Live Acts, Klangmystik und Beyond Borders
Die 62. Fürther Kirchenmusiktage wagen sich auf „Grenzgänge“
veröffentlicht am 14.10.2025 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Martin Köhl
Wie sehr sich das Verständnis und die Wirkweise von Kirchenmusik im 21. Jahrhundert verändert haben, dafür stehen geradezu exemplarisch die Fürther Kirchenmusiktage, die in diesem Herbst auf ihre 62. Ausgabe schauen dürfen. Das diesjährige Motto „Grenzgänge“ steht nachdrücklich dafür, denn Neues lässt sich nur entdecken, wenn man sich auch an die Grenzen des Konventionellen wagt oder besser noch: sie überschreitet.
Gleich die Auftaktveranstaltung am 25. Oktober unter dem Titel „Nacht der Klänge“ in der zentral gelegenen Fürther Kirche St. Michael lässt die Grenzen zwischen den verschiedenen künstlerischen Genres verschwimmen. Dieses Konzertformat, ersonnen von Ingeborg Schilffarth, einer der beiden Künstlerischen Leiterinnen der Kirchenmusiktage, ist seit seiner ersten Auflage zu einem Publikumsmagnet geworden. Heuer sorgen gleich fünf Live-Acts für Überraschungen.
So wird es Jazz mit Steptanz geben, beruhend auf einer Jazzmesse von Werner Hausen, außerdem die orgelfreie Kombination Flöten und Lauten, eine Orgelimprovisation mit digitaler Malerei und als spätabendlicher Ausklang eine Nachtmusik mit Vokalensemble, Violoncello Solo und Lyrik. Zwischen den Kurzkonzerten gibt es gegen Spende Pausenbuffets. Nicht zuletzt ist die Klangnacht auch der Abschluss der Festkonzerte zum 250. Geburtstag der historischen italienischen Orgel in der Michaelskirche (wir berichteten darüber in einer vergangenen Ausgabe). Deshalb ist einer der Live-Acts auch dem Thema „In die Orgel zu spielen“ gewidmet und sieht das Duo Gambe plus italienische Orgel vor.
Diesem Auftakt folgt gleich am nächsten Tag in der Kirche Maria Magdalena ein den Jüngeren gewidmetes Konzert des Leipziger Ensembles all'improviso mit dem Titel „Ohrwürmer für Kinder“. Bekannte Kinderlieder werden hier auf innovative Weise lebendig: frisch, improvisiert, zum Staunen und zum Mitsingen einladend. Am 7. November präsentieren gleich drei Organist:innen, nämlich Armin Becker, Andreas König und Sirka Schwartz-Uppendieck, die zusammen mit Ingeborg Schilffarth die Künstlerische Leitung der Fürther Kirchenmusiktage innehat, das Orgelkonzert „Beyond Borders“ in St. Paul. Michael Herrschel, der bei den Kirchenmusiktagen stets als konzeptioneller Ideengeber und Rezitator auftritt, wirkt hier als Sprecher mit.
Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Auferstehungskirche am 9. November ist am 14. November das „Concerto illuminato“ in der Liebfrauenkirche dran. Werke von Anton Karas, Ron Goodwin, Yiruma u.a. werden von Markus Rießbeck (Saxophon), Dieter Neuhof (Orgel, Synthesizer & Lichtshow) und Michael Herrschel (Conférence) interpretiert. Anderntags lautet in der Kirche Christkönig das Motto „Gott in der Natur“. Dann kommt mit einem Frauenchor eine neue Klangfarbe ins Spiel. Das Ensemble VocaBella aus Tübingen spannt einen Bogen von vedischer Spiritualität über romantische Innenschau bis hin zu moderner Klangmystik und lädt dazu ein, Natur und Glauben emotional und sinnlich zu erleben. Monika Zacharias obliegt die Leitung, am Klavier begleitet Julia Koch.
Nach einem Kinderorgelkonzert in der Liebfrauenkirche mit Sergej Prokofjews „Peter und der Wolf“ am 16. November, das abermals von Michael Herrschel als Erzähler und von Dieter Neuhof an der Orgel gestaltet wird, lautet die Devise am 21. November „Grenzgänge“. Über diesem Konzert in der Kirche St. Heinrich steht also das Leitmotiv der diesjährigen Fürther Kirchenmusiktage. Wolfgang Zerer wird Werke von J.S. Bach, Max Reger, Jehan Alain u.a. spielen, unterstützt von Michael Herrschel, der eine konzeptionelle Einführung anbietet.
Ein symphonisches Konzert unter der Überschrift „DEBORA“ schließt sich einen Tag später in der Auferstehungskirche an. Die zur Aufführung stehende Komposition ist ein Oratorium von Dorothea Hofmann, dessen Text aus der Feder Michael Herrschels stammt. Ein packendes Drama über die Suche nach Gerechtigkeit und Frieden! Neben den Solistinnen und Solisten Laura Demjan (Sopran), Nicole Glamsch (Mezzosopran) und Markus Simon (Bass) wirken das Farrenc Orchester, die Posaunenchöre der Kirchen St. Paul und Auferstehung sowie Bernd Müller als Dirigent mit. Die Gesamtleitung liegt in den Händen von Sirka Schwartz-Uppendieck, die auch die Orgel spielt.
Das Finale dieser heuer besonders breit aufgestellten Kirchenmusiktage in Fürth findet am 7. Dezember in der Kirche Christkönig statt. Es ist ein Chor- und Orchesterkonzert. Die Chöre von Christkönig und St. Heinrich gestalten mit einem Instrumentalensemble das „Gloria“ von Antonio Vivaldi sowie Werke von G. A. Homilius und J. L. Bach. Alina König Rannenberg (Sopran), Heike Kohler (Alt), Sungwoo Jun (Tenor) und Johannes Green (Bass) wirken als Vokalsolisten mit, die Leitung obliegt Andreas König und Matthias Hofknecht.