Laue Sommerabende am Rhein, Spaziergänge durch die Altstadt, Flanieren auf der Königsallee. Allein dies trägt zum einzigartigen Zauber der schönen Stadt am Rhein bei. Wen die Landeshauptstadt auf den ersten Blick bereits in ihren Bann zieht, sollte unbedingt auch ihre Kunstschätze betrachten, um vollends von ihrem Charme und ihrer Vielfältigkeit überzeugt zu werden. Wir haben uns hierfür zwei Museen rausgepickt, die mit neuartigen Schauen locken: Die Kunstsammlung NRW und Kunstpalast.
1961 gegründet, hat sich die Kunstsammlung NRW inzwischen zu einer festen Größe in Düsseldorf und der Welt etabliert. Ohne Zweifel sind die drei Häuser der Kunstsammlung eine Institution mit klarem Auftrag: Ihren Besuchern die Kunst der Klassischen Moderne, amerikanischen PopArt und Gegenwart näher zu bringen, mit einer atemberaubenden Sammlung und exquisiten und innovativen Wechselausstellungen.
Hierzu zählt zunächst das K20 am Grabbeplatz, das bereits an seiner Außenseite zwei Kunstinstallationen von Ólafur Elíasson und Sarah Morris aufweist. Innen warten sodann in der Dauerausstellung Zeichnungen, Skulpturen und Installationen aus der umfangreichen Sammlung. Von Henri Matisse über Andy Warhol bis hin zu Gerhard Richter. Das Herz eines jeden Liebhabers der Moderne schlägt höher bei Arbeiten des Kubismus, der hier durch Picasso, Léger und Braque eine faszinierende Repräsentation erfährt sowie beim Anblick zahlreicher surrealistischer Werke und Gemälde Giorgio de Chiricos. Auch wer seinen Schwerpunkt in der Post-War- und Contemporary Art beheimatet sieht, kommt im K20 auf seine Kosten: Jackson Pollocks “Number 32”, eines der wenigen wandfüllenden Drip Paintings des Künstlers, führt eine Auswahl von 40 Arbeiten der amerikanischen Kunst nach 1945 an. Des Weiteren erwarten die Besucher Rauminstallationen von Joseph Beuys und Nam June Paik, poetische Photographien Bernd und Hilla Bechers sowie die Privatsammlung Simone und Heinz Ackermans’, die mit 150 Arbeiten internationaler Gegenwartskunst auftrumpft und vor allem Kunst seit den 1980er Jahren beinhaltet. Überdies beheimatet das K20 eine umfangreiche Paul-Klee-Sammlung, die mit 101 Werken zu den größten Museumsbeständen in Deutschland zählt.
Zusätzlich gilt es in diesem Jahr, drei unterschiedliche Ausstellungen in dem noblen und zurückhaltenden Bau mit zeittypischen architektonischen Details zu bestaunen. So vom 14. April bis zum 19. August die 50-minütige Video-Installation “k.364” Douglas Gordons, zu welcher der Eintritt frei ist. Der schottische Künstler begleitet in diesem Werk zwei israelische Musiker polnisch-jüdischer Herkunft auf einer Zugreise und fängt ihre Reflektionen über den Holocaust, die geschichtsträchtige Landschaft sowie eine als Schwimmhalle missbrauchte Synagoge ein. Eine weitere Exposition widmet sich vom 9. Juni genau drei Monate lang Anni Albers, die ihre exzeptionellen Werke primär am Webstuhl schuf und die Technik des Webens als eigenständige Kunstform etablierte. Zu sehen sind außerordentliche Bildgewebe, die Einflüsse des Bauhauses aufweisen. Die dritte Ausstellung zum Ende des Jahres, 10. November bis März 2019, widmet sich sodann einer transkulturellen Moderne jenseits des westlichen Kanons. Unter dem Titel “museum global. Mikro Geschichten einer ex-zentrischen Moderne” unternimmt das K20 den Versuch einer kritischen Beschäftigung mit der eigenen Sammlung und bezieht dabei Mikrogeschichten aus Japan, Brasilien, Mexiko, China, Indien, dem Libanon oder Nigeria mit ein. Auf diese Weise hinterfragt das Museum nicht nur eine zumeist eurozentrische Kunstgeschichte, sondern auch die eigene Perspektive.
