Ein Jahr unfreiwilliger Pause ist vorbei. Und auch in Schweinfurt heißt es somit wieder, kulturelle Leckerbissen genießen zu dürfen. Nach dem Konzertsommer, ein voller Erfolg auf der Open Air-Bühne des Kesslerfeldes, ruft jetzt der Schweinfurter Nachsommer – zum 21. Mal inzwischen. Und einmal mehr mit einem richtig guten Aufgebot an Stars und Sternchen. Gestartet am 3. September mit dem Gastspiel von Schauspieler Jan-Josef Liefers und seiner Band Doria noch unter freiem Himmel, zieht das Festival für die finalen beiden Monate um in die Kesselhalle von Hauptsponsor ZF. Zwei Monate? Genau. Pandemiebedingt haben die Macher die Konzertreihe ausgedehnt auf einen ungewohnt langen Zeitraum. Dank des historischen Industrie-Ambientes im schmucken ZF Kesselhaus problemlos möglich. Das ändert nichts an den sonstigen publikumsfreundlichen Gewohnheiten.
Das Kulturamt der Stadt Schweinfurt als Veranstalter achtet wie in den vergangenen Jahren auf eine faire Preisgestaltung. Ziel ist es, den Besuch der Konzerte allen Interessierten zu ermöglichen. Und unter Vorlage des Sozialausweises gibt es sogar 25% Ermäßigung auf alle Tickets. Ermöglicht wird dies durch die Stadt Schweinfurt und den Bezirk Unterfranken sowie das Engagement der zahlreichen Sponsoren und Partner. Ebenfalls im Portfolio: Das Familienticket. Bei einem voll zahlenden Erwachsenen kostet ein Platz für Kinder bis 14 Jahren in der gleichen Kategorie 10,00 Euro.
Seit jeher lockt der Nachsommer ein breites Publikum an, das sich immer wieder aufs Neue begeistern lässt. Auch dieses Jahr bietet das Festival ein dynamisches Programm, das sich zu Recht vielfältig nennt: Von deutschem A-Cappella-Pop über gerappten Jazz und Boogie Woogie bis hin zu origineller Alpenpercussion hält das Festival so einige Überraschungen bereit. Unter anderem auch renommierte Schauspieler, die ihre musikalische Ader ausleben: Ulrich Tukur (1. Oktober) und Axel Prahl (23. und 24. Oktober). Daneben präsentieren sich das Südtiroler Herbert Pixner Projekt (13. November) mit progressiver Volksmusik, die A-Cappella-Gruppe ANDERS (12. November), die Boogie Woogie Brothers Axel & Torsten Zwingenberger (26. November), der ostfriesische Singer-Songwriter Enno Bunger (15. Oktober), JazzKantine (16. Oktober) und Toni Bartls Alpin Drums (27. November) mit „Der Berg groovt!“.
Früher Barpianist und Organist, heute Singer-Songwriter und Berufsmelancholiker: Enno Bunger geht mit seinem aktuellen Album „Was berührt, das bleibt" erneut auf Konzertreise – nach erfolgreicher Tour mit großer Bandbesetzung. Diesmal konzentriert sich der 34-jährige Ostfriese aber auf das Wesentliche seines Schaffens: auf Wort und Ton. Für seine nachdenklichen Lieder sitzt er solo am Klavier, womit er sich selbst und seinem Publikum ganz nah kommt.
Am Abend darauf serviert die Jazzkantine gerappten Jazz oder auch – je nachdem, wie man das hören möchte – verjazzten Rap. Virtuos jongliert die achtköpfige Truppe mit den musikalischen Genres: Auch Heavy Metal, Pop und Volksmusik finden Eingang in ihren unverwechselbaren Stil, werden hinterfragt und mit Witz und Esprit ins eigene musikalische Konzept integriert. Alles, was irgendwie funky ist, darf mit rein in die Kantine. „Mit Pauken und Trompeten“ – das Motto des Abends sagt eigentlich fast schon alles aus.
Axel Prahl & Das Inselorchester, eine exquisite Gruppe handverlesener Musiker, sind am vierten Nachsommer-Wochenende zu Gast. Während Axel Prahl sonst als Kommissar Thiel Mordfälle im Münsteraner Land löst, singt er auf der Bühne Songs aus der eigenen Feder und dem eigenen Erleben. Sein Programm „Blick aufs Mehr“ verzaubert mit einer fein abgestimmten Melange musikalischer Stile – von minimalistischen Balladen bis hin zu röhrenden Rocknummern.
Selbstgeschrieben und mundgemacht, modern und poetisch: In eingängigen Popsongs singen ANDERS, die A-cappella-Deutsch-Poeten, von Leben, Liebe, Freundschaft und Abschied – und über das Sturm- und Drang-Gefühl ihrer eigenen Generation. Was die Vokalband aus Freiburg, die keine Boygroup sein will, sonst noch mitbringt? Ein durchweg poppiges Sounddesign und virtuose Beatboxkünste.
Tags darauf präsentiert das Herbert Pixner Projekt „progressive Volksmusik“, die Brücken baut zwischen den verschiedenen Heimatregionen der vier Musiker*innen. Die unkonventionelle Besetzung mit Diatonischer Harmonika, Harfe, Gipsy-Gitarre, Klarinette, Percussion und vielem mehr verspricht Gefühlvolles und Tanzbares, Energetisches und Spielfreudiges, das stark von der Improvisationsfreude der charismatischen Künstler*innen lebt.
Von den verrauchten Hamburger Jazzclubs der 1970er Jahre auf die internationalen Konzertbühnen: Axel und Torsten Zwingenberger, die „Boogie Woogie Brothers“, begeistern seit 40 Jahren Fans in aller Welt. Sobald Axels erdiges Bluespiano erklingt und Torsten mit den Besen über die Trommeln streicht, beginnt das Kesselhaus mitzuswingen – bis das Publikum vor Begeisterung tobt. Wie das mit dem Boogie geht, haben die Boogie Woogie Brothers bei Legenden gelernt. Das sieht und hört man.
Zum Nachsommer-Finale gibt es im ZF Kesselhaus deftige Alpenpercussion: Toni Bartls Alpin Drums trommeln und grooven auf allem, was die Alm zu bieten hat: auf Melkschemeln und Brotzeitbretteln, auf Holzfassln und Milchkannen. Utensilien des Bergalltags werden im Handumdrehen zu Schlaginstrumenten, und spätestens wenn die Sense zischend niedersaust, wird klar: Das Leben auf der Alm ist Rhythmus pur!