Ausstellungen

Zwischen Kunst und Kaugummi

Lena Schramm im Museum im Kulturspeicher Würzburg

veröffentlicht am 14.12.2025 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Lena Schramm. Doppelte Verneinung, 2024, 150 x 125 cm, Öl und Hartweizen auf Leinwand

Lena Schramm. Doppelte Verneinung, 2024, 150 x 125 cm, Öl und Hartweizen auf Leinwand, Foto © Lena Schramm & VG Bild Kunst Bonn 2025, Courtesy: Galerie Kai Erdmann, Foto: Kai Erdmann

Mit der Ausstellung „Fröhliche Freizeit und gute Laune durch Freude am Selbermachen“ widmet das Museum im Kulturspeicher Würzburg (MiK) der 1983 geborenen Künstlerin Lena Schramm noch bis 25. Januar 2026 ihre erste museale Einzelausstellung. Humorvoll, grell und gleichzeitig messerscharf beobachtend, untersucht Schramm das Verhältnis von Alltagskultur, Konsum und Selbstverwirklichung – irgendwo zwischen Kunst, Werbung und Kaugummiästhetik.

Im Zentrum der Schau steht der spielerische Umgang mit Symbolen des Alltäglichen. Schramm überführt Bildwelten aus vermeintlich banalen Bereichen – von Kaugummi-Abziehbildern und Ecstasy-Logos bis hin zu Spülkästen und Weinflaschen – in malerische und skulpturale Formate. Damit verwandelt sie die Welt des Konsums in ein ironisches, manchmal bitterböses Spiegelbild gesellschaftlicher Sehnsüchte.

Raum 1 der Ausstellung ist ganz der Weinkultur gewidmet. Speziell für Würzburg entstanden hier neue Werke, die den regionalen Kontext mit einem Augenzwinkern reflektieren. Die Skulptur „Unreife“, eine überdimensionale abgenagte Traubenrispe, spielt mit dem Wunsch nach ewiger Jugend. Ein Motorroller, zum Zyklopin umfunktioniert, wird zur mobilen Weinbar mit Video-Performance. Und ironische Objekte wie ein umgebauter Spülkasten auf Kniehöhe oder farbintensive Malereien von Weinlachen und Dreckspuren nach dem Fest zeigen, wie eng Genuss und Kontrollverlust miteinander verbunden sind.

Raum 2 erweitert den Blick auf Schramms künstlerisches Universum: Ihre Serie „Ecstasy“ thematisiert die Kommerzialisierung selbst des Rauschs – jede Pille trägt ein Logo. In der Installation Schwemme werden vermeintlich wertlose Überreste, die sonst im Müll landen würden, in Kunst verwandelt. Werke wie „Hubbabubba“ übersetzen Werbeästhetik und Geschmack in Malerei, in der die Ölfarbe so klebrig erscheint wie die Kaugummimasse selbst.

Auf den ersten Blick heiter oder niedlich, doch hinter der bonbonfarbenen Oberfläche lauert beißende Kritik. Da verwandelt sich der farbenfrohe Vulkanausbruch im Bild „Doppelte Verneinung“ bei näherem Hinsehen in einen atomaren Feuerball. Eine Verbindung von Pop und Politik, Leichtigkeit und Abgrund. Kunst als eine süß verpackte Dystopie.

Die Ausstellung „Fröhliche Freizeit und gute Laune durch Freude am Selbermachen“ ist noch bis 25. Januar 2026 im Museum im Kulturspeicher Würzburg zu sehen. Mehr Informationen findet man unter www.kulturspeicher.de.

Tipp der Redaktion

Meeting Point Paris – Neupräsentation der Sammlung Peter C. Ruppert

Ab dem 13. Dezember 2025 zeigt das Museum im Kulturspeicher Würzburg unter dem Titel „Meeting Point Paris“ den ersten Teil einer Neupräsentation der Sammlung Peter C. Ruppert – Konkrete Kunst in Europa nach 1945. Seit 2002 als Dauerleihgabe im Museum, zählt sie zu den bedeutendsten Sammlungen Konkreter Kunst in Europa.

Im Mittelpunkt steht diesmal das Netzwerk der Künstlerinnen und Künstler, die nach den Erfahrungen von Krieg, Flucht und Exil eine universale, auf geometrischen Formen beruhende Sprache der Kunst entwickelten – als Gegenentwurf zu Nationalismus und Ideologie. Die Ausstellung präsentiert 418 Werke aus 23 europäischen Ländern, darunter zahlreiche Neuzugänge aus Mittel- und Osteuropa, etwa von Tamas Henczse, János Megyik, Wieslaw Luczay oder Milan Dobeš.

Unter dem Motto „Rendezvous der Länder“ treten verschiedene nationale Spielarten der Konkreten Kunst in Dialog. In der Schweizer Sektion kommt es zu einer „Familienzusammenführung“: Großvater Max Bill, Vater Jakob Bill und Sohn David Bill sind erstmals nebeneinander zu sehen.

Die Sammlung zeigt, wie sich aus Bauhaus und Konstruktivismus eine eigenständige europäische Bewegung entwickelte, die bis heute fasziniert – eine Kunst, die Mathematik, Farbe, Licht und Form zu einem klaren, poetischen System verbindet.

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