Für Überraschungen waren Gaby Heyder und ihre Mitstreiter des Veranstaltungsservice Bamberg beim HUK-Coburg Open-Air-Sommer schon immer gut. Und das ändert sich auch in diesem Jahr nicht. Schließlich geht der Veranstalter von seinem eigentlichen Konzept gravierend ab: Statt wie bislang drei Abende dürfen sich die Musikfreunde der Region und darüber hinaus auf gleich fünf Konzerte auf dem malerischen Coburger Schlossplatz freuen. Außerdem geht der Veranstaltungsservice Bamberg wieder internationale Wege. Nach zwei Jahren mit ausschließlich deutschsprachigen Künstlern stehen in diesem Jahr wieder einmal zwei internationale Granden auf der Bühne vor dem Schloss Ehrenburg. Und was für welche! Mit James Blunt und den norwegischen Dauerbrennern von a-ha bietet man Pop-Rock der vorzüglichsten Art und Weise. Daneben werden Santiano, Revolverheld und die Kelly Family in der Residenzstadt ihre Anhänger erfreuen.
Die positivste Nachricht konnten die Macher dabei schon weit vor Start des Open-Air-Sommer vermelden: Das Auftaktkonzert der Kelly Family am 17. August ist längst ausverkauft. Bereits vier Monate vor dem Auftritt waren die Karten restlos vergriffen – so früh wie noch nie bei einem Konzert seit es den Coburger Konzertsommer gibt. Und das ist immerhin schon seit 10 Jahren.
Tickets gibt es dagegen noch für James Blunt. Der smarte Brite bewies im Vorjahr in der Nürnberger Arena, dass er nicht nur der schmachtende, nasal säuselnde Schnulzensänger ist, als der er im Radio so gerne wahrgenommen wird. Im Gegenteil. Er, der seit seinem fast 15 Millionen Mal verkauften Debütalbum „Back to bedlam“ erfolgreichste Jahre hinter sich hat, zeigt auch seine andere Seite. Die rockige. Sitzplätze, das Konzert ist teilbestuhlt, werden allenfalls eine Alibifunktion innehaben: Der 44-jährige Brite, dessen Vater einst in Deutschland als Soldat stationiert war und der aus dieser Zeit noch recht akzeptable Deutsch-Kenntnisse hat und diese auf der Bühne mit einem herrlichen Stilmix aus derbstem britischem Akzent paart, hat Spaß gefunden an einer rockigeren Gangart als noch früher. Seine musikalische Flexibilität schadet ihm, seit neuestem auch als Gastronom im hippen Londoner Stadtteil Chelsea tätig, nicht im Entferntesten. Er füllt die Hallen und die Open Air Stages weltweit regelmäßig und kann sich auf eine treue Fangemeinde verlassen. Das unglückliche Ausscheiden seiner englischen Three Lions bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, verarbeitet Blunt auf den Bühnen Deutschlands, Spaniens, Italiens und der Schweiz. Was nicht die allerschlechteste Idee ist. Schließlich konnten die Nationalmannschaften dieser Länder weit weniger glänzen als die Engländer – was für gute Laune auf der Insel sorgt. Es würde nicht verwundern, sollte der als durchaus mit gutem englischen Humor ausgestattete Blunt den Lightning Seeds-Klassiker „Three Lions“ auch in Coburg performen.
Einen Tag später kommen mit Revolverheld altgediente Coburg-Recken zurück in das beschauliche Kleinod an der fränkisch-thüringischen Landesgrenze. Vor drei Jahren brannten Revolverheld vor gut 7.000 Zuhörern ein echtes Feuerwerk an guter Laune ab – und ließen, ihrem Smash-
Hit folgend, das Licht für viele an. Drei Jahre nach ihrem umjubelten Auftritt geben sich die Mannen um Frontmann Johannes Strate erneut ein Stelldichein. Mit einigen neuen Erfahrungen im Gepäck. Nicht nur, dass die seit inzwischen 16 Jahren die Bühnen der Republik rockenden Revolverhelden mit „Zimmer im Blick“ ein neues Album im Gepäck haben, in den letzten Jahren hat sich viel getan bei den vier Hamburgern. Insbesondere Strates vielbeachteter Auftritt bei der fünften Staffel der erfolgreichen Sendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ auf VOX hat den Bekanntheitsgrad des Quartetts noch einmal gesteigert. Umjubelt dabei vor allem seine Interpretation des Wir sind Helden-Klassikers „Denkmal“. Die brachte ihm nicht nur viel Applaus entgegen, sondern fand direkt den Weg auf die Revolverheld-Setlist der laufenden Tournee. Neben altbekannten Klassikern vom Schlag „Das kann uns keiner nehmen“, „Lass uns gehn“ und „Spinner“ ein weiterer Hit mit Mitsinggarantie. Die gibt es auch zwei Tage später.
