Was einmal als eher skurrile Idee begann, quasi nach dem Motto: „Jetzt machen wir eine musikalische Landpartie“, hat sich im Laufe der ersten Jahre des neuen Jahrtausends zu einem weithin beachteten Event gemausert. Man weiß mittlerweile landauf landab, dass Ende Juli am Dechsendorfer Weiher exquisite Musikerlebnisse zu gewärtigen sind, wenn das Open-Air-Double das Publikum dazu aufruft, sich zum Idyll am Erlanger Altstadtrand zu begeben. Dass die Melomanen mittlerweile selbst von weit her kommen, verdanken „Klassik am See“ und „Jazz am See“ natürlich auch ihren musikalischen Zugpferden, die zugleich als künstlerische Leiter fungieren: Albrecht Mayer – der Oboenmagier – für die Klassik, und Torsten Goods – der hochvirtuose Gitarrist – für den Jazz. Was die beiden Künstler, die bei den Konzerten stets neben den eingeladenen Gästen prominent mitwirken, auf ihren Instrumenten hinzuzaubern vermögen, davon gab es beim musikalischen „Appetizer“ anlässlich der Vorstellung des Programmes im Erlanger „Haus der Kirche“ einen faszinierenden Vorgeschmack.
Jazz am See
Eine spannende Zitterpartie scheint heuer die Verpflichtung der Portraitkünstler gewesen zu sein. Keinen Geringeren als den vokalen Altmeister Al Jarreau hatte man am Haken und sein Kommen zu „Jazz am See“ war bereits gesichert. Doch dann passierte das, was natürlich passieren kann, wenn der Eingeladene auf die achtzig Jahre zugeht: Der Ausnahmesänger verstarb am 12. Februar in Los Angeles, worüber alle großen Feuilletons ehrerbietend berichteten. Man stand also vor der Aufgabe, einen plötzlich verstorbenen Künstler kurzfristig – und bitteschön auf gleichem Niveau! – zu ersetzen. Das ist nur zu schaffen, wenn man gut in der Szene vernetzt ist, am besten deshalb, weil man selbst zu den herausragenden Künstlern der Jazzwelt zählt.
Das gilt für Torsten Goods, den begnadeten Gitarristen und künstlerischen Leiter von „Jazz am See“, der bei der oben genannten Programmvorstellung die stupende Beherrschung seines Instrumentes eindrucksvoll demonstrierte. Er wird in Teil I der Veranstaltung am Dechsendorfer Weiher (am 23. Juli) mit zwei anderen Jazzkoryphäen musizieren: mit dem Sänger und Saxophonisten Curtis Stigers und mit dem Trompeter Julian Wasserfuhr sowie dessen Band. Mit dabei sind also auch Jan Miserre am Piano, Felix Lehrmann am Schlagzeug und Christian von Kaphengst am Kontrabass, die allesamt in den höchsten Jazzligen mitspielen.
In Teil II des Abends wird es noch eine Spur prominenter, denn dann tritt der weltweit geschätzte Saxophonist Branford Marsalis auf, der wahrlich als ebenbürtiger „Ersatz“ für Al Jarreau gelten darf, obschon auf einem ganz anderen Gebiet. Das Quartett des dreifachen Grammy-Preisträgers wird sich – was äußerst selten vorkommt – bei „Jazz am See“ für einen Gastmusiker öffnen: den Sänger Kurt Elling. Dieser preisgekrönte Jazz-Vokalist führte die amerikanischen Bestsellerlisten jahrelang an und wurde nicht weniger als acht Mal in Folge als „männlicher Sänger des Jahres“ gekürt. Angesichts des Kalibers dieses Künstlers liegt die Messlatte für alle Beteiligten besonders hoch, weshalb jeder Musiker für diese spezielle Konstellation neue Stücke beigesteuert hat. Man darf gespannt sein…
Klassik am See
Das kleine Jubiläum „15 Jahre Klassik am See“ bezieht sich natürlich auf die Musiksparte, mit der 2003 alles anfing, also die Klassik. Insofern erinnerte Dirigent Ronald Scheuer zu Recht daran, dass das diesjährige Konzert mit Carl Orffs „Carmina Burana“ an diese Anfänge anknüpft, denn damals stand das Werk bereits auf dem Programm. Diesmal werden über 200 Mitwirkende dabei sein, u.a. drei Chöre (Siemens-Chor Erlangen, Philharmonischer Chor Herzogenaurach und „Die Jungen Meistersinger“) und als Orchester die Nürnberger Symphoniker. Vor allem aber wird Albrecht Mayer dabei sein, der gebürtige Erlanger, der es mit seinem Instrument, der Oboe, an die Weltspitze geschafft hat. Er wirkt seit drei Jahren als Solist und Dirigent bei „Klassik am See“ mit und hat sich heuer für die Interpretation des Doppelkonzertes für Klarinette, Oboe und Orchester von Franz Danzi den Kollegen Andreas Ottensamer von den Berliner Philharmonikern ausgesucht. Anschließend wird Albrecht Mayer die Sinfonie Nr. 35 KV 385 mit dem Beinamen „Haffner“ dirigieren.
Das Konzert am 26. Juli klingt mit einem Feuerwerk aus und wird auf den Folgetag verschoben, falls der Wettergott nicht mitspielt. Ist der jedoch guter Laune (was bisher der Fall war), können die beiden Konzerte zu Highlights des fränkischen Musiksommers werden. Der stetig zunehmende Erfolg dieses Open-Air-Formats animiert die Initiatoren immer wieder zu neuen Ideen, die dank großzügiger Sponsoren (wie Mauss Bau, die Beck GmbH, die Schaeffler-Gruppe und die Sparkasse Erlangen) meist auch umgesetzt werden können. Diesmal heißt die Devise: „Junge Künstler am Weiher“. Dafür wählt das Erlanger Musik Institut junge Talente aus, die für die musikalische Untermalung während der Pausenzeiten sorgen. Heuer ist es die blutjunge Leticia Serejo Kunz, der mit Unterstützung der Max und Justine Elsner Stiftung bei „Klassik am See“ eine Bühne geboten wird. Karten für beide Konzerte gibt es über die Hotline mit der Nummer 09131-975-3565.
Fotocredits:
Jazz am See, Blick auf die Tribuene, Foto © Kilian Reil
Klassik am See, Foto © Simon Schweikert