Ausstellungen

Ins Museum telefonieren?

Eine telefonische Kulturführung durch die Ausstellung „Fritz Griebel. gemalt. geschnitten. gewebt.“ im Stadtmuseum Amberg

veröffentlicht am 02.09.2025 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Nele Wicher

Fritz Griebel, Selbstbildnis, 1924, Öl-auf-Leinwand, 27,5 x 28,5 cm, Stadtmuseum Amberg

Fritz Griebel, Selbstbildnis, 1924, Öl-auf-Leinwand, 27,5 x 28,5 cm, Stadtmuseum Amberg, Foto © Stadtmuseum Amberg, Brunner

Kultur zu sich nach Hause holen – das ist kein einfacher Ansatz. Wir alle haben es in der Coronapandemie deutlich gespürt: das Abgeschnitten-Sein von kulturellen Veranstaltungen, Bildungsangeboten, von anderen und damit auch von sich selbst. Die Wichtigkeit des kulturellen Beisammenseins. Doch für viele Menschen ist fehlende kulturelle Teilhabe tägliche Lebensrealität, nicht nur im Lockdown.

Ein Projekt vom Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e.V. (BSVH) und grauwert, ein Büro für Inklusion und demografische Lösungen, haben vor dem Hintergrund des Corona-Lockdowns das Projekt „Bei Anruf Kultur“ ins Leben gerufen. Damit wollen sie kulturelle Angebote durch kostenfreie und niedrigschwellige telefonische Kulturführungen in den eigenen vier Wänden erfahrbar machen.

Das Angebot richtet sich an Menschen, welche Ausstellungen und Museen nicht live erleben können. Zum Beispiel, weil sie in ihrer Mobilität eingeschränkt, blind oder sehbehindert sind. Weil sie sich den Besuch oder die Führung nicht leisten können. Oder weil sie sich in großen Gruppen unwohl fühlen und von vielen Reizen schnell überfordert sind. Doch grundsätzlich sind alle dazu eingeladen, den Hörer (oder das Smartphone) in die Hand zu nehmen und sich durch das vielfältige Programm zu testen. In mittlerweile über 100 deutsche Museen und kulturelle Einrichtungen kann „hineintelefoniert“ werden; fast täglich werden Führungen angeboten.

Akustischen Einblicken in Goethes Gartenhaus in Weimar lauschen, das Schaffen vom Fotografen Jupp Darchinger im LVR-Landesmuseum Bonn nachvollziehen oder 800 Jahre Hansegeschichte live aus dem Europäischen Hansemuseum Lübeck erleben – das vielfältige Angebot umfasst neben klassischen Kunstführungen auch Angebote in den Bereichen Literatur, Theater, Geschichte und Politik. Das Programm kann sowohl online als auch telefonisch unter 040 209 404 69 abgerufen werden.

„Fritz Griebel. gemalt. geschnitten. gewebt.“ – eine Telefonführung

Auch Art. 5|III hat die Erfahrung einer telefonischen Kulturführung machen dürfen und sich in die Sonderausstellung „Fritz Griebel. gemalt. geschnitten. gewebt.“ im Stadtmuseum Amberg hineingewählt. Sie widmet sich dem künstlerischen Schaffen des 1899 geborenen Künstlers Fritz Griebel, welcher in Nürnberg studiert und dort sowie in Ellingen als Professor und Direktor an der Akademie der Bildenden Künste gelehrt hat.

Griebels Kunst ist vielfältig. Ob Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Scherenschnitte, Papiers collés, Entwürfe für Stickereien und Tapisserien – der Künstler bediente sich nicht nur vielfältigen Stilen, sondern auch einer Vielzahl an verschiedenen Methoden. Als Inspirationsquelle seiner Kunst dienten ihm seine Reisen. In seinen Bildern entführt Griebel an die rauschende Ostsee, nach Italien, zeichnet Stillleben mit heimischen Pflanzen. Aber auch seine Kindheit und sein familiäres Leben verarbeitet der Künstler in seinen Werken.

„Krüge (...), Menschen, schwebend oder in Unterhaltung, Vögel, Birnen, Orangen in Körben, ein Frühlingsstrauß, eine Landschaft am Abend: sind es nicht Dinge, die gemalt werden müssen?“ − Fritz Griebel.

Neben Historie und Hintergrundinformationen rund um die Werke und den Künstler konnten auch detaillierten Beschreibungen der Arbeiten im Stadtmuseum Amberg gelauscht werden. Dabei wurden nicht nur die Farben, Formen und Strukturen beschrieben, sondern auch die Atmosphäre im Museum vor Ort zum Thema gemacht. Zwischen den Führungsblöcken, welche ca. 30-40 der insgesamt 60-minütigen Führung ausgemacht haben, wurde die Leitung immer wieder für Fragen und Austausch geöffnet. So konnte sowohl mit dem Guide als auch mit anderen Teilnehmenden in Kontakt getreten werden. Und wer nicht wollte, konnte sein Telefon auf stumm stellen und die Führung problemlos als Podcast erleben.

Für eine Stunde konnte abgetaucht werden. Ins Stadtmuseum Amberg, in das Leben und Schaffen von Fritz Griebel und in eine kulturelle Erfahrung der besonderen Art. Es ist ein Sich-Aufeinander-Einlassen: Verschiedene Stimmen und unterschiedliche Meinungen treffen aufeinander. Doch man lernt viel, nicht nur über das verhandelte Thema, sondern auch über sich selbst: Wie kann Kunst wahrgenommen werden? Was kann ein auditives Erleben mit einem machen? Wie tief geht die eigene Introspektion? Und natürlich ist es eine grandiose Möglichkeit, Kunst und Kultur für alle besser zugänglich zu machen.

Ein Blick in das Programm von „Bei Anruf Kultur“ lohnt sich allemal. Und wer möchte und wem es möglich ist, der kann der Ausstellung „Fritz Griebel. gemalt. geschnitten. gewebt.“ im Stadtmuseum Amberg einen Besuch abstatten. Noch bis 11. Januar 2026 ist sie dort zu sehen.

Mehr Informationen zu „Bei Anruf Kultur“ gibt es unter www.beianrufkultur.de. Mehr Informationen zur Ausstellung finden Interessierte hier: www.stadtmuseum-amberg.de.

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