Aufbruch und Aufbrüche
Karl Hartung in der Kunsthalle Schweinfurt
veröffentlicht am 03.02.2015 | Lesezeit: ca. 2 Min.
Sein Schüler Günter Grass zählt zu den großen Autoren (und hat sich, wie so viele andere dieser Zunft, auch der bildenden Kunst verschrieben) nicht nur hierzulande, er selbst zu den wegweisenden Bildhauern, die Deutschland hervorgebracht hat: Karl Hartung. Eine repräsentative Auswahl von gut fünf Dutzend Arbeiten des 1967 in Berlin, wo er seit 1951 als Professor für Bildhauerei lehrte, Verstorbenen wird bis Mitte April in der Kunsthalle Schweinfurt gezeigt. Darunter sind plastische Arbeiten ebenso wie Kohlezeichnungen. Zeitlich reicht die Bilderschau von den Anfängen der Dreißiger („Zopfflechtende“, 1930) bis zum epochalen Spätwerk der Sechziger, dem sich Hartungs Hochschätzung als Lehrer wie als Bildhauer verdankt.
Hartung macht eine Holzbildhauerlehre, studiert in seiner Heimatstadt Hamburg und von 1929 bis 1932 in Paris, wo er sich mit Rodin und zumal mit Aristide Maillol beschäftigt, bald auch intensiver mit Anthroposophie. In Florenz entzündet sich Hartungs Schaffen an Michelangelo, Donatello und der Kunst der Etrusker, die sich etwa im zementenen „Frauenkopf“ (um 1933/34) niederschlägt. Nach der Rückkehr an die Elbe zeigen sich, statt wie bis dahin gegenständliche, vermehrt abstrakte Formen.
Auf die Suche nach einer neuen, dem Abstrakten verpflichtenden Formensprache macht sich vor allem die Münchner Gruppe ZEN 49, der Hartung seit 1951 angehört, und deren Sekretärin Juliane Roh Hartung als den vermutlich „einzig wesentlichen Bildhauer, den wir augenblicklich in Deutschland haben“, begrüßt. Wir raten zu einem Aufbruch, zu Aufbrüchen, in die Kunsthalle. Der Ausstellungstitel stammt von Hartungs Tochter Hanne: „Aufbruch – Aufbrüche“. Auf geht’s, nach Schweinfurt, Rüfferstraße 4.
Karl Hartung, Engelskopf II, 1955, 28,5 cm, Foto © VG BildKunst, Bonn / Karl Hartung, Kleiner Sitzender, um 1938. Foto © VG BildKunst, Bonn