Santiano geben sich am 21. August die Ehre auf dem Schlossplatz. Die einen sprechen von der erfolgreichsten deutschen Band, die anderen von großem Klamauk. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Klar ist aber auch: Die singenden Nordlichter sind live auf der Bühne nicht nur ein laues Lüftchen, sondern ein böiger Sturm. Dabei drohen die seit vier Alben ihr Unwesen treibenden Seemänner aus dem hohen Norden nie zu kentern. Die Fangemeinschaft der Kombo ist dabei so variabel wie das Wetter an Deutschlands Nord- und Ostseeküste. Mal stürmisch, mal ganz ruhig. Mal sonnig, mal regnerisch. Aber immer eines: nämlich gute Laune. Da steht der Schwermetaller neben der Großmutter mit dem Enkel, der klassikaffine Mittfünfziger neben der dem Punkrock zugeneigten Teenagerin. Und mittendrin: Santiano selber. Die scheuen den Kontakt zu ihrem Publikum nicht im Entferntesten. Und in einem darf man sich (so nicht die Security andere Anweisungen von oben hat) sicher sein: Der komplett bestuhlte Innenhof der Ehrenburg wird nicht lange ohne tanzende und feiernde Leute abgehen. Spätestens wenn die Shanty-Rocker die Temposchraube nach oben ziehen und ihre gemütliche Schifffahrt über die Meere zu einem rasanten Ritt wird, spätestens dann tanzt und singt die Menge. Immer mit im Seefahrergepäck: Die Sehnsucht nach Freiheit und einer besseren Welt.
Zum Abschluss wird es am 22. August noch einmal international. Und noch um einiges größer als an den Tagen zuvor. Die norwegischen Superstars und Dauerbrenner von a-ha geben sich die Ehre. Wenn Pal Waaktaar, Magne Furuholmen und Morten Harket die Bühne entern, dann ist seit gut 30 Jahren eines garantiert: Allerbeste Unterhaltung. Die legendäre norwegische Band ist eine der weltweit kultigsten Pop-Bands der 80er-Jahre. Das mehrfach mit Platin ausgezeichnete Trio gilt noch heute als wahrer Pionier in Sachen Musik- und Videotechnologie und nur wenige Bands können es mit dem Vermächtnis und der Langlebigkeit dieser Band aufnehmen. Wer von den älteren erinnert sich nicht daran? Inmitten einer Zeit, in der Popmusik mit elektronischen Einflüssen absolut salonfähig war, man erinnere nur an Depeche Mode als unumstrittener Vorreiter, tauchte plötzlich diese norwegische Truppe mit Superstar-Potenzial auf. „Take on me“ glänzte in musikalischer Art und Weise, die drei skandinavischen Jungspunde der Band mit dem so leicht merkbaren Namen auch in optischer Hinsicht. Es war die Zeit, in der Musikvideos gerade auf ihrem Weg zum internationalen Durchbruch waren: MTV und Viva sei Dank. Die Zeit, in der der BRAVO-Starschnitt für pubertierende Jungspunde (da natürlich Samantha Fox und Kylie Minogue!) und kreischende Mädels Kult waren. Die weibliche Fraktion stand dabei a-ha nicht wirklich abgeneigt gegenüber. Mit Klassikern vom Schlage „Crying In The Rain“, „Hunting High And Low“ und „The Sun Always Shines On TV“ landete das hübsch anzusehende Trio recht zügig im Pop-Olymp. Und verharrte dort recht beharrlich. Auch dank „Living daylights“ – wer kann schon von sich behaupten, den Titelsong für einen James Bond-Film in seinem Repertoire zu haben? Viele Bands und Künstler nicht, a-ha schon. Und doch: Irgendwann machte sich schon Anfang der Neunzigerjahre bemerkbar, was heute Standard ist – die Musikwelt wurde kurzlebiger, erzielte Erfolge waren nur noch Vergangenheit, gehypte Casting-, Boy- und Girlbands eroberten den Markt. Was dabei auf der Strecke geblieben ist, war die musikalische Qualität, damals fast noch weniger als heute. Und so lösten sich viele Erfolgsgeschichten der 80er-Jahre auf oder verschwanden im Nirvana der Musikgeschichte. Erst als viele erkannten, dass Qualität Optik dann doch schlägt, kehrten viele Bands zurück auf die Bühnen, auch a-ha. Noch immer, wie bis zum heutigen Zeitpunkt, in der Urbesetzung. Und wie immer erfolgreich. Was nichts daran änderte, dass zum 25-jährigen Bandjubiläum die erneute Auflösung folgte, die wiederum fünf Jahre später erneut Makulatur war. Die drei Norweger bestiegen die Bühnen wieder und knüpften nahtlos an alte Erfolge an. Gekrönt von einer MTV Unplugged-Tour, die quasi der Schritt in die Zukunft basierend auf den ursprünglichsten Werten der Band war. Im Gegensatz zu dieser Tournee werden der immer noch wie das blühende Leben wirkende Harkett mit Band und Streichersektion ein komplettes Elektro-Set spielen. Mit Klassikern aus der frühen Schaffenszeit und neuem Material. Was sich zu damals geändert hat? Aus den smarten Pop-Teenies sind vollwertige Rockmusiker geworden, was der männlichen Anhängerschaft durchaus in die Karten spielt. Schließlich sind die Sunnyboys von damals inzwischen echte Kerle, deren 60. Wiegenfest allmählich näher rückt. Da darf man es gerne auch einmal krachen lassen. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, ganz im Gegenteil!
Fotocredits:
James Blunt, Foto © Andreas Bär