Als zweites Standbein der Kunstsammlung NRW nimmt sich das K21 im Ständehaus aus. Der prächtige Bau des Ständehauses wird primär durch eine gigantische Glaskuppel charakterisiert und prägt auf diese Weise den Anblick der südlichen Innenstadt Düsseldorfs. Vormals Sitz des nordrhein-westfälischen Landtages, finden sich hier nun zahlreiche wechselnde Ausstellungen wieder. Vom 21. April bis zum 12. August präsentiert das K21 Raqs Media Collective und bietet der indischen Künstlergruppe damit erstmalig die Möglichkeit einer Einzelausstellung in einem deutschen Museum. Die Mitglieder des 1992 gegründeten Künstlerkollektivs befassen sich mithilfe eines multidiszilpinären Ansatzes mit Themen wie dem globalen Kapitalismus, der Urbanisierung oder Formen politischer Repräsentation. Danach erwartet die Besucher des K21 ab dem 6. Oktober bis zum 13. Januar 2019 die erste umfangreiche Exposition der in Peking lebenden Künstlerin Cao Fei in Deutschland. In Videos, Photographien und Multimedia-Installationen setzt sich die Pionierin der Post-Internet-Generation mit der gesellschaftlichen und urbanen Situation Chinas auseinander. Hierfür arbeitet Fei mit persönlichen Erfahrungen, ergänzt diese jedoch mit traditionellen, chinesischen Ritualen. Durch diese beiden Ausstellungen greift das K21 den Ansatz des K20 auf und sucht, die eurozentrische Perspektive vieler in Deutschland gezeigter Schauen zu öffnen und auszuweiten.
Die dritte Institution der Kunstsammlung NRW manifestiert sich im F3 Schmela Haus, welches nur wenige Schritte vom K20 entfernt liegt. Der seit 2009 als Kunstort fungierende verschachtelte Bau aus markantem Bimsbetonstein wurde als experimentelle Probebühne konzipiert und bietet Raum für Veranstaltungsreihen. So präsentiert das F3 ein buntes Vortrags- und Diskussionsprogramm und befragt im Zuge dessen internationale Gäste aus Kultur und Wissenschaft nach der Menschheit im Allgemeinen, der Bandbreite kultureller Handlungen sowie möglichen Entwicklungen der Gesellschaft.
Unsere zweite Empfehlung, die fußläufig von den Häusern der NRW Kunstsammlung zu erreichen ist, ist der Kunstpalast. Dieser zeigt eine divergentere Sammlung auf sowie Ausstellungen, die zwischen unterschiedlichen Epochen changieren.
So ist beispielsweise bis zum 7. Oktober eine Schau zu sehen, die sich als “entartet” verfemter Kunst widmet. 2013 wurde ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, welches die Werke identifizieren sollte, die auf staatlichen Befehl aus den Depots entfernt wurden. Nun werden die Ergebnisse dieses Projektes in die Ausstellung “SPOT ON: 1937. Die Aktion ‘Entartete Kunst’ in Düsseldorf einbezogen.
Von den 1930ern zu neueren Positionen gelangen die Besucher in der Ausstellung “Bilder ohne Schatten. Eine Auswahl aus der Sammlung Kemp”, die bis zum 15. Juli zahlreiche farbintensive Werke mit verschiedensten, zumeist jedoch eher zweidimensionalen Formen in den Kunstpalast bringt. Namen wie Al Held, Walter Störer und Karl Otto Götz zieren dabei die Schilder neben den Werken.
