Glen Hansard
Irischer Singer-/Songwriter im Erlanger E-Werk
veröffentlicht am 26.11.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Glen Hansard ist der lebende Beweis, dass wahre Kunst möglich ist. Der Ire ging einen langen Weg, um dorthin zu gelangen, wo er nunmehr international gesehen wird: An der vordersten Front aufrichtiger Singer-/Songwriter mit Individualität, Signifikanz und ungebrochener Leidenschaft – wie man auch immer wieder an seinen atemberaubend intensiven, jegliche Genre-Grenzen sprengenden Liveshows sehen kann. Auf seiner im Oktober absolvierten Deutschland-Tour zu seinem aktuellen, zweiten Solo-Album „Didn't He Ramble“ verzauberte er legendäre Spielstätten wie den Berliner Admiralspalast, das Hamburger Docks oder das Kesselhaus in München mit weit über zweieinhalbstündigen Shows zwischen Folk, Rock, Soul, Jazz, Traditionals und intensivsten Momenten großer Intimität. Ausgedehnte Jamsessions mit seiner neunköpfigen Liveband – darunter auch Streicher und ein Bläsersatz – sowie kollektive Gesangsorgien mit dem gesamten Publikum ließen diese Shows zu unbestreitbaren Highlights des Konzertjahres 2015 reifen. Nun kündigte der Grammy-Gewinner drei weitere Deutschland-Konzerte für den kommenden Februar an; die Stationen sind Offenbach, Erlangen und Dresden.
„Vom allerersten Tag, an dem ich angefangen habe, Gitarre zu spielen, habe ich es niemals des Geldes wegen getan. Authentizität ist, das kann ich aufrichtig beteuern, der einzige Grund, warum ich überhaupt Musik mache. Ich könnte diese Behauptung sogar faktisch belegen anhand meiner Kontoauszüge: Mehr als vier Fünftel meiner bisherigen Karriere habe ich weitaus mehr an Zeit, Energie und Geld investiert, als ich zurückbekommen habe.“ Dies erzählt der 45-jährige Ire Glen Hansard mit seinem typischen nonchalanten Grinsen. Ein Grinsen, in dem man auch das abgeklärte Wissen um den weiten Weg erkennt, den man als aufrichtiger Künstler zu gehen hat. Sowie ein Grinsen, das die versammelte Filmwelt etwa auch 2008 auf den globalen TV-Bildschirmen erleben konnte, als er mit seiner damaligen Partnerin Markéta Irglóva den Oscar für die beste Filmmusik überreicht bekam – und anstatt der gewohnten Litanei an Danksagungen lediglich ins Mikro brüllte: „Make art! Make art!“. Verliehen wurde den beiden diese Trophäe für den Song „Falling Slowly“ aus dem kleinen Independent-Film „Once“. „Ich hätte wirklich niemals damit gerechnet, dass so ein kleiner Film, den wir innerhalb von drei Wochen fast ohne jedes Budget gedreht hatten, überhaupt in irgendeiner Kategorie gewinnen könnte. Immerhin haben wir damit bewiesen, dass man es selbst mit der kleinsten Kunst sehr weit bringen kann, wenn man es einfach mal macht, anstatt ständig über die Marktgesetze oder die Verkäuflichkeit eines Produktes nachzudenken“, sagt er.
Diese von ihm so bezeichnete „kleine“ Kunst ist letztlich eine sehr große, denn sobald Glen Hansard Songs schreibt oder auch nur zu singen beginnt, offenbart er seine uneingeschränkte Liebe zu der tiefsten empfundenen Emotionalität und Intimität, zu der ein Musiker fähig ist. Dies liegt nicht zuletzt an der harten Schule, durch die er ging – jene eines Straßenmusikers in Dublin, der bemüht ist, mit seinen eigenen Songs ein paar Pfund für das nächste Abendessen zu verdienen. Dort, in der Fußgängerzone, begann seine Karriere vor nunmehr rund drei Jahrzehnten. 1990 gründete er die Rockband The Frames, mit der er bis 2006 sieben Alben veröffentlichte und im vergangenen Jahr eine weithin beachtete Tournee zu ihrem 25. Geburtstag unternahm. Als sein Bandkollege John Carney entschied, mit dem romantischen Drama „Once“ ins Filmfach zu wechseln, bat er Hansard und dessen damalige Freundin Markéta Irglová, die Filmmusik zu schreiben. Letztlich überzeugte er die beiden obendrein, auch die Hauptrollen zu übernehmen. Nachdem „Once“ 2008 mit einem Oscar für die beste Filmmusik ausgezeichnet wurde, war Hansard endlich schlagartig bekannt. All die Jahre des zähen Ringens zahlten sich nun aus. Sowohl seine Band The Swell Season, die er bis 2012 mit Irglová betrieb und mit der er zwei Alben veröffentlichte, als auch sein erstes Soloalbum „Rhythm and Repose“ (2012) avancierten zu weltweiten Erfolgen.
In diesem Jahr reüssierte er nun mit seinem zweiten Soloalbum „Didn't He Ramble“, erneut ein internationaler Erfolg. Auf diesem Album geht er nun nach seiner jahrzehntelangen Reise in vielen Songs zurück zu den Wurzeln, wo für ihn einst alles begann: Manches klingt höchst traditionell irisch, anderes ist tief verwurzelt im klassischen Folk, aber er erlaubt sich auch Ausbrüche in groovigen Soul oder behutsam arrangierten Rock. „Es war nichts davon gesteuert oder geplant“, erzählt er. „Das ist ja das Wunderbare daran, wenn man der eigenen Muse vertraut: Man muss sich keine Gedanken mehr darüber machen, wohin einen die Reise führt, denn die Dinge passieren von ganz alleine. Man darf seine Kreativität nicht in Zweifel ziehen, sondern muss einfach machen, weiter ausformulieren und auch an der richtigen Stelle einen Punkt setzen. Am Ende steht eine Platte, die einen selber vielleicht überrascht, aber weitaus ehrlicher ist als alles, was entstehen würde, wenn man darüber nachdenkt, was man als nächstes machen möchte.“ Gerade diese unbedingte Ehrlichkeit ist es, die Glen Hansard zu diesem außergewöhnlichen Künstler macht.
Samstag, 27. Februar 2015, 20 Uhr , Saal im E-Werk Erlangen, www.e-werk.de
Copyright Foto: © Danny Clinch