Highlights ist man vom Wendelsteiner Jazz & Blues OPEN-Festival gewohnt. Alle Jahre wieder präsentieren die Macher nicht nur ein breit gefächertes Programm, sondern auch absolute Schmankerln, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Ein solches Date können Musikliebhaber am 28. April genießen. Kurt Elling gibt sich die Ehre. Elling, landauf, landab als die größte männliche Jazzstimme der Gegenwart gefeiert, ist einer, der Perfektion, Experimentierfreude und gute Laune auf sich vereint. 2021, inmitten der Coronapandemie, heimste der 55-jährige Sänger für sein Album „Secrets are the best stories“ seinen zweiten Grammy-Award ein. Mit seinem neuen Album „Superblue“ ließ er Genregrenzen ineinander verschmelzen. An der Seite von Gitarrist und Produzent Charlie Hunter gelang dem aus Chicago stammenden Entertainer ein Paradeexemplar musikalischer Genialität. Ein zwischen Rhythm'n'Blues, Soul, Funk, Jazz und Swingbeat flüssig von der Hand gehendes Meisterwerk, das Lust auf mehr macht. Gerade eben folgte der zweite Schritt: „Guilty pleasures“, eine EP – wieder an der Seite von Hunter und mit Nate Smith am Schlagzeug – mit Coverversionen von Jazzpionier Al Jarreau bis hin zu AC/DC. Bevor das gerade in der Mache befindliche Werk „Superblue II“ auf den Markt kommt, macht sich Elling zusammen mit Hunter und zwei weiteren Mitstreitern auf Welttournee. Zwischen Terminen in seiner zweiten Heimat New York, Detroit, Stuttgart und Kaunas verschlägt es den smarten Sonnyboy in die fränkische Peripherie nach Wendelstein. Was er nicht nur aus geographischen Aspekten heraus spannend findet: Er mag die Leute dort. Wenige Wochen vor der mit Spannung erwarteten Stippvisite eines Weltstars stand er kurz nach seiner Rückkehr aus Europa ART.5|III für ein telefonisches Interview zur Verfügung.
Ich bin gerade in Chicago.
(lacht) Das ist der Trick, den wir benutzen müssen. Das gehört uns tatsächlich noch. Wir haben einige Jahre nicht darin gewohnt. Meine Frau und ich haben 13, 14 Jahre in New York gelebt. Jetzt sind wir zurück in Chicago, haben das Haus aber an eine ganz liebe Familie vermietet.
Es war definitiv herausfordernd. Es ist für einen Sänger schwierig, ohne zu singen zu leben. Gottseidank sind wir jetzt wieder auf der anderen Seite. Es ist sehr aufregend, wieder zurück zu sein in der Welt. Und natürlich war das kreeiren von „Superblue“ für mich ein großer Teil, um dranzubleiben. Charlie Hunter hat mich angerufen und hatte die Idee, zu kolloborieren. Inmitten der Pandemie. Also haben er und die Musiker in verschiedenen Räumen ihre Masken aufgesetzt, im Studio in Virgina ihre Sachen produziert. Ich saß in Chicago. Sie haben mir Files geschickt, und wir haben grundsätzlich gesagt die Dinger hin und her geschickt. Das ist, wie wir die Scheibe gemacht haben. Sie haben mir Rhythmusabschnitte geschickt. Ohne Melodie. Ich habe ihnen die Melodie und einige Textideen geschickt. An einem bestimmten Punkt haben wir nicht mehr hin und her geschickt, sondern die Platte gemischt. Charlie und ich, der Toningenieur und mein Manager haben dann alles immer wieder getestet. Dann waren wir zusammen im Studio und haben es letztlich fertiggestellt. Ich habe Drummer Corey Fonville und Keyboarder DJ Harrison nie getroffen, bevor die Platte auf dem Markt war und wir schließlich getourt sind.
Es ist das 21. Jahrhundert.
Ja, das war so ein kleiner Silberstreif. Ein weiterer Verlust für mich war es ja, ein Jahr Touring-Zeit zu verlieren mit Danilo Perez (Anm. d. Red.: Sein Partner bei diesem Album). Wir haben uns echt auf diese Zeit zusammen gefreut. Wir hatten zwei, drei Nächte miteinander gespielt bevor Covid alles abgeschalten hat. Das Album kam raus und wir konnten nicht damit arbeiten.