Eine weitere Exposition widmet sich ebenfalls bis zum 15. Juli einem bisher weniger beachteten Sujet: der Tradition der Schwarz-Weiß-Malerei. Unter dem Titel “Black & White. Von Dürer bis Elliasson” befasst sich der Kunstpalast ausgehend von der mittelalterlichen Grisaille-Glasmalerei mit der Frage, weshalb Künstler sich über zahlreiche Epochen hinweg immer wieder für eine reduzierte Farbpalette entschieden. Namhafte Künstler der Gegenwart wie Heinz Mack, Jackson Pollock und allen voran Gerhard Richter, welcher selbst einst in Düsseldorf lebte, finden Eingang in diese einzigartige Schau. Überdies werden auch Werke Rubens’ und Rembrandts präsentiert. Letzterem wird zusätzlich bis zum 24. Juni eine eigene Ausstellung zuteil. “Das Rembrandt-Experiment” konzentriert sich auf die Graphiken des Künstlers und sucht, die Aktualität Rembrandts für nachfolgende Künstlergenerationen bis zur Gegenwart herauszuarbeiten.
Ersterer hingegen findet sich in glorreichem Umfang innerhalb der Sammlung des Kunstpalastes wieder. So verfügt die Gemäldegalerie, die 2.500 Werke von der Frührenaissance bis zum Impressionismus umfasst, über eine eigene Rubensgalerie mit 300 Arbeiten. Weitere Kollegen aus dem Zeitalter des niederländischen und flämischen Barocks, die Rubens in den Düsseldorfer Sälen Gesellschaft leisten, sind keine geringeren als beispielsweise Jan van Goyen, Jacob van Ruisdael und Pieter Brueghel. Ferner konzentriert die Gemäldegalerie sich auf venezianisch-norditalienische Malerei des 18. Jahrhunderts, den Klassizismus sowie deutsche Malerei im 19. sowie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Den letztgenannten Abschnitt von der Romantik bis zum Impressionismus vertreten dabei bedeutende Künstler wie Caspar David Friedrich, Ludwig Richter, Arnold Böcklin sowie Lovis Corinth, Max Liebermann wie auch Max Slevogt. Die Moderne, die hier bereits anklingt, wird mit mehr als 3.000 Arbeiten aus dem Zeitraum 1900 bis heute würdig weitergeführt. So finden sich in der Sammlung beliebte Künstler wie Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und Franz Marc. Überdies liegt ein Akzent des modernen Bereiches auf der rheinischen Region und somit auf Absolventen der Düsseldorfer Akademie sowie Exponenten der dortigen Kunstszene. Darüber hinaus beinhaltet die Sammlung wahre Schätze und Raritäten aus den Departments Graphik, Skulptur und Angewandte Kunst sowie Glas.
Falls das Bestaunen all dieser phänomenalen Kunst Sie hungrig macht, bietet die Altstadt natürlich zahlreiche Restaurants, und das NRW Kulturforum noch eine kurze Inspiration, was auf Ihrem Teller landen könnte. Mit “Pizza is God” widmet sich das Ausstellungshaus dem allseits beliebten Gericht, das nicht nur Kultstatus in sämtlichen Küchen erlangt hat, sondern darüber hinaus zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Diesem Pop-Phänomen wird bis zum 20. Mai eine internationale Gruppenausstellung zuteil, die zahlreiche Medien von Malerei und Photographie über Videos und Netzkunst bis hin zu Performances vereint.
Nach diesem kurzen Abstecher gilt es aber, auch die Schönheit außerhalb der Museen zu entdecken, durch die Altstadt zu schlendern, sich den Sonnenuntergang am Medienhafen anzusehen, Schloss Benrath zu entdecken und die Düsseldorfer Atmosphäre kennen zu lernen, um am Ende des Tages verstehen zu können, weshalb Heinrich Heine seine Heimat, die dritte und schönste Stadt unserer rheinischen Reihe, so sehr liebte.
Fotocredits:
Ausstellung „Black & White. Von Dürer bis Eliasson“, Hans Op de Beeck, The Collector‘s House, 2016, (The Collector‘s House), Skulpturale Installation, Mixed Media, 40 × 20 × 12,5 m, Foto: © Studio Hans Op de Beeck
Tomás Saraceno : In Orbit, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K21 Ständehaus, Düsseldorf 2013, Photography by Studio Tomás Saraceno © 2013, Foto: © Studio Tomás Saraceno 2013 © Kunstsammlung NRW