Theater auf Touren in Bayreuth
Brecht, Shakespeare und „Die Päpstin“
veröffentlicht am 07.10.2015 | Lesezeit: ca. 3 Min.
Seit Ende Juni 2012 zählt der barocke Prachtbau des Markgräflichen Opernhauses zu Bayreuth zum Weltkulturerbe. Aufgrund umfangreicher Renovierungsarbeiten ist das Haus noch bis mindestens 2016 nicht bespielbar. Wenn nun dennoch für diesen Oktober und November die Reihe „Theater auf Touren“ Schauspiele sowie eine Opernaufführung ankündigt, so gilt es, auszuweichen. Mit dem Großen Haus der Stadthalle hat man eine Alternative für die Gastspiele gefunden. Und ehe wir es versäumen, wollen wir gleich noch sagen, dass den Aufführungen eine halbe Stunde vor Beginn, also um 19 Uhr, eine Einführung vorausgeht.
Am 6. Oktober steht Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ (Musik: Hanns Eisler) an, mit welchem die Berliner Kompagnie Shakespeare und Partner in die Wagner-Stadt kommt. Brechts 1943 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführtes Stück lässt sich als Parabel begreifen, die um die Frage kreist, inwieweit man in einer schlechten Welt ein guter Mensch sein kann. Brecht bedient sich beim Mythos (Philemon und Baucis), bei der Bibel (Sodom und Gomorra), und transponiert beide Vorlagen in die chinesische Provinz Sezuan. Die Berliner setzen den „Guten Menschen“ ganz neu in Szene. Sie spielen mit einem reinen Männer-Ensemble, so wie es am elisabethanischen Globe Theatre Usus war.
Das Theater an der Ruhr bringt am 13. Oktober Shakespeares „Was ihr wollt“ auf die Stadthallenbühne, das an grandiosen Charakteren reich ist. Erinnert sei nur an Viola, deren Name die Bedeutung der Musik in dieser munteren Verwechslungs-Komödie beschwört, und an den zu Recht so geheißenen Tobias von Rülps. Eine schöne, um ein halbes Jahr vorweggenommene Würdigung des großen Barden zu seinem im April anstehenden 400. Todestag. Von Illyrien, wo „Was ihr wollt“ spielt, zieht Theater auf Touren weiter an die Südküste Norwegens, denn dort ist die Handlung von Ibsens Schauspiel „Ein Volksfeind“ verortet. Die Kempf Theatergastspiele kommen am 20. Oktober mit einer Bearbeitung des Ibsen-Stoffs durch Rainer Erler nach Bayreuth. Wahrheit, Freiheit, der Un- und Schwachsinn einer korrupten, von Scheinheiligkeit geprägten Politik sind die Themen, die verhandelt werden: Willkommen im 21. Jahrhundert.
Die Einrichtung erfolgreicher Romane für die Bühne ist arg en vogue. Susanne Felicitas Wolf hat sich Donna W. Cross‘ „Die Päpstin“ vorgenommen, zu sehen am letzten Oktoberdonnerstag. Es spielt das Münchner Ensemble Theaterlust, und versprochen werden nichts weniger als Opulenz und filmische Dynamik. Für den 17. November hat sich das Landestheater Coburg angekündigt. Unter der Leitung von Roland Kluttig wird Bellinis „Norma“ gegeben, die Titelpartie singt Celeste Siciliano, und man darf gespannt sein, wie sie sich in der Cavatine „Casta Diva“, mit der einst die Callas brillierte, heute die Netrebko, schlägt.
Foto Sebastian Bischoff, Andreas Erfurth, Moritz Gaa, Kai Frederic Schrickel und Dierk Prawdzik, © Theater auf Touren