„Ich liebe dieses Orchester, es ist im wesentlichen das Resultat meiner Prager Jahre und ich fühle mich – schon durch das gleiche Flüchtlingsschicksal – mit ihnen verbunden. Sie sind nicht nur besser, sondern mir auch wichtiger als andere westdeutsche Orchester“. Diese Liebeserklärung Joseph Keilberths an „seine“ Bamberger Symphoniker vom Anfang der 50er Jahre war die Antwort auf eine Offerte aus München, die er ablehnte – und sie hat Folgen bis heute. Der vor 50 Jahren mitten in einem „Tristan“-Dirigat an der Münchner Staatsoper verstorbene Maestro trägt nämlich die „Hauptschuld“ an dem weltweit einmaligen Umstand, dass eine Stadt von eher überschaubarer Größe ein Symphonieorchester von internationalem Rang beherbergt.
Joseph Keilberth wurde 1908 in Karlsruhe geboren, stieg in seiner Heimatstadt schnell vom Korrepetitor zum seinerzeit jüngsten Generalmusikdirektor auf und dirigierte bereits im Alter von nur 28 Jahren die Berliner Philharmoniker. 1940 wechselte er zum Deutschen Philharmonischen Orchester in Prag, ab 1945 leitete er die Sächsische Staatskapelle in Dresden. 1950 „erhörte“ er die nach Bamberg versprengten Mitglieder seines Prager Orchesters, die sich 1946 als „Bamberger Symphoniker“ etabliert hatten, und wurde ihr Chefdirigent. Fast gleichzeitig übernahm er die Leitung der Hamburger Philharmoniker.
In den Jahren 1952 bis 1956 wird er auf Empfehlung Wilhelm Furtwänglers der meistbeschäftigte Dirigent bei den Bayreuther Festspielen. Die große Bayreuth-Heroine Martha Mödl lobte ihn überschwänglich für seine Gabe, die Sänger zu führen, denn „das wissen doch heute die meisten nicht mehr. Die dirigieren halt, und der da oben wird schon mitkommen“. Sie fand ihn „viel zu bescheiden“, nicht so ruhmsüchtig wie sein Konkurrent Herbert von Karajan. Die Aufnahmen aus Bayreuth von Mitte der fünfziger Jahre gehören heute zu den denkwürdigsten Wagner-Tondokumenten.
1959 wird Keilberth zum Bayerischen Generalmusikdirektor an die Staatsoper München berufen. Den Bambergern bleibt er jedoch bis an sein Lebensende treu, macht mit ihnen unzählige Konzerte und Tonaufnahmen und dirigiert sie auf Konzertreisen, die in alle Welt führen. So wird das Orchester zu einem international beachteten Botschafter der noch jungen Bundesrepublik. Dass die Bamberger Symphoniker heute zu Europas Spitzenorchestern gehören, ist wesentlich sein Verdienst. Ganz Franken profitiert davon, besonders natürlich Bamberg, das dem Orchester den Status einer herausragenden Musikstadt verdankt.
Fotocredits:
Joseph Keilberth, 1945, Foto © Deutsche Fotothek