Ausstellungen

„So viel Silber im Grau“

Kunst aus der DDR in der Kunstsammlung Jena

veröffentlicht am 15.10.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Horst Sakulowski, Porträt nach Dienst, 1976, Öl auf Hartfaser

Horst Sakulowski, Porträt nach Dienst, 1976, Öl auf Hartfaser, Foto © Kunstsammlung Jena

Es sind nicht immer die lautesten Werke, die lange nachhallen. Die Kunstsammlung Jena widmet sich erstmals und noch bis 16. November 2025 mit einer großen Ausstellung ihren umfangreichen Beständen an Kunst aus der DDR – eine stille Hommage an die leisen, aber eindringlichen Stimmen ostdeutscher Kunst. Unter dem Titel „So viel Silber im Grau“ versammelt die Schau Werke von 134 Künstlerinnen und Künstlern: Malerei, Zeichnung, Grafik und Plastik – vieles davon zum ersten Mal öffentlich zu sehen.

Die Geschichte der Jenaer Sammlung ist selbst ein Spiegel der Brüche: entstanden aus dem Nachlass des ehemaligen Kunstvereins, gezeichnet von der nationalsozialistischen Kulturpolitik, beschädigt durch den Krieg, über Jahrzehnte ohne eigene Räume, aber dennoch mit klarem Blick kuratiert – vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren. Gerade in dieser Zeit, als der offizielle Kulturbetrieb der DDR von ideologischer Enge geprägt war, gelang der Kunstsammlung eine beeindruckende Profilschärfung: Fokus auf Mitteldeutschland, auf Grafik, auf das poetisch Subtile, das vieldeutig Andeutende.

Diese Ausstellung zeigt: Die Kunst der DDR war nicht nur Auftragsmalerei oder Propagandabild. Sie war auch Widerstand, Flucht, Reflexion – manchmal vordergründig, häufiger aber verborgen in Zeichen und Symbolen. Besonders in der Druckgrafik entstanden Werke von zeitloser Tiefe und formaler Radikalität. Namen wie Alfred Traugott Mörstedt, Barbara Lechner oder Gerhard Altenbourg stehen dafür. Auch große Namen wie Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Willi Sitte oder Bernhard Heisig sind vertreten – oft mit weniger bekannten Blättern, die neue Lesarten ermöglichen.

Wertvoll sind auch die Werke, die im Schatten entstanden: etwa von Emma Hübner, Lothar Zitzmann, Kurt Hanf, Gil Schlesinger oder Gerd Wandrer. Ihre Werke dokumentieren ein Dasein jenseits des offiziellen Kulturbetriebs – und geben Einblick in eine kreative Parallelwelt voller Nuancen.

Ein besonderer Sammlungsteil stammt aus dem Nachlass von Christel und Hartwig Prange, die mit ihrer „Kleinen Galerie“ in Jena in den 1980er-Jahren einen offenen Ort schufen. Ihre Sammlung – mit Arbeiten von Dieter Goltzsche, Charlotte E. Pauly, Max Uhlig und anderen – steht für Neugier, Mut und feinen Geschmack in schwierigen Zeiten.

Die DDR-Kunst macht rund dreißig Prozent der Jenaer Sammlung aus. Diese Ausstellung ist der erste Versuch, den Bestand systematisch zu zeigen – ohne Pathos, aber mit großer Wertschätzung. Sie zeigt, wie überraschend vielfältig diese Kunst war: introspektiv und expressiv, kritisch und poetisch, still und laut. So viel Silber im Grau ist eine Einladung, genauer hinzusehen – auf Kunst, die eine Vergangenheit spiegelt und in der Gegenwart spricht.

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Interessierte unter www.kunstsammlung-jena.de.

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