Vorhang auf!

Das schönste Theater der Welt?

Ein Blick nach Sommerhausen

veröffentlicht am 27.07.2015 | Lesezeit: ca. 3 Min.

Theater als nahezu privates Erlebnis an einem an Magie reichen Ort, auf seidenen Kissen sitzend oder auf einem der wenigen Stühle, dies lässt sich in Sommerhausen am Main erfahren, rund zehn Kilometer südöstlich von Würzburg gelegen. Man schrieb das Jahr 1950, als der im April 1901 in Triest geborene Intendant und Regisseur, Maler, Bühnenbildner und Schauspieler Luigi Malipiero im Würzburger Tor das Torturmtheater gründete, eines der kleinsten Theater hierzulande. Hier brachte Malipiero fortan den „Faust“ ebenso wie den „Sturm“ und den „Sommernachtstraum“ auf die Bühne.

Malipiero folgte 1976 der gebürtige Linzer Veit Relin nach, der auch als Maler hervorgetreten ist. Er inszenierte viele Ur- und Erstaufführungen (beispielsweise von Edward Albee) und machte das Torturmtheater auch international bekannt. Nach Relins Tod im Januar 2013 hat seine Witwe Angelika Relin die Theaterleitung übernommen. Auf dem Spielplan stehen immer wieder auch fränkische Autoren. So gelangten im März unter dem Titel „Sag nix“ die Liebesdialoge von Fitzgerald Kusz zur Uraufführung. Noch bis zum 1. August ist in Sommerhausen – in der Ausstattung von Angelika Relin – „Norman“ von Mike Stott zu sehen.

Vom 6. August an bis zum 3. Oktober folgt „Der Häßliche“ (2007) von Marius von Mayenburg, dem Dramaturgen und Hausautoren der Berliner Schaubühne. Die bitterböse Komödie handelt von einer Schönheitsoperation und ihren katastrophalen Folgen. Von Mayenburg, schreibt Relin, die auch hier wieder für die Ausstattung sorgt, während Ercan Karacayli Regie führt, tanze mit dieser schrillen Komödie einen bitterbösen Reigen um das goldene Kalb Schönheit. „Schönheit ist, was wir dazu ernennen, ist austauschbar, tausendfach kopierbar. Von Mayenburg hält einer oberflächlichen Gesellschaft den Spiegel vor – irritierend, grotesk, schillernd, faszinierend.“

Das Torturmtheater möchte die Menschen verzaubern, auf dass sie ihre eigene Phantasie wieder als Quell der Lebenskraft entdecken. Ungeachtet aller Unterhaltung und guter Laune soll das Publikum aber die Auseinandersetzung nicht scheuen. „Hier“, heißt es aus Sommerhausen, „sehen Sie Mutmacher-Stücke.“ Und: „Wenn unser Publikum etwas mit nach Hause nimmt, haben wir gutes Theater gemacht, im besten Sinne unterhalten; mit Inszenierungen, die unter die Haut gehen, konnten wir verzaubern, Sie für kurze Zeit dem Alltag entreißen.“ Das Torturmtheater erweist sich als Wallfahrtsort für Theaterfreunde, welche das Außergewöhnliche suchen.

Copyright Foto:

Torturm Aquarell, Foto © Angelika Relin

Ähnliche Artikel: