familienkonzert, ein Filmkonzert sowie das alljährliche Klassik Open Air im Sommer 2026.

Das Landestheater Eisenach sieht acht Sinfoniekonzerte vor und startet mit einem besonders originellen Programm am 19. September unter dem Dirigat von Markus Huber. Werke von Amir Shpilman und Reinhold Glière stehen schließlich nicht jeden Tag auf dem Programm. Weiter geht es klassisch-romantisch am 10. Oktober und im November mit einer großen „Straussiana“, wobei sowohl Richard Strauss als auch die Wiener Sträuße gemeint sind.

Das Theater Erfurt hat sich auf elf Sinfoniekonzerte festgelegt, beginnend mit einem Ravel/Profofjew/Strauss-Programm am 11. September unter der Leitung des neuen GMD Hermes Helfricht. Zeitgenössische Akzente werden mit Kaija Saariahos Nymphéa Reflection und Les Eaux Célestes der jungen französischen Komponistin Camille Pépin gesetzt. Zum Ausklang der Saison richtet sich der Blick nach England, denn in der „Last Night“ am 18. Juni erklingen nicht nur die Pomp and Circumstances, sondern auch die 1. Symphonie As-Dur von Edward Elgar.

In Erlangen holt der dortige gVe bis Weihnachten vier bedeutende Orchester in die Heinrich-Lades-Halle und fängt naheliegenderweise mit dem fränkischen Platzhirschen an, also den Bamberger Symphonikern alias Bayerische Staatsphilharmonie. Sie haben am 5. Oktober unter Manfred Honecks Leitung „Wiener Blut“ in den Adern. Am 11. November bringt das Romanian Symphony Orchestra den Klarinettisten Sérgio Pires mit, der Mozarts entsprechendes Solokonzert interpretieren wird. Gabriel Bebešelea dirigiert. Prominent ist der Auftritt des Orchestra of the Age of the Enlightenment am 20. November mit Sir András Schiff als Dirigent und Solist am Klavier. Schließlich kommt am 1. Dezember auch noch das London Philharmonic Orchestra unter der Leitung Edward Gardners nach Erlangen und stellt den Violoncellisten Sheku Kanneh-Mason vor.

Bei den Hofer Symphonikern stehen elf Sinfoniekonzerte auf dem Plan, beginnend am 26. September mit der Frage „Lieben Sie Brahms“ und dem Gastspiel von Christian Zacharias (Klavier und Leitung). Danach erwarten die Hofer Musikenthusiasten „Neue Welten“ (mit Dvořák) sowie „Nostalgisches“ (mit Korngold und Rachmaninow). Nach einem Festkonzert geht es im Neuen Jahr weiter unter dem Motto „Von Bach zu Mozart“.

Die Agentur Hörtnagel in Nürnberg holt die ganz großen Namen der internationalen Orchesterlandschaft nach Franken. Ob die Symphonieorchester des WDR und des Bayerischen Rundfunks oder das Berliner Konzerthausorchesters, es geht um höchst prominente Klangkörper. Auch das Armenian State Symphony Orchestra, mit dem der Konzertreigen am 20. November beginnt, oder das Orchestra della Svizzera italiana zählen zu den Namen mit Renommee. Das gilt ebenso für die Pultstars, die in die Meistersingerhalle kommen werden. Nennen wir nur Sir Simon Rattle, Andrew Manze, Julian Rachlin und Joana Mallwitz. Fünf Symphoniekonzerte sind zu erwarten.

Die Hofkapelle Meiningen bietet ab Saisonbeginn am 1. Oktober acht Sinfoniekonzerte an, plus Foyerkonzerte und weitere Sonderkonzerte. Viel Brahms steht auf dem Programm, aber auch Reger, denn das ist eine historische Verpflichtung. GMD Killian Farrell dirigiert meistens und darf sich über eine exquisite Auswahl an Solistinnen und Solisten freuen. Das Konzertprogramm ist ab 2026 dem weiland Schirmherrn der Hofkapelle gewidmet, also Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, dem engen Freund und Förderer von Johannes Brahms.

Die Nürnberger Symphoniker feiern in der Saison 2025/26 ihr 80-jähriges Bestehen mit einem sehr umfangreichen Programm. Beginn ist am 27. September mit Chefdirigent Jonathan Darlington. Was folgt, sind nicht weniger als 18 Symphonische Konzerte sowie eine Reihe anderer Formate wie Symphoniker plus, Kinderkonzerte sowie Advents-, Neujahrs- und Weihnachtskonzerte. Art. 5|III hat mit dem Intendanten Prof. Lucius A. Hemmer, seit 2003 kreativer Kopf der Nürnberger Symphoniker, über das Jubiläumsprogramm gesprochen. Tiefere Einblicke in die bevorstehende Spielzeit gibt es dort!

Die Philharmonischen Konzerte des Staatstheaters Nürnberg starten am 10. Oktober mit Bruckner und Messiaen in die neue Saison. Am 14. November konfrontiert das zweite Philharmonische Konzert mit Werken von Mozart, Haydn und Schostakowitsch in der Meistersingerhalle.

