
Schaut man sich in der oberfränkischen Orchesterlandschaft um, so bemerkt man erstaunliche Parallelen. Eine davon sind die runden Jubiläen, die zurzeit gefeiert werden – soweit Corona das überhaupt zulässt. Von dem höchst erfreulichen Umstand einer ein dreiviertel Jahrhundert andauernden Existenz sind die Bamberger und die Hofer Symphoniker „betroffen“. Beide Klangkörper verdanken im Übrigen ihre Entstehung ganz wesentlich den nach dem Kriege aus dem heutigen Tschechien exilierten Musikern. Eine dritte Parallele zwischen diesen beiden Orchestern betrifft ihren qualitativen Stellenwert: Sie gehören in ihren jeweiligen Kategorien zur Spitzengruppe. Kein Wunder also, dass die Bamberger (weltweit) und die Hofer (regional) zu den gerne eingeladenen Orchestern gehören und sich darauf verlassen können, dass namhafte Dirigenten und Solisten ihre Zusammenarbeit suchen.
Die Hofer Symphoniker wurden 1945 vom Kapellmeister Karl F. Feller unter dem Namen „Hofer Konzertorchester“ gegründet. Der Klangkörper darf insofern als eines der ersten, wenn nicht zusammen mit den Bambergern überhaupt als das erste Exilorchester der Nachkriegszeit gelten. Die Musiker stammten überwiegend aus dem Sudetenland, doch einige ortsansässige Instrumentalisten ergänzten das Orchester. Untrennbar mit der Entwicklungsgeschichte der Hofer Symphoniker von 1965 bis heute ist der Name Wilfried Antons verknüpft. Während seiner Zeit als Intendant von 1965 bis 2008 entwickelten sich die Hofer Symphoniker stetig weiter. Das drückte sich auch in der tariflichen Eingruppierung aus, die in der deutschen Orchesterlandschaft zugleich ein entscheidendes Qualitätsmerkmal darstellt. Die Hofer sind aktuell in der Spitzengruppe der zweithöchsten Qualitäts- und Tarifkategorie B angesiedelt.
In ihren Anfangsjahren waren die Hofer Symphoniker hauptsächlich ein Theaterorchester. Da sie ausschließlich mit den Theaterdiensten ihre Existenz kaum sichern konnten, traten sie bald auch als Kurorchester in Bad Steben, Bad Kissingen und Bad Bocklet auf. Von 1953 bis 1979 vergrößerten sie sich auf die für einen qualitativ professionellen Spielbetrieb erforderliche Planstellenzahl von 62 Instrumentalisten und steigerten ihr Niveau so nachhaltig, dass sie seither einen ganzjährigen Spielbetrieb als Theater- und Symphonieorchester in Nordbayern sichern können. Aufgrund der daraus resultierenden hohen Auslastung des Orchesters wurden die Auftritte in den Kurbädern eingestellt. Heute gastieren die Hofer Symphoniker neben ihren Aktivitäten am Stammplatz – eine Symphoniekonzertreihe und die Mitwirkung am Theater Hof in Oper, Operette, Musical und Ballett – überregional an vielen Orten.
Die Einladungen zu wichtigen Festivals, so beispielsweise zu den Thurn und Taxis Festspielen in Regensburg, haben sicherlich dazu beigetragen, dass die Attraktivität des Orchesters für renommierte Solisten, darunter auch veritable Weltstars, kontinuierlich zugenommen hat. Weisen wir nur auf Namen wie José Carreras, Jonas Kaufmann, Carolin Widmann, Olga Scheps, Alina Pogostkina oder Albrecht Mayer hin. Wesentlich geprägt wurden die Hofer von 2003 bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 2018 von Enoch zu Guttenberg, der zuletzt den Titel Ehrendirigent führen durfte. Seit Beginn der Konzertsaison 2016/17 agiert der Dirigent Hermann Bäumer als „Conductor in Residence“ bei den Hofer Symphonikern. Ihn verbindet mit dem Orchester eine langjährige und äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit. Namhafte Gastdirigenten stoßen immer wieder hinzu.
Eine wichtige und sehr nachhaltige Entscheidung wurde 1978 gefällt: Der heutige Ehrenintendant Wilfried Anton gründete damals die orchestereigene Musikschule der Hofer Symphoniker. Diese Kombination von Ausbildung und Spielbetrieb ist bislang in Deutschland einzigartig geblieben. Ihr Vorteil liegt u.a. darin, dass neben diplomierten Pädagogen auch Orchestermitglieder den Kindern von Anfang an einen professionellen Unterricht für fast alle Instrumentalfächer erteilen können. 1982 ist zudem eine Kunstschule unter das Dach der Musikschule geschlüpft. Seither hat sich das Konzept bewährt, die bildende Kunst mit der musikalischen Ausbildung zu verknüpfen. Dass an der Hofer Musikschule die Suzuki-Methode mit besonderem Erfolg angewendet wird und darüber hinaus auch ein musiktherapeutisches Programm im Angebot ist, darf gleichfalls der Erwähnung wert sein.
Ein besonderes Schmankerl unter der Ägide der Hofer Symphoniker ist der Internationale Violinwettbewerb Henri Marteau, der vom Orchester organisiert und unter der Schirmherrschaft des Bezirks Oberfranken im dreijährigen Turnus ausgetragen wird. Er hat schon manchen erfolgreichen Teilnehmern den Start in eine professionelle musikalische Karriere erleichtert. Die Hofer Symphoniker begreifen sich mittlerweile als ein umfassendes Bildungs- und Kulturunternehmen (mit über 120 Mitarbeitern!), das in der Region und darüber hinaus einen wesentlichen und sehr spezifischen Kulturauftrag erfüllt.