Man sagt, wer Butoh betrachtet, der sieht zuerst sich selbst. So, wie beim Betrachten von Bildern, erfordere es die Bereitschaft, sich einzulassen. Die Ästhetik des weiß bemalten Körpers des Tänzers, die Langsamkeit und Anmut seiner Bewegungen und die poetische Erzählkraft ziehen den Betrachter geradezu in das tänzerische Geschehen hinein. Die Grenzen zwischen Ich, Du und Welt heben sich für Tänzer und Zuschauer auf. Butoh ist wie die Malerei von Michael Huth schwer zu beschreiben, in seiner Entstehung ein langer Weg - und zutiefst berührend. Es ist ein Sichtbar-Werden dessen, was aus der Tiefe des eigenen Seins kommt. „Zunächst ist da nichts, wie in einem leeren Gefäß. Doch wenn die Hingabe da ist, dann füllt sich das Gefäß. Der Körper wird zum Medium“, erläutert der Kronacher Künstler.
Seit 2010 befasst sich Michael Huth mit Butoh. Er gehört zum handverlesenen Kreis der Schüler von Tadashi Endo, einem der weltweit bedeutendsten Butoh-Tänzer, -Choreographen und -Lehrer der Gegenwart, der u.a. auch Filmproduktionen und große Tanztheater berät. Im Film „Kirschblüten Hanami“ unter Regie von Doris Dörrie hatte er die Choreografie von Elmar Wepper geleitet. „Butoh kann man nicht lernen“, räumt Michael Huth ein. „Man kann nur die Voraussetzungen dazu schaffen.“
Tatsumi Hijikata und Kazuo Ohno sind die Begründer des Butoh. In den 1950er Jahren haben sie den Ausdruckstanz als Widerstand gegen die Amerikanisierung der japanischen Kultur entwickelt. Durch die Anlehnung an den Westen seit der Meiji-Restauration und die amerikanische Besatzung nach dem verlorenen Weltkrieg wurde seinerzeit Japan von westlicher Kultur geradezu überrollt. Die Tänzer wollten sich dagegen wehren, aber auch die japanische Tradition des Tanzes war ihnen zu eng und zu technisch vorgegeben. Sie wandten sich an das Ehrlichste, das sie hatten: an ihren Körper. Im Erforschen seiner Empfindungen und Bewegungen entstand die reduzierte und avantgardistische Form des neuen Tanztheaters „Butoh“. Der Begriff stammt vom japanischen „Ankoku Butoh“, was soviel wie „Tanz der Finsternis“ bedeutet. Und das war Butoh zu Beginn.
Butoh ist zeitgenössisches Tanztheater im radikalsten Sinn, das den Körper ins Zentrum der Gefühle stellt. Heute ist die Tanzform vor allem in Europa präsent, geht aber weit über die kopfgesteuerten Konventionen des westlichen Tanztheaters hinaus - und führt direkt ins Herz. Der Betrachter sieht den Tänzer, begegnet dabei aber den eigenen Emotionen.
„Butoh ist in mir - und da suche ich es immer noch“, sagt Michael Huth. Und damit beschreibt er eine weitere Parallele zu seiner Malerei. Es geht um das achtsame Entdecken, die Suche nach der eigentlichen Essenz des Seins, die sich in Huths Malerei durch den stetigen Prozess von Malen, Abtragen alter Schichten und Übermalung zeigt.
Mit seiner Tanzperformance feiert Michael Huth gleichzeitig die Finissage seiner sehr erfolgreichen Ausstellung von Bildern, Keramiken und Objekten im Kronacher Kunstverein. Seine Performance hat er unter den Titel „Valet“ gestellt - ein in früheren Zeiten gängiger Abschiedsgruß, abgeleitet aus dem Lateinischen („Valete“ - lebt wohl). Die Tanzperformance wird begleitet vom Frauenchor der Cäcilia Kronach, unter Leitung von Martina Krügel sowie Bernhard Krügel am Cello.
Die Butoh-Tanzperformance findet am Sonntag, den 25. Februar 2024, um 17:00 Uhr in der Galerie des Kronacher Kunstvereins, Siechenangerstraße 13 statt. Der Eintritt ist frei.
Mehr Infos: www.kunstverein-kronach.de