Die Aufbruchsstimmung, die Nürnberg 1971 anlässlich des Skulpturenprojekts Symposion Urbanum Nürnberg 71 erfasste, stellt ein Projekt vor, das in Kooperation mit dem Planungs- und Baureferat, dem Neuen Museum Nürnberg und der Kunsthalle Nürnberg entwickelt wurde. Es startet am 9. Juli mit der Ausstellung Art Attacks im Neuen Museum Nürnberg und wird ab dem 10. Juli von einem umfangreichen Outdoor-Programm begleitet; die Kunsthalle Nürnberg steigt im Herbst mit ihrer Ausstellung In Situ? und einer begleitenden Tagung ein.
Zeitgenössische Kunst ist heute aus unserem Stadtraum nicht mehr wegzudenken. Vor 50 Jahren jedoch wagte Nürnberg als eine der ersten Städte neben Hannover oder dem in der Eifel gelegenen Monschau den Schritt der Kunst in den öffentlichen Raum. Getragen von dem Anspruch, Gegenwartskunst aus der Abgeschlossenheit des Museums herauszuholen, suchte das Symposion Urbanum Nürnberg 71 auf ganz neue Weise den Kontakt mit der Öffentlichkeit. Das Projekt reihte sich im Jahr 1971 in die Feierlichkeiten ein, mit denen die Stadt den 500. Geburtstags Albrecht Dürers beging. Das von dem Künstler Karl Prantl initiierte und von einem Verein mit nur sieben Mitgliedern, darunter der Galerist Hansfried Defet und der stellvertretende Kunsthallenleiter Dr. Eberhard Roters, organisierte Bildhauertreffen sollte gut 25 Jahre nach Kriegsende nicht nur das Bild eines zukunftsgewandten Nürnbergs in die Öffentlichkeit tragen; es stand auch im Zeichen der vom damaligen Kulturreferenten Hermann Glaser vertretenen Kulturpolitik, die im Geist der 68er-Bewegung Kultur für jedermann zugänglich machen wollte.
Im Verlauf engagierten sich Firmen und Privatpersonen ebenso wie der Bund und die Stadt Nürnberg als Paten für das Skulpturenprojekt, das 29 Kunstwerke dauerhaft in den Stadtraum brachte. Internationale Künstler und Künstlergruppen– unter anderem aus Argentinien, Israel, Japan, Polen und Spanien – kamen nach Nürnberg, um vor Ort ihre Werke zu entwickeln. 26 Skulpturen sind heute noch erhalten und legen Zeugnis ab von einer Zeit, in der Nürnberg intensiv den Anschluss an das aktuelle Kunstgeschehen suchte. Die meist jungen, noch am Beginn ihrer Karriere stehenden Künstler stellten dem Publikum Werke vor, die abstrakt waren, daher nicht Vertrautes darstellten und die zum Teil aus Materialien gefertigt wurden, die man bis dahin nur aus der Industrie kannte. Einige Plastiken waren kinetisch und veränderten durch Berührungen, Licht oder den Wind ihre Form. So progressiv das Projekt war, schlug ihm unerwartet emotionale Kritik entgegen. Heute ist kaum vorstellbar, dass die anlässlich des Symposion Urbanum Nürnberg 71 aufgestellten Kunstwerke so heftige Proteste und wiederholte Demolierungen provoziert haben. Die am 9. Juli 2021 beginnende Ausstellung Art Attacks! 50 Jahre Kunst im öffentlichen Raum Nürnberg im Neuen Museum Nürnberg greift den damaligen, lokalen und überregionalen Diskurs auf und beleuchtet auch das Thema des Kunstvandalismus. Ausgehend von den 1971 am heftigsten attackierten Werken, der mehrfach aufgeschlitzten pneumatischen Plastik Wegweiser der Künstlergruppe Haus-Rucker-Co und der zeitgleich zum Symposion Urbanum Nürnberg 71 aufgestellten „Großen Wand“ aus Stahlelementen von Erich Hauser, fragt die Ausstellung nach den Ursachen der Debatte und zieht dabei auch Parallelen zu der 35 Jahre später ebenso heftig auflodernden Kritik anlässlich Olaf Metzels temporärer Installation Auf Wiedersehen (2006) am Schönen Brunnen in Nürnberg.
Exakt zum 50. Jahrestag der Eröffnung des historischen Skulpturenprojekts am Samstag, 10. Juli 2021, beginnt das sommerliche Outdoor-Programm mit Stadtspaziergängen und Radtouren, die zu den Werken des Symposion Urbanum Nürnberg 71 führen. Dabei reicht das Spektrum von vertrauten Objekten, die mittlerweile fest zum Stadtbild gehören, wie Karl Prantls schwarzer Granitstein am Hauptmarkt oder Maciej Sza?kowskis rotbraune Stahlplastik am Hallertor, bis hin zu Werken, die nun anlässlich des Jubiläums wiederentdeckt werden können, darunter auch die längste Skulpturengruppe des japanischen Bildhauerkollektivs um Makoto Fujiwara in Langwasser. Darüber hinaus bieten ein Kurzführer, ein Stadtplan, eine Stadtrallye und die neue Website www.su-nuernberg.de weiterführende Informationen zu den Kunstwerken und ermöglichen auch individuelle Rundgänge.
Die großangelegte Initiative Symposion Urbanum Nürnberg nimmt das Jubiläum darüber hinaus zum Anlass, die künstlerische Gestaltung des Stadtraums wieder stärker ins Blickfeld zu rücken. Welche Rolle spielt Kunst im öffentlichen Raum heute und wie hat sich das Zusammenspiel zwischen Kunst und Stadt verändert? Welche Formen kann Kunst in unserer heutigen heterogenen Stadtgesellschaft annehmen und wie kann sie auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen? Diesen Fragen widmet sich die Ausstellung In Situ? Über Kunst im öffentlichen Raum in der Kunsthalle Nürnberg (ab 16. Oktober), die von Tagung (21. bis 23. Oktober) begleitet wird.