Im Erlebten verstummt
Petra Schönwald inszeniert Wajdi Mouawads Theaterstück „Verbrennungen“ am Theater Hof
veröffentlicht am 13.12.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Elke Walter
Nawal hat seit vielen Jahren nicht mehr gesprochen, jetzt ist sie gestorben. Hier setzt der libanesisch-kanadische Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur Wajdi Mouawad mit seiner Geschichte ein. Aufgrund des Bürgerkriegs hatte Mouawad selbst als Zehnjähriger mit seinen Eltern seine Heimat Libanon verlassen müssen. Im kanadischen Exil wurde er Schauspieler und Autor. Heute lebt und arbeitet er in Frankreich. „Verbrennungen“, Originaltitel „Incendies“, war sein erstes Stück, das von Uli Menke ins Deutsche übersetzt wurde. Ein Drama über die Suche nach der Wahrheit, aber auch ein Blick auf die Verstrickung in eine von Bürgerkrieg und sinnloser Gewalt geprägte Vergangenheit der Familie, die durchaus auch eigene Bürgerkriegserfahrungen des Autors erahnen lassen. „Verbrennungen“, schwärmt Regisseurin Petra Schönwald, „kommt mit der Wucht eines antiken Stoffs daher.“ Sie inszeniert die, wie sie betont, dicht und phantastisch geschriebene, sehr tiefgehende Geschichte für das Theater Hof. Premiere ist am 20. Dezember 2025.
Mouawad lenkt den Blick auf ein Problem, das alle Geflüchteten umtreibt: Wie geht man mit der eigenen Vergangenheit um, wenn man anderswo ganz neu anfangen muss. Soll man etwas erzählen? Wenn ja, was und wie viel? Oder wäre es besser zu schweigen, um vielleicht auch das eigene Leid ausblenden zu können? Egal, ob Opfer oder Täter, alle seien gleichermaßen betroffen. Schönwald sieht das Schweigen als das eigentliche Problem, Traumata würden so weitervererbt werden und auch nachkommende Generationen belasten. Angesichts der vielen Krisen in der Welt, aber auch mit Blick auf die jüngere deutsche Geschichte, findet sie, sei die Vorlage sehr aktuell.
Notar Hermile Lebel übergibt Nawals Kindern, Jeanne und Simon, ein, wie sich im Lauf der Geschichte herausstellen sollte, brisantes Testament mit zwei Briefen. Der eine ist an den totgeglaubten Vater, der andere an einen ihnen unbekannten Bruder gerichtet. Das Testament verlangt von den Zwillingen, beide Männer zu finden und ihnen die Briefe zu übergeben. Die vielen Fragen der Kinder an die, nach der Flucht aus dem Libanon verstummte Mutter, so die Hoffnung, würden dann beantwortet werden. Mit großem Widerwillen machen sich die Kinder der Verstorbenen auf den Weg in die Heimat ihrer Mutter, begeben sich parallel auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln, quasi zurück in die kollektive Tragödie ihrer Vorfahren. Eine Reise, die viele überraschende und bestürzende Wendungen preisgeben wird.
„Verbrennungen“ feiert am 20. Dezember 2025 Premiere am Theater Hof. Weitere Informationen zum Stück findet man unter www.theater-hof.de.