Klassiker

Lobgesang und Goldberg-Variationen

Konstantin Lifschitz bei den Würzburger Bachtagen

veröffentlicht am 07.10.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.

Dem Komponisten selbst galt die „Passio Domini nostri Jesu Christi secundum Evangelistam Matthaeum“, also die Matthäus-Passion für Solisten, Knabensoprane sowie zwei Vokal- und Instrumentalchöre, als sein wichtigstes Werk. Die 47. Würzburger Bachtage eröffnen am Samstag, den 21. November, in St. Johannis mit der großen (und großartigen), vermutlich am Karfreitag 1727 in der Leipziger Thomaskirche erstmals gegebenen, nach Bachs Tod vergessenen und erst 1829 von Felix Mendelssohn wiederaufgeführten Passion BWV 244. Es musizieren die Würzburger Domsingknaben, der Bachchor und das Bachorchester Würzburg sowie fünf Solisten (darunter der Tenor Tilman Lichdi, der die Partie des Evangelisten übernimmt). Die Gesamtleitung liegt letztmalig in den Händen von Christian Kabitz, der seit 1979 als deren Künstlerischer Leiter für die Würzburger Bachtage verantwortlich zeichnet. Heuer stehen sie unter dem Motto „Ende und Anfang“.

Den Festgottesdienst in der Johanniskirche hält anderntags von 10 Uhr an Pfarrer Reinhard Mavick aus Berlin. Eine der bekanntesten Bachkantaten wird zur Aufführung kommen: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Es musizieren wieder Kabitz und Co., die Soli übernehmen die Sopranistin Siri Karoline Thornhill, Kristina Busch (Alt), Lichdi und Samuel Hasselhorn (Bass). Am Nachmittag steht im Toskanasaal der Residenz ein Festakt an. Den Festvortrag wird Ulrich Konrad halten, der an der Julius-Maximilians-Universität den Lehrstuhl für Musik der europäischen Neuzeit bekleidet und sich vor allem in Sachen Mozart und Wagner hervorgetan hat. Die junge, aus einer deutsch-schwedischen Musikerfamilie stammende Mehrfachbegabung Ann-Helena Schlüter wird die „Kunst der Fuge“ spielen, und zwar am modernen Konzertflügel.

Ein zweites Mal wird die „Kunst der Fuge“ am 24. November in der Johanniskirche zu Gehör gebracht, nun in der Fassung für Streichquartett. Es hat sich das Vogler-Quartett angesagt, mithin Primarius Tim Vogler, Frank Reinecke (Violine), der Bratscher Stefan Fehlandt und Stephan Forck (Violoncello), das seit drei Dekaden weltweit Erfolge feiert, nota bene in konstanter Besetzung. Den Voglers gilt der in diesem Frühjahr bei Berenberg herausgekommene Band von Frank Schneider: „Eine Welt auf sechzehn Saiten. Gespräche mit dem Vogler-Quartett“. Tags drauf kommt wieder einmal Konstantin Lifschitz nach Würzburg. Er wird neben einer Auswahl an Toccaten und Fugen die Goldberg-Variationen interpretieren, die er 2014 bei Orfeo auch auf CD herausgebracht hat. Ein Klavierabend, den man sich keinesfalls entgehen lassen darf. Besser als Lifschitz spielt Bach heutzutage kaum jemand.

Die dem Markgrafen von Brandenburg-Schwedt dedizierten „Six Concerts Avec plusieurs Instruments”, wie „Jean Sebastian Bach“ sie im Original nannte, werden am 26. November in Auswahl erklingen. Es musizieren unter anderen der Erste Konzertmeister des BR-Symphonieorchesters, Florian Sonnleitner, und Jochen Müller-Brincke (Oboe). Der Würzburger Dekanatskantor Christian Heidecker wird an der renovierten und erweiterten Weigle/Rensch-Orgel in St. Stephan Choralvorspiele aus den Leipziger Chorälen sowie die vier großen Toccaten und Fugen von Johann Sebastian Bach interpretieren. Als Förderkonzert für junge Künstler erweist sich die Matinee am 28. November im Toskanasaal der Residenz. Es musizieren die Geigerin Anna Lee und die Pianistin Yumiko Urabe, nämlich die h-moll-Partita für Violine Solo sowie die E-Dur-Sonate für Violine und Klavier von Bach und die Sonate F-Dur in eben dieser Besetzung von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Lee, vor zwei Dekaden in Südkorea geboren, wurde mit gerade einmal sechs Jahren in die Vorschule der berühmten Juilliard School in Manhattan aufgenommen und hat bereits einige Preise gewonnen, so den Prinz von Hessen-Preis der renommierten Kronberg Academy und den Mania-und-Bernhard-Hahnloser-Violinpreis beim Verbier-Festival. 2011 debütierte Lee mit dem New York Philharmonic Orchestra. Inzwischen studiert sie bei Ana Chumachenco. Die Japanerin Yumiko Urabe lebt seit 1984 in München, an dessen Musikhochschule sie bei dem Gieseking- und Edwin-Fischer-Schüler Klaus Schilde ihr Meisterklassendiplom erwarb. Sie ist eine gefragte Kammermusikpartnerin und hat beispielsweise mit der Geigerin Veronika Eberle und dem Flötisten András Adorján konzertiert.

Zum Ausklang der Bachtage werden, unter der Leitung von Christian Kabitz, der Bachchor und das Bachorchester Würzburg das Weihnachtsoratorium aufführen, einmal auch in einer moderierten Version für Kinder (29. November, 14.30 Uhr, St. Johannis). Zum eigentlichen Finale geht es am letzten, späten Novembersonntagabend um 22.30 Uhr in die Augustinerkirche. Das junge Amsterdamer Ebonit-Saxophon-Quartett macht, in einer Bearbeitung, die Werkverzeichnisnummer 1080, mithin die „Kunst der Fuge“.

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Vogler Quartett, Foto © Christian Kern

Würzburger Bachchor, Foto © privat

Ebonit Saxophon Quartett, Foto © privat

Foto Christian Kabitz, © privat

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