Absolut. Ich liebe es, Risiken einzugehen und greife dann zu. Und das war ein echt Großes. Ich denke, dass viele R'n'B-Sachen geduldig auf den Moment gewartet haben, rauszukommen. Jetzt sind sie es.
Das ist wahr. Ich weiß nicht, ob Sie es schon gehört haben. Jüngst haben Charlie und ich eine EP herausgebracht mit Schlagzeuger Nate Smith. Wir arbeiten jetzt mit verschiedenen Drummern, Keyboardern und Blasinstrumentalisten zusammen. Charlie und ich sind das Zentrum des Ganzen. Wir bringen die zu verschiedenen Zeiten zusammen. Immer, wenn sie gerade verfügbar sind. Das ist ein bisschen mehr von einer kollektiven Umgebung.
Ja. Wir waren ja beide bei Blue Note unter Vertrag. Als wir noch viel jünger waren. Daher kannten wir uns und haben immer die Gesellschaft des anderen genossen. Wir hatten auch schon vor unserem gemeinsamen Albumprojekt kleinere Tourneen zusammen. Als Covid kam mussten wir wirklich etwas zu tun. Es war an der Zeit. Besonders weil Charlie die Technik beherrschte, war es möglich, dieses Album zu machen.
Es ist immer schlau, Leute zu haben, die schlauer sind als du es bist.
Wie vorhin gesagt. Samara umgibt sich mit den bestmöglichsten Menschen. Alleine schon Kenny Washington als Bandleader zu haben. Für jemanden wie sie ist das richtig gut.
Fast nie.
Sicherlich auch aufgrund der Zahl männlicher Sänger. Das wird da sichtbar. Statistisch gibt es weit mehr Nominierungen von Damen, da es einfach wesentlich mehr weibliche gibt. Das liegt auch daran, dass du in den Vereinigten Staaten in sehr jungen Jahren anfangen musst, wenn du damit dein Einkommen sichern willst. Oft singst du erst in Kirchen. Da sammelst du nicht die Erfahrungen, um dich weiterzuentwickeln. Und Jazz ist nicht der Weg, eine Menge Frauen kennenzulernen. Wenn du Musik dazu brauchen willst, Girls kennenzulernen, dann musst du Rock'n'Roll spielen. Oder Rap. Oder etwas, was weitaus sichtbarer ist. Und du wirst niemals reich damit.
Ich liebe es, Texte zu hören. Daher höre ich überwiegend tatsächlich Jazz. Aber es gibt auch Sachen, die ich gern höre und die mich wegbringen vom Jazz. Ich bin immer wieder erstaunt von regionaler Musik weltweit. Viele Sachen sind so unmöglich schön. Ich liebe es, Fado aus Portugal zu hören. Ich mag offensichtlich viele aktuell in Brasilien aufkommende Musiker. Ich liebe Chormusik aus Katalanien. Und Gipsy. Viele nicht elektronisch beeinflußte Sachen. Weltmusik einfach, eher als solche geremixten Sachen.
Ja klar! Kennen Sie Lizz Wright? Sie war gerade hier in Chicago. Sie ist sehr, sehr großartig. Mit ihr würde ich gerne singen. Es gibt so viele großartige Künstler, die du gar nicht verfolgen kannst.
Was ist denn da in der Nähe?
Oh. Das ist ein wunderschönes Fleckchen Erde da. Ein wundervoller Part. Da hatte ich einen meiner schönsten Konzertabende. Du wirst dort so freundlich empfangen. Und die Leute kommen aus dem richtigen Grund. Bewegt von der Musik.
Die Leute sollen einfach kommen. Eine gute Zeit haben. Tanzen. Das ist, was wir mit der Band wollen. Charlie Hunter an der Gitarre, Drummer Corey Fonville und Keyboarder DJ Harrison sind ja auch dabei.
Das ist, was wir in diesen Tagen brauchen!
Ich freue mich, dort so gut wie ich kann zu singen. Lasst uns einfach einen schönen Abend haben.
Die Freude ist ganz meinerseits!
Das vollständige Programm von JAZZ & BLUES OPEN gibt es hier: https://www.jazzandbluesopen.de/