Kaum ein Theater kann heute noch auf ein speziell auf Kinder und die Jugend zugeschnittenes Programm verzichten, es ist im Gegenteil fast zu einem Muss geworden gemäß dem Motto, dass der Nachwuchs das künftige Publikum zu sein verspricht. Auch die Orchester haben die Zeichen der Zeit längst erkannt und so genannte „Education“-Programme entwickelt. Wir können wegen der Corona-Einschränkungen in dieser Ausgabe keine halbwegs vollständige Übersicht über den diesbezüglichen Stand an den fränkischen Häusern präsentieren, sondern müssen uns auf einige ausgewählte Beispiele beschränken.
Das Landestheater Coburg schreibt „Junges Theater“ über sein Jugendprogramm. Im Zentrum steht das Konzept „Theater plus“ mit seinen verschiedenen Formaten. „Hinter dem Vorhang“: Bei einer einstündigen Führung können Theaterbegeisterte viel entdecken, was sonst niemand im Publikum sieht. „Den Horizont erweitern“: Nach Absprache können Workshops konzipiert werden. „Produktionsklasse“: Zu ausgewählten Themen gewinnt eine Schulklasse exklusive Einblicke in die Probenarbeit einer Inszenierung und lernt Schauspieler, Sänger und Tänzer kennen; Höhepunkt ist der gemeinsame Besuch einer Premiere. „Tönefabrik“: Das Orchester stellt sich auf der Probebühne den neugierigen (Vor-) Schulklassen vor und überrascht mit musikalischen Kostproben als krönendem Abschluss. „Ein Besuch von Familie Ton“: Als Gastgeber laden (Vor-) Schulklassen Orchestermusiker zu sich ein und lernen ein Instrumentalensemble hautnah kennen. Außerdem gibt es im Programm der Coburger Theaterpädagogik Begleitmaterialien sowie die Vor- und Nachbereitung zu Inszenierungen, zusätzlich die Möglichkeit einer „Premiere vor der Premiere“, in der Pädagogen und Erzieher im Vorhinein eingeführt werden auf kommende Inszenierungen. Doch das ist noch längst nicht alles. Unter dem Motto „Mach es selbst“ lädt der Jugendclub Jugendliche ab 14 Jahren zum Experimentieren ein, betreut der Kinderchor stimmbildnerisch schon Kinder ab neun Jahren und bringt das Festival für junges Theater einmal im Jahr Spielbegeisterte und freie Theatergruppen aus der ganzen Region zusammen, um den Austausch zur Gewinnung neuer Impulse zu ermöglichen.
Am ETA-Hoffmann-Theater Bamberg lautet die Überschrift für die Angebote an die Jugend ganz einfach „Junges ETA“. Allerdings wendet sich dieses Programm hintersinnigerweise nicht nur an das Nachwuchspublikum, sondern auch „ an diejenigen, die sich noch jung genug fühlen, etwas Neues auszuprobieren“. Mithin gibt es keine starren Altersgrenzen. Materialmappen zu bestimmten Inszenierungen gehören zu den theaterpädagogischen Begleitmaterialien, außerdem ein Pädagogik-Newsletter und ein alle sechs bis acht Wochen stattfindender Pädagogikstammtisch. Außerdem werden für die Schulen Vor- und Nachbereitungen zu Inszenierungen angeboten, Workshops, Vorträge und „Probenklassen“, also Probenbesuche mit dem Regieteam. Für die jungen Schnäppchenjäger gilt das Motto „Beste Plätze mit der magischen 7“, will heißen: Last-Minute-Tickets 20 Minuten vor dem Vorstellungsbeginn für 7,- €. Beim neuen Format „ETA Campus“ ist Kreativität gefragt, denn da kann man sich als Reporter(in), Botschafter(in), Moderator(in) oder „ETA-Innovator(in) versuchen. Erwähnen wir noch den Spielclub Jugend, den Spielclub Generation und den AEO-Kids Club, der den Kontakt zur oberfränkischen Aufnahmeeinrichtung pflegt (die in Bamberg ansässig ist). Da wird z.B. versucht, Märchen aus den Herkunftsländern auf die Bühne zu bringen.
