Ausstellungen

„Die Realität ist das Fantastische“

Herbert Zangs & Hubert Berke in der Kunsthalle Schweinfurt

veröffentlicht am 19.11.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Hubert Berke, Drehbare Rosalinde mit Innenleben, 1970

Hubert Berke, Drehbare Rosalinde mit Innenleben, 1970, Foto © Erbengemeinschaft Hubert Berke

Mit „Die Realität ist das Fantastische“ setzt die Kunsthalle Schweinfurt ab dem 31. Oktober 2025 ihren Fokus auf informelle Nachkriegskunst fort – und rückt zwei Künstler in den Mittelpunkt, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch auf faszinierende Weise miteinander korrespondieren: Herbert Zangs, der radikale Neuerfinder des Bildes, und Hubert Berke, der poetische Konstrukteur der Objekte.

Zangs (1924–2003) gilt als einer der konsequentesten, dabei lange unterschätzten, Avantgardisten der deutschen Nachkriegsmoderne. Bereits in den 1950er-Jahren entwickelte er mit „Verweißungen“, „Faltungen“, „Scheibenwischerbildern“ oder seinen legendären „Anti-Büchern“ eine Bildsprache, die den klassischen Tafelbildbegriff sprengte. Fundstücke, Alltagsobjekte und industrielle Materialien wurden zu Trägern abstrakter Konzepte – nicht reduziert um der Reduktion willen, sondern als Mittel kompromissloser visueller Analyse. Obwohl er der ZERO-Gruppe nahestand, fühlte sich Zangs den französischen „Nouveaux Réalistes“ näher. In seiner Experimentierfreude, seinem Ungehorsam gegenüber ästhetischen Konventionen wurde Zangs zum Pionier – und Wegbereiter späterer Konzeptkunst.

Im Dialog dazu stehen objekthafte Arbeiten von Hubert Berke (1908–1979), der mit seinen Assemblagen und Skulpturen eine gänzlich andere Tonlage anschlägt. Aus Werkzeugresten, Schrott-Teilen und Fundobjekten komponierte er humorvolle, oft groteske Wesen – Mischwesen aus Mythos, Märchen und Mechanik. Wo Zangs das Denken in Strukturen und Konzeptionen auslotet, öffnet Berke Räume für Assoziation, Spiel und Verwandlung. Seine „Göttinnen“, „Gespenster“ und tierähnlichen Figuren erzählen von einer informellen Kunst, die sich nicht in gestischer Malerei erschöpft, sondern den Raum selbst zu ihrem Medium macht.

Die Ausstellung – eine Kooperation mit dem Nachlass Herbert Zangs, der Galerie Maulberger München und dem Emil Schumacher Museum – bringt diese beiden künstlerischen Positionen in einen lebendigen Austausch. Es ist ein Gespräch über Material und Geist, über Reduktion und Überschuss, Ernst und Ironie – und über die große Frage, wie sich Wirklichkeit mit künstlerischen Mitteln neu erzählen lässt.

Ein reich bebilderter Katalog mit Texten von Emmy de Martelaere und Carolin Weber begleitet die Ausstellung. Die Eröffnung findet am 30. Oktober 2025 um 19 Uhr in der Kunsthalle Schweinfurt statt. Zu sehen ist die Ausstellung bis 8. Februar 2026. Weitere Informationen findet man unter www.kunsthalle-schweinfurt.de.

Schlagworte:

Ähnliche Artikel: