Preisgekrönt (Deutscher Weltmusikpreis 2014) ist ihre eigene Genreschublade inzwischen, ihre anspruchsvolle, ergiebige Symbiose von bayerischen und jiddischen Volksmusiktraditionen - ihr Alpen Klezmer. Mit dem neuen Album „Zum Meer“ verfeinert die Münchner Sängerin, was sie erfunden hat. Die Fusion wird noch reifer, nuancenreicher und bringt, dank der großen Freiheit für die grandiosen, mitwirkenden Musiker, Neues, Poliertes, Glänzendes und Kantiges aus zwei Welten auf einen Nenner. Mit ihren Texten und ihrem Gesang setzt Andrea Pancur dem Ganzen das Sahnehäubchen auf. Dabei ist sie bei weitem nicht die einzige, die singt und jodelt. Neben und mit zwei weiteren Vokalisten entstehen ganze Chöre und Kanons in drei verschiedenen Sprachen und Dialekten (jiddisch, trentinisch, italienisch), in facettenreichem Wechsel mit einer unglaublich reizvollen Gesamtinstrumentierung, aus der einmal Gesang, dann Hackbrett, einmal Bläsersatz, dann Klarinette, Akkordeon, Klavier und schließlich das Schlagwerk hervorstechen. Die Melodien und Rhythmen, die alles zusammenhalten sind großartig bis einzigartig. Der Tanz verschiedener Kulturen miteinander führt einmal mehr unweigerlich zu großartigen Klangerlebnissen. Und wird auf dem neuen Album zum politisch ambitionierten Nährboden. So darf der Titel „Das Meer“ als Anspielung auf die Flüchtlingskrise verstanden werden, wenn Andrea Pancur mit „Mittelmeer - Galopp“ auf die katastrophalen Fluchtbedingungen anspielt.
Während sie mit „A treyfener nign“, einem Lied gegen Hass und Ausgrenzung, deutlich Stellung bezieht. Überhaupt nähert sich die Vokalistin dem Thema Extremisierung politischer Weltanschauungen in einer heiklen Gegenwart. Und zielt in „Heimatlos“ mit Fragezeichen auf den unnötig kompliziert gewordenen Heimatbegriff. Doch den Humor und Spaß an der Musik und daran Geschichten zu erzählen, lässt sie sich bei aller Nachdenklichkeit nicht nehmen, sondern legt dies über alle Lieder, ob ernsthafter Kontext, Kindheitserinnerung („Aufm Markt in Obergiasing“), Wunschszenario („Pippi Langstrumpf werden“) oder die Ode für Italien („Bella Ciao“) - mit der die Hingezogenheit „Zum Meer“ den Kreis des Albums schließt.