Das Stadttheater Fürth bietet schon länger ein ausführliches und immer noch im Wachsen begriffenes Programm für die Jugend an. Unter dem Saisonmotto „Utopia“ ist es in der kommenden Saison zweigeteilt: einerseits das „Theater für junges Publikum“, andererseits das Programm „Theater entdecken“. Letzteres versammelt auf der „Bürgerbühne“ den „Theater Kids Club Fürth“ und den „Theater Jugend Club Fürth“. Im Kids Club können Kinder im Alter von neun bis 15 Jahren die Form- und Gestaltungsprinzipien von Theater kennenlernen und an einer Theaterproduktion bis hin zur öffentlichen Aufführung mitwirken. Theater machen, Theater sehen und darüber sprechen ist das Ziel des Jugendclubs, der spielfreudige und zuverlässige junge Menschen zwischen 16 und 21 Jahren zusammenbringt. „Brückenbau“ ist ein Community-Projekt betitelt, das schon im zwölften Jahr seiner Existenz angelangt ist. Gemeinsam in Bewegung ist man beim „Community Dance“, der von Januar bis Juni 2021 angeboten wird. Es gibt Werkstätten, Intensiv-Seminare, Labs, Workshops zu den Inszenierungen, Blicke hinter die Kulissen und natürlich ein theaterpädagogisches Angebot.
Das Theater für junges Publikum bietet mit „Wild!“ ein ab Oktober buchbares Schauspiel von Evan Placey für Aufführungen im Klassenzimmer an. Auch „Enter! Sara Tonnen meets Real Life“ von Bettina Wegenast ist ein solches Format, ebenso Eva Rottmanns „Die Eisbärin“. Unter den Wiederaufnahmen mit festen Aufführungsterminen sind „Die Zertrennlichen“ von Fabrice Melquiot (ab 5. Oktober) und das Schauspiel „Hinterm Haus der Wassermann“ (ab 16. Oktober) zu nennen, die als Eigenproduktionen des Stadttheaters im Kulturforum Fürth dargeboten werden. Andere Titel, die als besonders jugendaffin gelten können, sind aus dem „normalen“ Programm des Großen Hauses ausgewählt. Auch fremdsprachige Aufführungen, in der Regel natürlich in englischer Sprache, werden angeboten. Diesmal am 7. Dezember „The Wave“ (nach dem Roman von Morton Rhue) als britisch-amerikanisches Gastspiel. Auch Musiktheater steht auf dem Spielplan: „Die besseren Wälder“ (nach dem Roman von Martin Baltscheit) wird vom 22. bis 27. April als Produktion von „jungeMET“ im Kulturforum präsentiert.
Die Theaterpädagogik des Stadttheaters Schweinfurt stellt sich mit einem originellen Konzept vor, das sich u.a. in der Namensgebung ihrer diversen Angebote ausdrückt. Alle handeln vom „Spiel“, was für ein Theater ja auch naheliegend ist. Da gibt es z.B. das „AbSpiel“, in dem nach einer Vorstellung die Schüler Fragen zum Stück oder die Inszenierung an die Schauspieler stellen können. Beim „ZwischenSpiel“ ermöglicht eine Theaterführung tiefe Einblicke in die Technik und Funktionsweise des Bühnengeschehens. Für Kinder und Jugendliche ist das kostenlos. Beim „VorSpiel“ und „NachSpiel“ bietet das Theater Workshops zur Vor- und Nachbereitung eines Stückes und dessen Inszenierung an. Das „AnSpiel“ ist ein Angebot, das sich auf Workshops unabhängig von konkreten Inszenierungen oder Stücken bezieht. Unterschiedlichste Themen wie Sprache, sicheres Auftreten, Körperhaltung, Ausdruck u.ä. können gebucht werden.
„ZuSpiel“ nennt sich ein zweimal jährlich stattfindender Lehrerstammtisch. Hier werden neue Produktionen oder Angebote vorgestellt, über die man ins Gespräch kommen soll. „FreiSpiel“ bedeutet den Hinweis auf Begleitmaterialien zur Vor- und Nachbereitung von schulrelevanten Stücken, die auf der Homepage www.theater-schweinfurt.de zu finden sind. Die „SPIEL-Hilfe“ ist das Angebot, einen Theaterpädagogen zum Besuch einer Schule einzuladen, um Hilfestellungen zu leisten, wenn es mal mit dem Theaterspielen an der Schule „klemmt“. Natürlich sind die Preise in Schweinfurt auch kind- und jugendgerecht, was zumal auch an den Abonnementangeboten abzulesen ist. Bei zehn Vorstellungen in einem gemischten Abo liegt der Preis pro Vorstellung unter 10,- €. Das erleichtert den Einstieg ins Theaterleben ungemein, und man darf annehmen, dass damit auch die zukünftigen Theaterbegeisterten gewonnen werden.