Alice Phoebe Lou – „Oblivion“
Ein Album von bemerkenswerter Reife und Klarheit
veröffentlicht am 11.12.2025 | Lesezeit: ca. 2 Min. | von Oliver Will
Mit „Oblivion“ präsentiert die südafrikanische, viele Jahre in Berlin lebende, junge Sängerin Alice Phoebe Lou ein Album von bemerkenswerter Reife und Klarheit. Im Vergleich zu ihrem Vorgänger wirkt die Musik ruhiger, kontemplativer – mit mehr Stille zwischen den Tönen und mehr Raum für Atmosphäre. Aufgenommen hat sie über einige Jahre hinweg gesammelte Auswahl von Songs, die sie nicht in ihrem Bandgefüge sah und die sie nun – ganz back to the roots – solo performt und einspielt.
Diese neue Bedachtsamkeit setzt sie unter die Lupe und macht die Strahlkraft und Qualität ihres Schaffens sichtbar wie lange nicht. Ihre Kompositionen bleiben von jener brillanten Eigenwilligkeit durchzogen, die sie seit jeher auszeichnet. Die reduzierten Arrangements sorgen für eine einmalige Balance.
Lou arrangiert ihre Songs mit feinem Gespür für komplexe Harmonien, die sich organisch entfalten und in sanft leuchtenden Melodien auflösen. Jeder Akkord scheint bewusst gesetzt, jeder Klang trägt Bedeutung. Dabei entstehen Songs, die zugleich fragil und kraftvoll klingen, voller Leichtigkeit und doch tief verwurzelt in emotionaler Wahrheit. Ihr Gesang – hell, klar und von einer fast schwebenden Intimität – führt durch diese Klanglandschaften mit einer Selbstverständlichkeit, die nur aus echter musikalischer Intuition erwachsen kann.
In „Oblivion“ geht es weniger um große Gesten als um feine Nuancen. Lou scheint sich von allem Überflüssigen befreit zu haben; was bleibt, sind Essenz und Stabilität. Das Album atmet, fließt, schimmert – es trägt dieses schwer zu fassende, kosmisch schöne Gefühl in sich, das bei ihr immer mitschwingt. Es ist bezaubernde, clever vertonte Poesie.
Wo ihr früheres Werk oft von jugendlicher Wildheit durchzogen war, dominiert nun eine Gelassenheit, die aus künstlerischer Gewissheit spricht. „Oblivion“ ist kein Rückzug, sondern eine Verfeinerung – eine Einladung, tiefer zu hören, länger zu verweilen. Ein still funkelndes Meisterwerk einer Musikerin, die mit jedem Ton beweist, dass Reife nicht Lautstärke bedeutet, sondern Klarheit, die Besinnung auf das Wesentliche.