Im Stadttheater Fürth gibt es heuer einen Auftakt der besonderen Art: Das Cairo Symphony Orchestra gastiert mit Mozart und Beethoven sowie einem Werk aus der Feder des Dirigenten Ahmed El Saedi. Danach kommen die beliebten Fürther Streichhölzer und für das Neujahrskonzert die Stuttgarter Philharmoniker, die diesmal unter dem Dirigat Andrey Boreykos auftreten. Obligatorisch sind die Gastspiele der Bamberger Symphoniker. Sie werden Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy sowie vom Dirigenten selber interpretieren. Der heißt Jörg Widmann und ist außerdem ein brillanter Klarinettist.

Die Alte Musik gilt zwar nicht als Symphonik, doch J.S. Bachs Orchestersuiten dürfen als unübertroffene Vorläufer gelten. Sie werden im April von der Akademie für Alte Musik Berlin dargeboten. Noch ältere Vorläufer sind Claudio Monteverdis Werke, die im Mai von der Lautten Compagney interpretiert werden und keinen Geringeren als Rolando Villazón für die sängerische Solorolle vorsehen.

Beim Theater der Stadt Schweinfurt lautet das Motto zur sinfonischen Saisoneröffnung „Walzerseligkeit“. Dann geht es nämlich nach Bamberg zu den dortigen Symphonikern, die vom Ehrendirigenten Manfred Honeck geleitet werden. Das Neujahrskonzert am 6. Januar wird von den Kölner Symphonikern und der Kammeroper Köln gestaltet und ist ebenfalls der leichteren Muse gewidmet, also der Wiener Operette von Strauß & Co.

Das Philharmonische Orchester Regensburg wartet in der neuen Saison mit acht Philharmonischen Konzerten auf, die von allerlei anderen Formaten garniert werden, so die Krabbelkonzerte, Hauskonzerte, Familienkonzerte sowie ein Sonderkonzert mit dem Titel „Erstklassik D-Dur“. Darin wird demonstriert, wie unterschiedlich ein und dieselbe Tonart bei verschiedenen Komponisten klingen kann. Symphonischer Auftakt ist am 6. Oktober mit Bach, Beethoven und Corigliani. Die neue Spielzeit steht unter dem Motto „Existenzen“.

Die TauberPhilharmonie in Weikersheim beginnt ihr orchestrales Programm am 27. September mit Henry Purcell, also eher barock, und auch das zweite Konzert mit dem Bremer Salonorchester ist keine „klassische“ Klassik, doch es verspricht „wunderschönsten Kitsch“. Nach dem Weihnachtskonzert mit dem Orchester Il pomo d'oro gibt es zu Neujahr große Sinfonik mit dem Bayerischen Landesjugendorchester und Werken von Brahms und Bartók. Die Stuttgarter Philharmoniker kommen am 6. März, das Göttinger Symphonieorchester am 19. April mit „A Night at the Oscars“ – Hollywood im Taubertal! Carl Orffs Carmina Burana werden im Mai von Mergentheimer Mitwirkenden als großes Sonderformat vorgestellt, und das Württembergische Kammerorchester gestaltet den sinfonischen Ausklang mit Beethoven und Mendelssohn.

Die Staatskapelle Weimar wird in der Saison 2025/26 zehn Sinfoniekonzerte anbieten, beginnend am 28. September unter dem Motto „Glühende Sehnsucht“. Auch danach werden starke sprachliche Bilder bemüht, wenn es um „Teuflische Leidenschaft“, „Sinfonische Maskerade“, „Entfesselte Kräfte“ oder „Rausch der Illusionen“ geht. Das siebte Konzert ist „Dem lieben Gott“ gewidmet, und man ahnt schon, dass dann Anton Bruckners 9. Symphonie auf dem Programm steht. Sie wird präludiert von Hans Pfitzners „Palestrina“-Vorspielen.

Am Dirigentenpult des Deutschen Nationaltheaters stehen mit Ivan Repušić, Bertrand der Billy und dem neuen GMD Daniel Carter (der zuvor in Coburg wirkte) klingende Namen. Artist in Residence ist der Ausnahmeflötist Emmanuel Pahud.

Das Philharmonische Orchester Würzburg freut sich über den Dienstantritt seines neuen Generalmusikdirektors Mark Rohde. Der wird bei seinem Antrittskonzert am 30./31. Oktober ausschließlich Werke von Richard Wagner dirigieren. Insgesamt sechs Sinfoniekonzerte sind vorgesehen, außerdem eine bunte Reihe von Konzertevents und natürlich auch eine Kammermusikreihe.

Die Würth Philharmoniker erstaunen einmal mehr mit der Prominenz der eingeladenen Namen, sei es im Solobereich, sei es am Dirigentenpult. Wir werden das in den nächsten Ausgaben noch genauer vorstellen, aber erwähnen schon hier besonders klingende Namen: Hélène Grimaud und Jan Lisiecki an den Klaviertasten, Paul und Sabine Meyer mit der Klarinette in der Hand, Anne-Sophie Mutter und Veronika Eberle als Geigerinnen, François Leleux als Dirigent und Oboist sowie Emmanuel Pahud als Flötist. Dass Chefdirigent Claudio Vandelli meist selbst dirigiert, versteht sich von selbst, aber mit Kent Nagano kommt ein Superstar der Orchestermaestri ebenfalls nach Künzelsau.

Schlagworte:

Ähnliche Artikel: