Noise Signal Silence
Richard Siegal übernimmt die Leitung des Nürnberger Balletts
veröffentlicht am 01.11.2025 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Elke Walter
Die Nürnberger Ballettsparte hat einen neuen Chef. Richard Siegal tritt die Nachfolge von Goyo Montero an, der nach 17 Jahren auf eigenen Wunsch das Staatstheater Nürnberg verlässt und nach Hannover weiterzieht. Ab der Spielzeit 2025/26 wird der US-Amerikaner, der auch Gründer und Künstlerischer Leiter der Kompagnie „Ballet of Difference“ (2016) ist, als Chefchoreograf und Ballettdirektor die Fäden in Nürnberg in seinen Händen halten. Mit seiner Arbeit stößt er international auf große Resonanz.
Ein neues Ensemble für Nürnberg
Unter der Leitung des neuen Ballettdirektors wird sich das Nürnberger Ballett-Ensemble neu bilden. Etwa ein Drittel der bisherigen Tänzer:innen aus der Ära Goyo Montero bleibt, ein weiteres Drittel entstammt dem „Ballet of Difference Köln“, Siegals letztem Einsatzort, erweitert um neue Kompagnie-Mitglieder. Das Tanzensemble wird ab dieser Spielzeit unter der neuen Bezeichnung „Staatstheater Nürnberg Ballet of Difference“ geführt. Momentan gehören 22 Tänzer:innen zur neu gestalteten Kompagnie, die jetzt erst einmal zusammenwachsen und zu einer Einheit finden muss.
Siegals erste Produktion „Noise Signal Silence“, die am 15. November 2025 im Opernhaus Premiere feiern wird, gibt auch den Tänzer:innen einen Eindruck von der Arbeitsweise ihres neuen Chefs: Klassische Balletttechnik und radikale Neuinterpretationen des Repertoires, so heißt es in einer Pressemeldung des Theaters, sollen einen klaren Fokus auf die gesellschaftspolitische Relevanz des Tanzes legen. Schnittstellen zwischen Ballett und anderen Disziplinen auszuloten – etwa zu Mode, Musik, Industriedesign oder auch Licht-Installationen – gehört zu Siegals spartenübergreifendem Ansatz.
Eröffnungsproduktion „Noise Signal Silence“
Eine langjährige Zusammenarbeit, die sich auch in der Uraufführungschoreografie fortsetzen wird, verbindet den neuen Ballettchef seit 2013 mit Alva Noto, einem Pionier der elektronischen Musikszene. Damals hatte Siegal die Produktion „Unitxt“ mit dem Bayerischen Staatsballett uraufgeführt. Ebenjenes Stück wird neben der Produktion „Oval“, die 2019 für das Staatsballett Berlin kreiert wurde, bei Siegals Eröffnungsproduktion zu sehen sein. Ergänzt wird die Trilogie um eine neue Choreografie von Siegal, die dann in Nürnberg uraufgeführt wird. Die Musik dazu stammt wieder von Alva Noto, die für die Produktion im Vorfeld aufgenommen wird und dann vom Band kommt. Zukünftig sollen auch Produktionen mit der Staatsphilharmonie Nürnberg als Liveorchester folgen.
Spannend findet Siegal dabei auch, zu sehen, wie sich die Musik Notos im Lauf der Jahre verändert hat. „So können wir“, betont der Ballettchef, „unserem Nürnberger Publikum eine Vorstellung der bisherigen Arbeit vermitteln.“ Das sei wichtig, um die Menschen einzuladen und in das neue Ballettprogramm mitzunehmen. Wichtig, ergänzt er, sei das auch im Hinblick auf den bevorstehenden Umzug in die Ersatzspielstätte in der Kongresshalle. Ideen für diesen Start in der temporären Spielstätte hat Siegal bereits. Allerdings seien die noch nicht endgültig durchgeplant. Auf alle Fälle möchte er diesen historischen, nicht unbelasteten Ort, durchaus kritisch mit künstlerischen und positiven Impulsen neu definieren.
Mit der Trilogie, innerhalb derer auch die schon vorliegenden beiden Choreografien neue Facetten erahnen lassen werden, möchte Siegel jeweils einen Blick zurück, aber auch auf die zukünftige Arbeit werfen, die Visionen seiner künstlerisch tänzerischen Auseinandersetzung mit zeitgemäßen Themen zeigen, aber auch, wie sich die Arbeit seither gewandelt hat. Die Uraufführung der ganz neu für Nürnberg geschaffenen Choreografie möchte, so Siegal, seine Vision einer Verschmelzung von Ballett und Technologie, mit der Musik von Noto sowie dem Lichtdesign von Matthias Singer in einer raffinierten und eindrucksvollen Form auf der Bühne spiegeln. Er selbst, blickt er zurück, habe erst relativ spät zum Tanzen gefunden. Dort, wo er als Kind aufgewachsen war, sei das für einen Jungen undenkbar gewesen. Seinen Stil bezeichnet Siegal selbst als neo-classical.
Siegals künstlerische Handschrift
Körpersprache im Allgemeinen, vor allem aber auch die tänzerische Ausdruckskraft, sind für Siegal eine sehr direkte Art, mit den Menschen zu kommunizieren, auch unter Einbeziehung kultureller und ästhetischer Unterschiede. Der Kontakt zum Publikum sei ihm dabei ebenfalls sehr wichtig. Viele Menschen, bedauert er, hätten vergessen, wie Körpersprache geht. Es sei ihm, wie auch seiner Kollegschaft, ein großes Anliegen, dem Publikum Tanz als wortlose Kommunikation wieder näherzubringen. Das Nürnberger Publikum habe bereits viel Erfahrung mit Ballett und Tanz. Mit der zeitgenössischen und modernen Ballettgestaltung möchte der Ballettdirektor auch junges Publikum ansprechen. Einige Projekte sind im Lauf der Spielzeit dazu auch geplant.
Weitere Information zur Premiere von „Noise Signal Silence“ sowie dem neuen Ballettchef gibt es unter www.staatstheater-nuernberg.de.