
Die Verballhornung eines berühmten Goethe-Zitates muss ausnahmsweise erlaubt sein, wenn es darum geht, ein aktuelles Ranking jener politischen Floskeleien zu erstellen, die stets dort und dann bemüht werden, wo und wann es chronisches Nichtstun zu verdecken gilt. An dessen Spitze stünde nämlich garantiert ein Wort, das allgegenwärtig ist, wenn Hinhalten, Aufschieben, kommunikative Lustlosigkeit oder andere prokrastinative Verhaltensweisen zu orten sind: ’prüfen’.
Auf ein „Wir prüfen das“, wahlweise „Es wird noch geprüft“ oder „die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“ und ähnliche Floskeln kann man sich verlassen, wenn politischen Aussitzern oder Versagern ein Mikrophon vor die Nase gehalten wird. ’Prüfen’ klingt nämlich seriös, und wenn nach drei Jahren immer noch geprüft wird, kann das allemal als besondere Solidität und Ernsthaftigkeit durchgehen.
Etwas weniger amtlich, aber ebenso nach viel Fleiß klingt die Formulierung „Wir arbeiten daran“, ersatzweise „Damit setzen wir uns schon seit längerem auseinander“. Einer Lösung des Problems wähnt man sich bereits nahe, wenn es heißt, man sei „in Abstimmung“, befinde sich „in Gesprächen“ oder strebe „Optimierungen“ an. Bleiben die aus, lässt sich immer noch nach einem günstigen Zeitpunkt für die „Übergabe des Staffelstabes“ suchen.
Letzteres, also modern gesprochen das Übergabemanagement, ist besonders wichtig, wenn man halbwegs heil aus einer Sache rauskommen will. Claudia Roth z.B., die mangels Ausbildung oder Studium ’Dramaturgin’ als Beruf angibt, meinte angesichts ihres Versagens in Sachen BDS und Documenta treuherzig, nun müsse alles „neu durchdacht werden“, aber auch „andere Sichtweisen“ gelte es auszuhalten. Dem mag man kaum widersprechen, es klingt doch gar zu nett und tolerant.
Die Documentachefin Sabine Schormann setzte noch eins drauf, als sie die judenfeindlichen Darstellungen der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi mit dem Hinweis relativierte, sie entstammten „einem anderen Erfahrungsraum“. Im Übrigen gilt natürlich, dass stets „auf Augenhöhe“ miteinander verhandelt werden muss, vor allem auch „mit Respekt“. Ach ja, beim Respekt wären wir bei der SPD und ihrer „Respektrente“ sowie bei Olaf Scholz und seinen ermüdenden Floskeln gelandet. Aber das erfordert einen Extra-Artikel…