Szene

Till Brönner, Nils Landgren & Co.

Jazz am Dechsendorfer Weiher

veröffentlicht am 22.06.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.

Aller guten Dinge sind zwei, sollte man meinen. Zumindest, wenn man „Jazz am See“ (also am Dechsendorfer Weiher) in den Blick nimmt. Die für den vergangenen Sommer angekündigte Premiere fiel ins Wasser, ist aber jetzt für den 26. Juli 2015 in trockenen Tüchern. Aufgrund schwerer Unwetter, die letzten Juli über Erlangen wüteten, musste die geplante Erstauflage des internationalen Jazz-Openairs abgesagt werden.

„Die Sicherheit unserer Gäste hatte absoluten Vorrang, deshalb wollten wir auch gar nicht anders handeln“, sagt Jan Dinger, geschäftsführender Vorstand des Vereins „Klassikkultur“. „Das Glück im Unglück: Wir konnten auf diese Weise das Worst-Case-Szenario durchspielen. Mit Erfolg: Innerhalb von nur wenigen Tagen konnten wir dank unserer Versicherung fast alle verkauften Tickets zu einhundert Prozent zurückerstatten.“

Dergleichen ist für 2015 nicht zu befürchten. Die Macher von „Klassikkultur“ konnten Till Brönner, Torsten Goods und Nils Landgren auch für einen Ausweichtermin (Montag, den 27. Juli, 20 Uhr) verpflichten, sollte das Wetter abermals nicht mitspielen. Gespielt wird also auf jeden Fall, und zu hören ist auf jeden Fall hochkarätiger Jazz. Das steht bei diesen Namen außer Zweifel. Das Warten hat sich mithin gelohnt. „Wir freuen uns sehr darauf, dass wir im zweiten Anlauf nun alle Voraussetzungen schaffen konnten, um mit diesem Jazzabend der besonderen Klasse im kommenden Sommer eine gelungene Premiere feiern zu können“, sagt Jan Dinger.

„Jazz am See“ kann mit führenden Musikern der europäischen Jazzszene auftrumpfen. Am letzten Julisonntag werden Torsten Goods (Gitarre, Gesang), der Trompeter und Flügelhornist (und Sänger) Till Brönner sowie der schwedische Mann mit der roten Posaune, Nils Landgren (auch er vermag, im Übrigen ganz wunderbar, zu singen, beispielsweise à deux mit Viktoria Tolstoy) am Dechsendorfer Weiher zu erleben sein. Das neue Format eines internationalen Jazz-Openair-Festivals für die Metropolregion Nürnberg ist das Pendant zur länger schon etablierten, vom gleichen Veranstalter verantworteten „Klassik am See“, die seit 2003 durchgeführt wird.

Jan Dinger freut sich insbesondere darüber, dass man mit dem aus Düsseldorf gebürtigen Torsten Goods eine in der Region verwurzelte, junge Koryphäe des Jazz als künstlerischen Berater hat gewinnen können, denn der Sohn einer irischen Mutter und eines deutschen Vaters ist in Erlangen großgeworden. Der gemeinnützige Verein „Klassikkultur“ hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Kunst und Kultur in und um Erlangen herum voranzubringen.

„Jazz am See“ soll von 2015 an Jahr um Jahr auf der Bühne am Ostufer des Dechsendorfer Weihers stattfinden. Es ist das erste Mal überhaupt, dass Goods, Landgren und Brönner einen gemeinsamen Abend gestalten und neben solistischen Einlagen auch im Trio musizieren werden. Nils Landgren, 1956 im schwedischen Värmland geboren, trägt aufgrund seiner knallroten Posaune den Spitznamen Mr. Red Horn. Nach dem Studium der klassischen Posaune hat er sich dann doch dem Jazz verschrieben. Landgren arbeitete mit Thad Jones zusammen, mit Herbie Hancock und, man ist geneigt zu sagen: naturgemäß, mit ABBA.

Mit der 1992 ins Leben gerufenen Funk Unit ist es Landgren gelungen, breite Publikumsschichten für den Jazz einzunehmen. Als Professor für Jazzposaune kümmert er sich an der Musikhochschule Hamburg um den Nachwuchs. Zudem hat das Arbeitstier seit 2012 die künstlerische Leitung der JazzBaltica inne. Landgrens jüngstes, beim Münchner Label ACT erschienenes Album heißt abermals „Christmas With My Friends“. Auch die inzwischen vierte Folge des treuen „Christmas“-Begleiters bringt eine an Abwechslung nicht arme Auswahl internationaler, schwedischer, traditioneller und moderner Weihnachtlieder sowie stimmungsvoller populärer Songs.

Till Brönner, Jahrgang 1971, hat an der renommierten Jazzabteilung der Kölner Musikhochschule studiert und viel von Malte Burba, mit dem gemeinsam er inzwischen an der Dresdner Musikhochschule lehrt, und Bobby Shew gelernt. Er hat Produktionen mit so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie den No Angels und dem Bariton Thomas Quasthoff gemacht, für Hildegard Knef komponiert und in der RIAS Big Band gespielt. Brönner ist mehrfach mit dem Echo-Preis ausgezeichnet worden, Vater eines Sohnes und in Berlin-Charlottenburg zuhause.

Torsten Goods, 1980 in Düsseldorf als Torsten Gutknecht geboren und in Erlangen aufgewachsen, entdeckte über die Plattensammlung seiner irischen Mutter (Duke Ellington, Oscar Peterson) seine Liebe zum Jazz. Er besuchte Workshops bei John Scofield, nahm bei Bireli Lagrene in Strasbourg Unterricht und ließ sich von George Benson zum Singen bringen. Seine jüngste CD vom Juni letzten Jahres – „Love Comes to Town“ – ist ebenfalls bei ACT in München herausgekommen. Produziert hat sie Nils Landgren. Auf ihr finden sich prominente Gäste wie Till Brönner, der schwedische Saxophonist, Klarinettist und Flötist Magnus Lindgren und der Schlagzeuger Wolfgang Haffner. Letzterer ist übrigens, vor bald einem halben Jahrhundert, in Wunsiedel geboren. Wollny, Haffner, Goods: Da sage mal einer, die Franken hätten keine großen Jazzmusiker hervorgebracht.


Copyright Fotos:

Landgren, © Sebastian Schmidt

Torsten Goods, © T. Broenner

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