Mixtur

Domschatz Würzburg

Endlich am angemessenen Ort

veröffentlicht am 27.07.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.

Nach seinem Umzug in den Kiliansdom erfährt der Würzburger Domschatz eine vollkommen neue Präsentation.

Die Dauerausstellung des Würzburger Domschatzes befand sich bislang im Marmelsteiner Hof in der Plattnerstraße. Nach rund neunmonatiger Schließung und notwendigen Umbauarbeiten im Kiliansdom ist der Domschatz nunmehr in der Bischofskirche selbst zu besichtigen, also genau dort, wo er angesichts seiner vor allem liturgisch orientierten Preziosen auch hingehört. Seine Geschichte reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück, also bis in die Zeit der Gründung des Bistums durch Bonifatius (742). Aus den Jahren nach der Bistumsgründung sind im Schatzverzeichnis Textilien und Utensilien für den Gottesdienst sowie Reliquienbehälter erwähnt. Nach den gravierenden Verlusten durch die Bombenangriffe auf Würzburg im März 1945 können heute noch 182 Objekte aus der Geschichte des Domes und seiner Bischöfe präsentiert werden.

Aufgrund der Neueröffnung Ende Juni können die Besucher sich nun die in den Dom integrierte Ausstellung auf circa 170 qm ausgebreitet und in vier Themenbereiche gegliedert anschauen: Reliquien, Domkapitel, Bischöfe und der Dom als Ort der Liturgie. Ausgestellt sind Skulpturen, Reliquiare, Wappenkalender des Würzburger Domstifts, Kreuze, Bischofsinsignien und Herzogsschwerter aus der Zeit der Fürstbischöfe, Grabbeigaben der Bischofsgräber, liturgische Gegenstände, Goldschmiedearbeiten und Paramente. Darüber hinaus finden sich Teile der Domausstattung, welche nach dem Bombenangriff beschädigt geborgen wurden sowie Gemälde und Ausstattungsteile, welche den Wandel des Dominneren über die Jahrhunderte hinweg veranschaulichen.

Bei der Neukonzeption wurde Wert darauf gelegt, den Besuchern Hintergrundwissen zu vermitteln, da viele Menschen heute kaum mehr Informationen über die einzelnen Stücke und deren Verwendung hätten. Im Mittelpunkt der Präsentation stehen die Reliquien, denen deshalb auch gleich am Eingang ein großer Bereich gewidmet ist. Als Hintergrund sind die Gefäße abgebildet, in denen sie einst aufbewahrt wurden. Dass auch Bischöfe durchaus modebewusst sein können, zeigt ein Blick auf die ausgestellten Mitren ebenso wie auf die barocke Pracht der Messgewänder, die von sehr gut honorierten Spezialisten aus den jeweils aktuellen Modestoffen der Zeit gefertigt wurden.

Wer sich für mehr als nur die hier kurz erwähnten „Appetithappen“ interessiert, sollte nach Würzburg fahren, denn der Besuch lohnt sich unbedingt! Der Domschatz am neuen Standort im Kiliansdom ist in der Regel von Montag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen. Aufgrund von außerplanmäßigen Gottesdiensten kann es gelegentlich zu Schließungen kommen. Gruppenführungen sind nach Voranmeldung unter Telefon 0931-3866-5600 möglich. Der Eintritt kostet drei Euro, ermäßigt zwei Euro, die Verbundkarte für das Museum am Dom inklusive des Domschatzes 4,50 €.

Interview:

Dr. Wolfgang Schneider, Kurator des Würzburger Domschatz, im Gespräch mit Art. 5|III:

Herr Dr. Schneider, besitzt der Würzburger Domschatz heute noch eine ähnliche Bedeutung wie vor dem verheerenden Bombenangriff am 16. März 1945 und den daraus resultierenden Verlusten? Wie groß waren diese?

Wolfgang Schneider: Ein Domschatz spiegelt immer auch das Schicksal der Domkirche. Dieser grundsätzliche Zeugnischarakter des Domschatzes hat sich bewahrt. Die Objektverluste am 16. März 1945 waren natürlich außerordentlich groß. Von den im Kunstdenkmälerinventar der Stadt Würzburg 1915 für die Domsakristeien aufgeführten Monstranzen, Kelchen, Reliquienbehälternet et cetera wurden über 80 Prozent zerstört. Bei den textilen Objekten, den Ornaten und den Gobelins, waren die Verluste noch verheerender.

Was sind die herausragenden Artefakte des Domschatzes?

Wolfgang Schneider: Das sind sicher die beiden Löwenkopftürzieher, die um 1040 entstanden sein müssen. Es sind beeindruckende Kunstwerke, die zudem in alter Zeit bei der Einführung der neu gewählten Bischöfe eine sinnfällige Rolle spielten. Mit ihrer Hilfe wurde eine symbolische Vermählung des Bischofs mit der Kathedralkirche vollzogen.

Welchem Ausstellungsstück messen Sie persönlich den höchsten Stellenwert bei?

Wolfgang Schneider: Meine besondere Sympathie gilt der so genannten Kirchenvätermitra, die wohl für die Weihe des Bischofs Franz von Hatzfeld 1637 von einem Würzburger Seidensticker geschaffen wurde. Giovanni Battista Tiepolo hat sie auf einem Fresko in der Würzburger Residenz dargestellt.

Welchen Vorteil hat der Umzug aus dem alten Domizil im Marmelsteiner Hof in das Innere des Kiliansdomes, wie ließ er sich begründen?

Wolfgang Schneider: Der angestammte Platz für einen Domschatz ist nun einmal im Dom. Erst durch den Umzug ließ sich diese Einheit wieder herstellen und erfahrbar machen.

Hat die neue Präsentation nach verschiedenen Themenbereichen auch einen didaktischen Sinn, erleichtert sie den Besuchern den Zugang und das Verständnis?

Wolfgang Schneider: Die Objekte können ihre Geschichte den heutigen Menschen nur erzählen, wenn sie in Beziehung zueinander gesetzt werden. Zudem unterstützen den einzelnen Themen zugeordnete Bildzeugnisse dieses Anliegen.

Copyright Fotos:

Löwenkopf-Türzieher, wohl Mainz, um 1040, Bronze, © Ulrich Kneise, Eisenach

Kelch aus dem Grab des Bischofs, Berthold von Sternberg, (reg. 1274-1287), Würzburg, 1287, Silber, teilvergoldet

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