Noch immer gilt das Bauhaus vielen als Gegenentwurf zum Nationalsozialismus. Doch die Moderne des frühen 20. Jahrhunderts war keinesfalls immun gegenüber der Verführbarkeit durch die nationalsozialistische Ideologie. Auf der Basis umfangreicher Forschung zeigt die Klassik Stiftung Weimar in ihrer dreiteiligen Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ vom 9. Mai bis zum 15. September 2024 erstmals ausführlich das ambivalente Verhältnis ehemaliger Bauhäusler:innen zum nationalsozialistischen Regime.
Rund 450 Werke aus Bildender Kunst und Kunstgewerbe, darunter zahlreiche Leihgaben aus renommierten Museen in Europa und den USA, illustrieren die politischen Richtungskämpfe im Bauhaus und die spätere Verstrickung von Bauhäusler:innen mit dem Nationalsozialismus, ebenso wie die Gratwanderungen ehemaliger Schulangehöriger angesichts der politischen Zeitläufe ab 1933. Bedeutende Werke von Lyonel Feininger und Paul Klee kehren für die Ausstellung erstmals an ihren Ursprungsort zurück.
Das Museum Neues Weimar beleuchtet unter dem Titel „Politische Kämpfe um das Bauhaus 1919−1933” die künstlerischen und politischen Konflikte, die bereits mit der Gründung der Designschule in Weimar begannen und sich in Dessau und Berlin fortsetzten. Im Bauhaus-Museum Weimar geht es unter der Überschrift „Abgehängt – Beschlagnahmt – Angepasst 1930/1937” um die Beschlagnahmung der „entarteten Kunst“ 1937 und um ihre Vorläuferaktion in Weimar. Das Schiller-Museum widmet sich schließlich den Bauhaus-Mitgliedern und ihren „Lebenswegen in der Diktatur 1933−1945”. Thematisiert werden die Gratwanderungen, die sie angesichts der neuen politischen Verhältnisse nach 1933 vollzogen.
Mit einer Festveranstaltung wurde die Ausstellung am 8. Mai 2024 gemeinsam mit dem Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora eröffnet. Beide Stiftungen laden mit dieser Doppel-Eröffnung dazu ein, sich mit der Ästhethik und den Strategien totalitärer Systeme auseinanderzusetzen und gemeinsam den Blick in die Zukunft zu richten. In Weimars Quartier der Moderne angesiedelt, zeigt das Museum Zwangsarbeit die gesamteuropäische Dimension der NS-Zwangsarbeit in über 60 dokumentarisch und fotografisch aufbereiteten Fallgeschichten. Gezielt analysiert das Museum die problematische Beziehungsgeschichte von Deutschen und Zwangsarbeiter*innen und stellt die Frage nach den Handlungsspielräumen von Beteiligten.
Die Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus Eine Ausstellung in drei Teilen“ ist noch bis zum 15. September 2024 zu sehen.
Teil I — Politische Kämpfe um das Bauhaus 1919 — 1933, Museum Neues Weimar, Jorge-Semprún-Platz 5, 99423 Weimar
Teil II — Abgehängt – Beschlagnahmt – Angepasst 1930/1937, Bauhaus-Museum Weimar, Stéphane-Hessel-Platz 1, 99423 Weimar
Teil III — Lebenswege in der Diktatur 1933 — 1945, Schiller-Museum, Schillerstraße 12, 99423 Weimar