In der Kirche St. Gangolf in der Bamberger Theuerstadt ist eine hochbedeutende Wandmalerei entdeckt worden: Ein romanischer Mäanderfries in Rot- und Ockertönen aus dem 12. Jahrhundert. Er zierte den Innenraum der Kirche bis zu einem schweren Brand 1185. Das Feuer beschädigte die erst wenige Jahrzehnte zuvor errichtete Kirche. Reste der Malerei aber haben sich über 832 Jahre hinweg unterhalb der Mauerkrone erhalten.
Als man nach dem Brand 1185 einen neuen Dachstuhl errichtet hatte, konnten auch die Schäden an den Wandoberflächen beseitigt, die Wände neu getüncht und die Kirche wieder in Betrieb genommen werden. Das Dachwerk von 1185 hat sich bis heute erhalten, es zählt zu den ältesten in Bayern. Der Einbau von Gewölben im Jahr 1753 hat die älteren Putzschichten zwar großflächig zerstört, doch der schmale Streifen oberhalb der Wölbung blieb jahrhundertelang unberührt.
2014 begann die Kirchengemeinde St. Gangolf mit der Planung einer Generalsanierung, die auch eine Dachreparatur umfasste. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege forderte – insbesondere im Hinblick auf die bisher wenig beachteten romanischen Putze im Dachraum – eine restauratorische Fachbauleitung. Diese Forderung trugen das Erzbischöfliche Bauamt Bamberg und die Kirchenverwaltung St. Gangolf von Anfang an mit. Im Frühjahr 2017 wurde das Dach über Lang- und Querhaus von St. Gangolf abgedeckt und ein Schutzdach errichtet. Damit waren die Bedingungen geschaffen, um die romanischen Putze zu untersuchen. Wenig später meldete der mit der Fachbauleitung betraute Restaurator Peter Turek erste Hinweise auf die Sensation von St. Gangolf: er hatte die Reste der romanischen Ausmalung der Kirche entdeckt. Trotz der Spuren von Feuer und Reparaturen lassen sich die Fragmente unter Zuhilfenahme modernster Untersuchungsmethoden analysieren. Der Kirchenraum war bis zum Brand von 1185 von einem perspektivischen Mäanderfries geschmückt, der regelmäßig von rechteckigen Bildfeldern unterbrochen war. Sie zeigen gemalte Büsten von männlichen Heiligen. Im Streiflicht sind vertikale Ritzungen und horizontale farbige Markierungen erkennbar – daran orientierten sich die Maler, um die Dekoration exakt anzubringen. Getupfte Zeichen wie Punkte oder Haken gaben ihnen Hinweise auf die für die perspektivische Wirkung entscheidende Farbverteilung. Die Untersuchungsergebnisse erlauben also auch einen Blick in die Malerwerkstatt des 12. Jahrhunderts.
Der Mäanderfries datiert in eine Phase der Bamberger Geschichte, aus der wir bisher keine Malerei und kaum eine Wandgestaltung kennen. Doch lässt sich der Befund in eine seit ottonischer Zeit gut belegte Tradition einordnen, die von der Reichenau über den Augsburger Dom bis zur Klosterkirche Prüfening bei Regensburg reicht. Zugleich könnten von St. Gangolf aus Rückschlüsse auf die verlorene Ausmalung des Heinrichsdoms nach dem Brand von 1081 möglich werden. Die Forschung hat hier noch viele Fragen zu klären.
Fotocredits:
St. Gangolf, Dachstuhl frontal © Foto-Bernd Marr
St.Gangolf, Fotomontage, Malerei+UV, kommentierter Nachweis © PeterTurek
St. Gangolf, Systemskizze Mäanderfries, Nachweis © PeterTurek