Ist der Brauch des Duellierens nicht längst vorbei? Schaut man auf den Missbrauch, der mittlerweile mit dem eigentlich so klaren Wort „Herausforderung“ getrieben wird, so scheint das Zeitalter der Duelle zurückzukommen. Ständig wähnen sich Menschen „herausgefordert“, auch wenn sie nur vor ganz banalen Pflichten, Obliegenheiten oder gar Freizeitgewohnheiten stehen. Das klingt natürlich viel bedeutsamer und steigert das Selbstwertgefühl. Wenn z.B. der „Berg ruft“, so wird heutzutage aus einer Wanderung gleich eine Herausforderung. Dramatisch! Dabei steht doch gar kein Duellieren an, sondern nur die Frage, ob ich hochkraxle oder es bleiben lasse.
Immer mehr Zeitgenossen plustern so auch einfachste Aufgaben zu Herausforderungen auf, die Politiker in Wahlkampfzeiten sowieso. Wenn Letztere ihre Aufgaben wieder einmal nicht gemacht haben, schwadronieren sie verlässlich über „Herausforderungen“ und verweisen damit das, was sie versäumt haben, in eine nebulöse Zukunft. So wird die Rente zu einer bloßen Herausforderung, desgleichen der Klimawandel, und derzeit gerinnen wohl natürlich die Koalitionsverhandlungen zu einer solchen. Merke: wer „herausfordert“, verschiebt nur, verweigert aber das Handeln.
Noch doller wird es, wenn die Herausforderungen in scheincoolem Angeber-Denglisch daherkommen. An jeder Ecke lauern nämlich mittlerweile die „challenges“ und fordern zum Zwei- oder Mehrkampf heraus. Eine geradezu titanische Herausforderung erreichte mich neulich, als ich – als gelegentlicher Hobby-Bergsteiger – allen Ernstes eingeladen wurde, an der „Kilimandscharo-Challenge“ teilzunehmen. Nein danke, habe ich geantwortet, Afrikas höchster Berg hat mir nichts getan, weshalb ich auf dieses Duell gerne verzichte. Übrigens gehe ich demnächst Schnee schippen – das wird bestimmt eine gewaltige Herausforderung!
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„Herausforderungen“ eines Autors, Foto © pixabay.com