Stimmwunder trifft auf Stilikone
Bobby McFerrin und Chick Corea zusammen in der Meistersingerhalle
veröffentlicht am 22.06.2015 | Lesezeit: ca. 4 Min.
Was für eine explosive Combo! Alle Jazz- und Musikfreunde der Region sollten sich den 21. Juni ganz dick in ihrem Kalender vormerken. Es ist der Tag, an dem Sänger Bobby McFerrin und Pianist Chick Corea gemeinsam in der Nürnberger Meistersingerhalle auftreten.
Beide für sich sind musikalisch ein Klangerlebnis der Extraklasse. Zusammen, das sei vorab gerne verraten, bilden die beiden brillianten Virtuosen ein Duo, das seinesgleichen sucht. Während Chick Corea in Jazz-Kreisen längst Kultstatus genießt und auf Augenhöhe mit Herbie Hancock und Keith Jarrett unterwegs ist, seit Jahrzehnten schon in einem Atemzug mit den beiden genannt wird, hat Bobby McFerrin einst sogar den Sprung in den Mainstream geschafft. Wer erinnert sich nicht ungerne an die musikalischen 80er-Jahre. Ein Jahrzehnt mit schier unglaublich schlechten musikalischen Trends - von den klamottentechnischen Abartigkeiten wollen wir an dieser Stelle gar nicht schreiben. Und dann kam er. Bobby McFerrin. 38 Jahre alt. Sohn eines Opernsängers und einer Sopranistin. Aufgewachsen in New York. Und schon früh hatte er sich der Musik verschrieben. Lange dauerte es nicht, bis er auf eine Begegnung mit Komiker Bill Cosby hin, den Sprung schaffte und erste Erfolge einheimsen konnte. In Zeiten des kalten Krieges mit düsteren Zukunftsvisionen und mitunter auch sehr melancholischer Musik trat er 1988 in die Fußstapfen Bob Marleys und jagte einen Gute-Laune-Gassenhauer der Extraklasse auf den Markt. „Don‘t worry, be happy“ elektrisierte die Menschheit weltweit und avancierte zum absoluten Welthit. Zehn Millionen Mal verkaufte sich das Album Simple Pleasures, vier Grammys waren der verdiente Lohn. Und die Singleauskopplung wurde zur ersten Acapella-Nummer, die es in den Billboard-Charts auf Platz eins schaffte - und auch weltweit nahezu übergreifend zumindest an Platz eins der Singlecharts schnupperte. Mit seinen grandiosen Wechseln von Brust- und Falsettstimme in atemberaubendem Tempo eroberte er den Weltmarkt binnen weniger Wochen - McFerrin war mittendrin, statt nur dabei.
Noch heute profitierte der inzwischen 65jährige vom Ruhm dieser Single-Auskopplung. Er beweist aber regelmäßig auf den Bühnen, dass es teuflisch wäre, ihn auf seinen einzigen Hit zu reduzieren. Der begnadete Jazz-Virtuose verlagerte sich schon früh auf die Produktion von anderen Musikern. Immer wieder erfolgsgekrönt. Einer seiner erfolgreichsten Mitstreiter: Chick Corea. Der inzwischen mit 15 Grammys ausgezeichnete Pianist griff gerne auf die Dienste McFerrins, der zwischen U- und E-Musik längst keinen Unterschied mehr machte, zurück. 1992 spielten die beiden gemeinsam den Longplayer „Play“ ein - seither sind sie enger denn je miteinander verbandelt. Ein Jahr später brachte es das Duo sogar zu Filmehren. Bobby McFerrin & Chick Corea – We play zeigt die zwei in der Vorbereitung auf ein Konzert in der Schweiz. Der Film schaffte es in mehreren deutschen Fernsehstationen zu besten Sendezeiten, über den Äther zu flimmern. Man konnte sich ein Bild machen vom Zusammenspiel der zwei Alphatiere. Und man konnte sich auch davon überzeugen, weshalb McFerrin und Corea bis heute zu gerne gebuchten Headlinern der Jazz-Festivals von Montreux bis hin nach New York gehören - weil es nur die wenigsten Emporkömmlinge schaffen, dem eingespielten Duo auch nur in Ansätzen den Rang abzulaufen. Kein Wunder. Der heute 73jährige Chick Corea galt und gilt als einer der stilprägendsten Jazzer weltweit. Immer wieder öffnete er neuen Kombinationen die Türe und machte sie mainstreamkompatibel - blieb dabei seinen Wurzeln bei aller Experimentierfreude über die Jahre immer treu. Alle Ursprünge gehen auf den Jazz-Pianisten zurück, der zwischen Funk, Soul, Latin, Folklore und traditionellem Jazz parliert, wie kaum ein zweiter und dabei auch den Spagat zwischen Bandleading und intimer gehaltenen Duetten schier grandios zelebriert. Wenn dann mit Stimmwunder Bobby McFerrin, er ist mit seinem Klangkörper Stimme quasi in der Lage, ein ganzes Orchester zu imitieren, auf Chick Corea trifft: Dann ist ein großartiger Abend fast schon garantiert. Einer voller Klangerlebnisse, Überraschungen und vor allem bester Stimmung.
Copyright Fotos:
Bobby McFerrin © Carol Friedmann
Chick Corea © Dick Zimmermann