Der in Greifswald geborene und in Dresden gestorbene Maler und Zeichner Caspar David Friedrich gilt heute als einer der sogenannten Hauptmeister der deutschen Romantik. Er bildete unter anderen mit seinem Malerkollegen Philipp Otto Runge (1777 – 1810) und den beiden Schriftstellern Novalis (eigentlich Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, 1772 – 1801) und Ludwig Tieck (1773 – 1853) den Mittelpunkt eines romantischen Maler- und Literaturzirkels. Friedrich ist für seine Landschaften bekannt, die wohl immer auch ein Ausdruck seiner geistigen Beziehung zur Natur und zur Religion waren beziehungsweise sind. Auf Motivsuche unternahm er ausgedehnte Reisen nach Rügen und Böhmen sowie Wanderungen durch das Riesengebirge und der Harz. Die auf den Bildern von Caspar David Friedrich dargestellten Menschen erscheinen oftmals nur in Rückansicht, vertieft in die Betrachtung der Natur. Dabei nahm es der Maler mit den konkreten geografischen Gegebenheiten nicht so genau, war ihm doch die räumliche Wirkung seiner Bilder weitaus wichtiger. Caspar David Friedrich geriet bald nach seinem Tod im Jahr 1840 sehr lange in Vergessenheit und sein Werk wurde erst 1906, anlässlich der Berliner „Jahrhundertausstellung der deutschen Malerei 1775 – 1875“ wiederentdeckt.
Kaum ein anderes künstlerisches Œuvre der Romantik erfuhr seitens der Forschung derart unterschiedliche Interpretationsansätze und Deutungsebenen wie das herausragende Werk von Caspar David Friedrich. Bisher wenig Beachtung fand dabei die Frage, welche Rolle die Traditionen der Landschaftsmalerei über die übliche Ausbildung zwischen Theorie und Praxis hinaus als Anregung gespielt haben könnten. Gab es andererseits nicht bereits Vorboten der Romantik im Sinne einer Naturstimmung als subjektives und doch zugleich pantheistisches Naturerlebnis beim Betrachter? Dieser Frage gehen das Museum Georg Schäfer und das Kunst Museum Winterthur in einer gemeinsam konzipierten Ausstellung nach.
Ziel der Ausstellung ist es, die Werke Friedrichs in einen Bezug zu Werken seiner künstlerischen Quellen und Vorgänger zu stellen, also kunsthistorische Achsen aufzubauen, aber auch die Rezeption dieser Vorboten in der Malerei aufzuzeigen. Ein solches Ausstellungsvorhaben ist neu. Es ist bereits dadurch legitimiert, dass es im Frühwerk Friedrichs Hinweise einer Anknüpfung an die Leistungen früherer Landschaftskunst des 17. und 18. Jahrhunderts gibt. Friedrich folgte dabei dem vor allem in der Dresdner Hofmalerei unter C. W. E. Dietrich, genannt Dietricy, gepflegten Trend, die Werke jener niederländischen Maler als Vorbild zu nehmen, welche die Naturphänomene Mittelitaliens in ihren Werken verarbeiteten.
In der Gegenüberstellung der Arbeiten Caspar David Friedrichs mit diesen „feierlichen Landschaften“ (C. C. L. Hirschfeld) soll deutlich werden, wie sehr diese selbst aus der Sicht der Generation um 1800 als Stimmungsbilder und Vermittler von überzeitlichen Aussagen aufgefasst werden konnten. Die Leistungen dieser „Erfinder der Landschaftsmalerei“ liegen gerade im großen Spielraum zwischen realer und idealisierter Naturdarstellung und der Erzeugung einer Stimmung beim Betrachter. Dies finden wir in den Mondscheinlandschaften von Aert van der Neer, den Sonnenuntergängen von Claude Lorrain, aber auch in den religiös unterlegten Waldlandschaften von Jacob van Ruisdael, den Goethe als „malenden Dichter“ bezeichnete. Ebenso liefern einsame Zeichner an der Küste wie auch im Felsenmeer, wie sie etwa im Werk Allaert van Everdingens zu finden sind, in dieser Lesart vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten.
Auch die Landschaftsmaler des 18. Jahrhunderts schufen Grundlagen für Friedrich und seine Zeitgenossen. Die Aufklärung brachte ein neues Naturverständnis, das sich auch die Maler zu eigen machten. Die subjektive Naturerfahrung trat verstärkt ins Blickfeld und mit ihr die Freilichtmalerei und das Erkunden der heimischen Landschaft. Insbesondere die Entdeckung der Sächsischen Schweiz als malerisches Motiv durch den in Paris ausgebildeten Schweizer Adrian Zingg, der 1766 nach Dresden an die Akademie kam, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Im spannenden Vergleich mit diesen Wegbereitern der Romantik erschließt sich das Oeuvre Caspar David Friedrichs unter neuen Perspektiven – und macht gleichzeitig sein herausragendes Talent und seinen eigenständigen Beitrag zur Kunst umso deutlicher.
Die beiden Museumsbestände in Schweinfurt und Winterthur vereinen zusammen mehr als zwanzig Meisterwerke von Caspar David Friedrich, ergänzt werden sie durch ausgewählte internationale Leihgaben. Diese groß angelegte Ausstellung präsentiert sich im doppelten Sinn als „Vorbotin“ ein Jahr vor dem 250-jährigen Geburtstag des Künstlers im Jahr 2024. Ein umfangreicher Katalog erläutert den hier skizzierten Ansatz.
Die Ausstellung „Caspar David Friedrich und die Vorboten der Romantik“ ist vom 2. April bis zum 2. Juli im Schweinfurter Museum Georg Schäfer zu sehen, bevor sie dann weiterzieht in das Kunst Museum Winterthur. Weitere Informationen unter www.museumgeorgschaefer.de.