
Es gibt Sachen, die es eigentlich nicht gibt. Westbam, einer der Urväter der Generation Techno, trifft Richard Wagner. Zum Beispiel. Was im ersten Moment völlig obskur klingt, wird gerade eben Realität. Am 15. April gibt es das ungleiche „Duett“ im traditionsreichen Leipziger Gewandhaus zu ungewohnter Zeit um 22 (!) Uhr noch einmal zu hören.
Die Uraufführung des Spektakels bei den Salzburger Osterfestspielen in der herrlichen Felsenreitschule hinterließ ein völlig perplexes Publikum. Nicht, da die Melange nicht stimmig gewesen wäre. Ganz im Gegenteil: Der House-Guru am Mischpult und der das Orchester der Mendelssohn-Konzertakademie aus Leipzig dirigierende Oscar Jockel zauberten eine fast zweistündige Mixtur aus Beats und Melodien, die – unterlegt mir (w)irren Videosequenzen sowohl das so verwöhnte Wagner-Publikum als auch die vielzähligen Jungspunde im Raver-Outfit zu überzeugen wusste.
Am Ende des Abends standen stehende Ovationen. Und ein heillos zufriedener Nikolaus Bachler. Der neue Indendant in Salzburg, lange Jahre bei der bayerischen Staatsoper in München für die Geschicke verantwortlich zeichnend, hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Festspiele jünger, attraktiver und offen für neues Publikum zu machen. Als erstes Zwischenfazit darf man feststellen: Mission erfolgreich. Gerne mehr davon!
Für Westbam, wie Maximilian Lenz seit mittlerweile 40 Jahren firmiert, und das Orchester geht es noch einmal auf die Bühne: In der Heimat der spielenden Mitglieder. Die fühlten sich in der Symbiose mit dem Discjockey und dessen Produktionen hörbar wohl. Die elektronischen Beats und ein buntes Wagner-Potpourrie unzähliger Stücke harmonierten auf höchstem Niveau. Ein Vergnügen, dem jungen Dirigenten Jockel visuell zu folgen. Er taucht geradezu ab in die Wagnerschen Abgründe um im selben Moment das Zusammenspiel mit Westbam zu suchen und sein Orchester herauszugaloppieren aus den düsteren Spähren hinein in Zweisamkeit mit wummernden Bässen hinüber zu fröhlichen Spielarten des in Leipzig geborenen Komponisten mit den vielen Gesichtern.
Einzig eines fehlte für einen rundum überragenden Abend: Eine Tanzfläche. Zwei spannende Themenfelder gab es schließlich zu ergründen. Zum einen: Der Dresscode. Den beantwortete Westbam höchstselbst. In Frack und mit Cap stand er hinter seinem Mischpult – und vereinte damit das Publikum in einer Person. Und die Frage der Sitzplätze. Würde das Publikum auf eben diesen bleiben oder würde es doch tanzen? Es blieb bei wenigen Ansätzen davon. Zu spannend war es offensichtlich, das neue Projekt lauschender- und staunenderweise zu verfolgen. Lieber Nikolaus Bachler, lieber Maximilian Lenz: Bitte mehr davon!