"Grasgrün" in Meiningen
Rebekka Bakken, Element of Crime und Mehr
veröffentlicht am 22.06.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.
„Grasgrün“ oder, wenn man der hauseigenen Schreibweise folgt, „GRASGRÜN“, nennt sich seit 2012 ein sommerliches Festival im südthüringischen Meiningen. Wie der Name bereits sagt, geht es darum, den Sommer – überwiegend – bei Freiluftveranstaltungen (vom 8. Juli bis zum 28. August) zu genießen. Der Auftakt aber findet drinnen statt: Im Großen Haus des Meininger Theaters. Unter Generalmusikdirektor Philippe Bach interpretiert die Meininger Hofkapelle die „Pastorale d’été“ des Schweizers Arthur Honegger. Zu dieser Tondichtung hat Honegger sich bei einem Sommerurlaub in den Bergen bei Bern im August 1920 inspirieren lassen. Weiters stehen „Les nuits d’été“ (nach Gedichten von Théophile Gautier; es singt Karolina Krogius, Mezzosopran) von Berlioz und Beethovens Sechste, die sogenannte „Pastorale“, auf dem Programm.
Ebenfalls im Großen Haus folgt anderntags das Musical „The Rocky Horror Show“, am 10. Juli „Der Bettelstudent“, am 11. Juli „La Traviata“. Zu einem Konzert mit geistlicher Chormusik (Poulenc, Nystedt, Homilius) lädt bei freiem Eintritt der Jugendchor Ostinato am 12. Juli in die Stadtkirche, während dort am 15. Juli der St. Mary‘s Choir aus Warwick gastiert. Am 16., 17., 18. Juli wird wiederum „The Rocky Horror Show“ geboten, doch geht es hernach unter dem Motto „Transsilvanische Nächte“ hinaus zu einer Party in den Englischen Park. Innerhalb des Meininger Orgelsommers ist das Vocalis Ensemble Dresden am 29. Juli in der Stadtkirche zu Gast.
Im Schlosshof von Elisabethenburg spielt am letzten Juliabend das legendäre Canadian Brass Ensemble auf, dessen Gründer, Tubist Chuck Daellenbach, noch immer mit dabei ist. Das bunte Programm reicht von Bach über Beethoven und Brahms bis hin zu den Beatles und George Gershwin. „Parkgeflüster“, das vierte Meininger Hörspielwochenende, verspricht anfangs August ein Sommervergnügen für die Seele, auch für die von Kindern. Familien sind zu einem kulturellen Picknick im Schlosspark eingeladen.
Mit ihrem Quartett (darunter der Pianist Mário Laginha) kommt Maria João am 15. August in den Hof von Schloss Elisabethenburg. Die überaus lebensfrohe portugiesische Sängerin bedient sich bei der lateinamerikanischen Musik und dem Modern Jazz ebenso wie bei der Folklore ihres Heimatlandes und der Avantgarde. So hält südländisches Flair in Meiningen Einzug. Eine Woche später sind dann Rebekka Bakken und ihre Band im Schlosshof – sollte es regnen, in der Schlosskirche – zu erleben.
Bakken, 1970 in Oslo geboren, brach mit 25 Jahren ihr Philosophiestudium ab und ging nach New York, um sich ihrer Gesangskarriere zu widmen. Bekannt wurde Bakken zunächst durch die Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Wolfgang Muthspiel („Daily Mirror“) und der Pianistin Julia Hülsmann, mit der zusammen sie Gedichte von E. E. Cummings interpretierte. Irgendwo zwischen Folk und Jazz changieren Bakkens Balladen, sinnliches Melos trifft auf stimmgewaltigen Gesang. Vocal Jazz, Singer-Songwriter-Poesie, das Große Amerikanische Liederbuch und skandinavische Melancholie finden zu einer einnehmenden Melange.
Auf dem Campus des Bildungszentrums der Thüringer Polizei lädt, ausgerechnet, Element of Crime an Goethes Geburtstag (also am 28. August) zum krönenden Abschluss der Sommerkultur. „Lieblingsfarben und Tiere“ nennt die Band um Sven Regener (der ja auch, und das eint ihn mit Goethe, mit Romanen hervorgetreten ist, etwa mit „Herr Lehmann“ von 2001) ihr aktuelles Programm und ihr neues Album, auf dem sich perfekt komponierte Lieder und wunderbare Balladen finden wie „Liebe ist kälter als der Tod“, „Am Morgen danach“ oder „Wenn der Wolf schläft müssen alle Schafe ruhen“.
Bereits am 16. August sind in der Stadtkirche der Geiger und Bratscher Christoph König, Maurice Maurer (Violine), Miroslav Nisic (Akkordeon) und Matthias Hacker (Kontrabass) zu Gast, die sich Uwaga! nennen. Die deutsch-serbische Formation macht sich auf einen irrwitzig-anarchischen Streifzug durch das klassische Repertoire mit Arrangements bekannter Werke von Bach, Mozart, Mahler, Edward Elgar. Der akustische Crossover in eigenwilligem Klanggewand ist angesiedelt irgendwo zwischen Klassik, Zigeunermusik und modernem Pop.
„(Klein-)Pariser Leben“ heißt das Operettchen, das die INSELbühne Leipzig am 8. August im Innenhof von Schloss Elisabethenburg spielt. Die Handlung der 1866 zur zweiten Pariser Weltausstellung uraufgeführten Operette „La Vie parisienne“ von Jacques Offenbach wird von dem Ensemble ins Leipzig der Jahrhundertwende verlegt. Die Stadt wurde um 1900 zur Metropole und die Leipziger Messe florierte wie nie zuvor. Auch nach Leipzig kommen Messegäste aus aller Welt und wollen sich amüsieren. Offenbachs frivoles Verkleidungsspiel auf Sächsisch wird versprochen, ohne zu sächseln (Regie: Volker Insel; musikalische Leitung: Michael und Maria Hinze).
Copyright Fotos:
Canadian Brass, © Bo Huang
MJoao III, © Carlos Ramos
Rebekka Bakken, Tine Axelsson