800 Jahre im musikalischen Zeitraffer
Die Musica Canterey begleitet das Jubiläum von St. Michael durch eine musikalische Zeitreise von der Gründung im hohen Mittelalter bis zur Säkularisation
veröffentlicht am 07.10.2015 | Lesezeit: ca. 4 Min.
„Sankt Michael – Erzengel und Patron“ lautet das Motto eines Festkonzertes, das am 4. Oktober in der Bamberger St. Otto-Kirche stattfinden wird, also jener prächtigen Jugendstilkirche am Rande des Gärtnerlandes, deren Patrozinium auf den Namen des bedeutenden Bamberger Bischofs hört. Dass der heilige Otto sein – zurzeit freilich unzugängliches – Grab in der Michaelskirche gefunden hat, ist bekannt und verdoppelt die Bezüge dieses ambitionierten Konzertes zum tausendjährigen Jubiläum. Die Grundidee dieses von der Musica Canterey Bamberg ausgedachten Programms ist es, Musik aus acht Jahrhunderten mit expliziten oder denkbaren Bezügen zum heiligen Michael zu präsentieren. Das beginnt naturgemäß mit einem Hymnus zum Fest des Erzengels, das wenige Tage zuvor, nämlich am 29. September, stattfindet. Dieser Termin bezieht sich auf die Weihe der römischen Michaelskirche an der Via Salaris.
Aus dem berühmten Codex Bamberg (frühes 14. Jahrhundert) erklingt eine dreistimmige Motette, während das 15. Jahrhundert mit einem Stück von Heinrich Finck (der vermutlich in Bamberg geboren wurde) vertreten ist. Auch Tomas Luis de Victoria hat an der Schwelle zum 16. Jahrhundert den Erzengel und Bezwinger des Satans besungen, während Giovanni Priuli mit einer Canzona für Streicher und Bläser bereits ins 17. Jahrhundert hineinlugt. Etwas später entstanden Matthias Weckmanns konzertierendes Werk „Es erhub sich ein Streit“ und die Instrumentalstücke des weiland Domkapellmeisters Georg Arnold. Ebenfalls Bamberger Provenienz und von Gerhard Weinzierl wiederentdeckt ist das Credo aus Joseph Umstatts „Missa St. Michaelis“, das seit seiner Uraufführung am fürstbischöflichen Hof wohl nie mehr zu hören war und nun erstmals wieder erklingt. Renommierte Vokalsolisten der Alte-Musik-Szene, Instrumentalsolisten des Barockorchesters l‘arpa festante und der Chor der Musica Canterey unter der Leitung von Norbert Köhler sind die Ausführenden.
Ein zweites Konzert wird am 21. November mit Fracassini, Platti & Co. die Virtuosen der Fürstbischöfe im Barockzeitalter vorstellen. Wenn die Benediktinerabtei St. Michael mit ihren Bauten durchaus in Konkurrenz zum repräsentativen Ehrgeiz der Bamberger Fürstbischöfe trat, musste sie gleichwohl die Dominanz auf dem Gebiet der Musik den Regierenden des Hochstifts überlassen. Italiener an die Spitze ihrer Hofmusik zu stellen, war das Bestreben nahezu aller Fürsten im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts. Mit Aloisio Fracassini und Giovanni Benedetto Platti gewannen die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg zwei Virtuosen, die ihren Dienstherren eine Musikpflege von internationalem Niveau garantieren konnten. Begabungen fanden sich indes auch im heimatlichen Raum. Mit Johann Graf und Johann Jakob Schnell kamen unter Lothar Franz von Schönborn zwei gebürtige Nürnberger an den Hof. Graf brillierte mit seinen Violinsonaten, während Schnell sein reiches Schaffen als „Bambergischer Hof- und Cammermusicus“ gänzlich in den Dienst des Hofes und der Region stellte. Die beiden Konzerte mit vielen lokalen Bezügen zu St. Michael und zur Bamberger Hofmusik dürften dem Jubiläum „1000 Jahre Kloster Michaelsberg“ einen glänzenden musikalischen Ausklang bescheren.
Musica Canterey, Foto © Musica Canterey