
Für sein alljährliches Weihnachtskonzert im Bamberger Joseph-Keilberth-Saal hat sich Harald Strauss-Orlovsky, 2. Konzertmeister bei den Bamberger Symphonikern, heuer etwas Besonderes ausgedacht: die Vorstellung einer neuen Version des Beethovenschen Violinkonzertes, die er selber angefertigt hat. Über das Warum und über die Erfolgschancen dieser Fassung für zwei Soloinstrumente und Orchester haben wir uns mit dem Musiker unterhalten
HSO: Die beispiellose Ausgangs-Situation besteht ja darin, dass für das große, berühmte Solokonzert zwei originale Soloparts für alternative Soloinstrumente existieren.
Das hat mich schon immer gereizt. Und da meine Frau Pianistin ist, fiel uns des Öfteren auf: das Repertoire an klassischen Doppelkonzerten für Klavier und Violine ist erstaunlich klein, ein Jugendwerk von Mendelssohn und an einer Hand abzuzählende, kleinere Werke. Da gab dann das nahende Beethovenjahr den letzten Anstoß, die Idee zu verwirklichen.
HSO: Ja, davon bin ich fest überzeugt, auch aus den oben genannten Repertoire-Gründen. Als ich Baiba Skride das Stück vorlegte, sagte sie sofort, oh, schön, da ist man mit der Geige am Anfang nicht ganz so alleine! Und tatsächlich, es bereitet großes Vergnügen, die bekannten Themen und Auszierungen im Gewande der Doppelbesetzung neu zu hören, sie erfahren hierdurch eine reizvolle klangliche Erweiterung. Und die Galerie der Dirigenten und Interpreten, die sich bereits in den ersten Monaten äußerst interessiert zeigten, kann sich mit Marc Minkowski, Marko Letonja, Peter Gülke, Manfred Honeck, Daniil Trifonow, Baiba Skride und anderen sowie dem Münchner Kammerorchester doch sehen lassen, oder?
HSO: Durchaus, denn Beethoven hat den Klavierpart gegenüber der Solovioline teilweise signifikant erweitert, ihn durchgehend wenigstens zweistimmig ausgelegt. Und da sich in meiner Bearbeitung die Solisten über weite Strecken sozusagen dialogisierend umgarnen, bestand die Herausforderung auch oft in der Kunst des Weglassens, des gut getimten Schweigens. In Passagen, bei denen es vorteilhaft erschien, beide gemeinsam spielen zu lassen, habe ich mich zur Anreicherung des Satzes an Techniken orientiert, die Beethoven im zeitnah entstandenen Tripelkonzert angewendet hat, z. B. parallel im Oktavabstand verlaufende Klavier-Figurationen einfach auf drei Oktaven verteilt, die Geige in der Mitte.
HSO: Wir spielen das Stück im Bamberger Weihnachtskonzert am 22. Dezember 2019 als Auftakt zum Beethovenjahr. Und am 19. Juni 2020 erklingt das Doppelkonzert dann zur Eröffnung der Festspiele Europäische Wochen in Passau. Weitere Aufführungen im August in Dalian/China, in Brandenburg a. d. Havel und im Kurhaus Wiesbaden.