Szene

Der letzte Gentleman der Rockmusik

Bryan Ferry feiert seinen 70. Geburtstag in der Nürnberger Meistersingerhalle

veröffentlicht am 28.07.2015 | Lesezeit: ca. 4 Min.

Ein wahrer Leckerbissen erwartet die fränkischen Rockanhänger am 27. September. Bryan Ferry gastiert in der Nürnberger Meistersingerhalle. Was an sich ein musikalisches Stelldichein der besonderen Art ist, wird aufgrund eines Termins zu einem fast schon historischen Ereignis. Es wird das erste Bryan Ferry-Konzert sein, bei dem der gemütliche Altrocker 70 Jahre alt sein wird. Tags zuvor feiert der einstige Frontmann von Roxy Music seinen runden Geburtstag. Und man darf sich sicher sein, dass der Besuch in der Regnitz-Metropole eine Geburtstags-Nachfeier der besonderen Art wird. Schließlich gilt Ferry seit jeher als Lebemann und einer, der die Feste feiert, wie sie fallen - auch wenn ihm der Ruf des eher zurückhaltenden Privatmannes zuteil wird, den er auch empirisch pflegt.

Schon immer war er der etwas andere Typ im Rockzirkus. Der Meister des Glamrock zelebriert seinen Ruf nahezu. Seinen Ruf als „coolster Engländer der Welt“ kommt nicht von ungefähr. Den Titel „Commander of the british empire“ bekam er von der Queen höchstpersönlich verliehen - eine der höchsten Auszeichnungen, die jemandem im Königreich zuteil werden können. Und das steht nicht nur in Zusammenhang mit seinem immer wieder grandios anmutenden und weltmännischen Auftreten neben der Bühne. Auch auf dieser gilt der Sohn eines einfachen Arbeiters aus der Industriestadt Washington im Nordosten Englands seit nunmehr über 40 Jahren als eine der schillernden Persönlichkeiten.

Anfang der siebziger Jahre war der Kunststudent maßgeblich an der Gründung von Roxy Music beteiligt. Ein Meilenstein in der Rockgeschichte. Parallel zu Gary Glitter und T. Rex verkörperten Ferry und seine Combo den Beginn einer stilprägenden Ära. Glitzernd und opulent, mit Keyboard unterlegte Rockmusik und dazu auch gerne provokant in der Öffentlichkeit. Es war neu. Und es war gut. Besser: Es ist gut. Offiziell sind Roxy Music noch immer nicht getrennt, auch wenn die letzten Veröffentlichungen und Tourneen schon einige Jahre her sind. Inoffiziell macht Ferry das, was er am liebsten macht: Solo über den Erdball streifen. Immer wieder strandet er dabei auch in Deutschland, wo er spätestens seit seinem 85er-Album „boys and girls“, das auf Platz neun der Albumcharts landete, auch als Solokünstler einen exzellenten Ruf genießt. Interessanterweise war ihm der Megaerfolg in Deutschland nie vergönnt. Abgesehen von dem ein oder anderen Achtungserfolg fanden Ferry und seine Auskopplungen nie den Weg in die obersten Chartregionen. Dabei war Bryan Ferry für seine Musik immer anerkannt. Schließlich sorgte er weniger durch Skandale für Schlagzeilen als viel mehr durch sauber strukturierte, stimmlich vorzüglich intonierte Songs, die allesamt sowohl musikalisch, als zumeist auch virtuell sehenswert insziniert wurden.

Inzwischen wird er musikalisch ruhiger. Die angeschlagene Stimme Ferrys machte ihm zuletzt öfters Probleme. Dabei schont er sich bestmöglichst - schließlich will der androgyn anmutenden Engländer sein Image nicht durch Bühnen-Pleiten gefährden. Die sind ihm quasi fremd. Adrett gescheitelt zieht er seine Tourneen seit Jahren bemerkenswert durch - und immer wieder wird ihm dabei allerhöchstes Lob zuteil. Schließlich gilt er als ausgemachter Freund von Liveauftritten. Eine Liebe, die sich in der Gesamtheit seiner Bühnenshows wiederspiegelt. Immer wieder zieht es den Bald-Siebziger auf Tour, seine in den letzten zehn Jahren vier eingespielten Longplayer wollen auch live performed werden. Und so kommt, was die Welt vor einigen Jahren noch für nahezu unmöglich hielt. Am 27. September wird Bryan Ferry erstmals als Siebzigjähriger „Slave to love“ und Co. einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren. Man darf gespannt sein, wie die Geburtstagsfeier der etwas anderen Art und Weise vonstattengeht. Vermuten kann man es: Glitzernd, opulent und laut. Oder sollte es doch so typisch für den einstigen Roxy-Music-Frontmann sein? Dann wäre es: Glitzernd, opulent. Und ganz sanft mit Rockklängen aus 40 Jahren, die die Gehörgänge nur so umschmeicheln. Aus dem Munde eines echten Gentlemen der alten Schule.

Copyright Fotos: Bryan Ferry © Pressefotos

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